Wann lohnt es sich nicht?

Bild: KEBA Industrial Automation GmbH

Mit dem Wechsel von Art und Menge der Produkte, geht meist auch eine notwendige Umplatzierung im Lager einher. Gerade hier bietet der Einsatz von mobilen Robotern – bzw. von AMR oder FTS – einen großen Vorteil. Denn sie sind in der Lage sich selbstständig fortzubewegen und Aufträge abzuarbeiten. Bei der Ausführung sind sie nicht an feste Routen gebunden, sondern können diese bei Bedarf auch an die jeweilige Umgebung anpassen. Und es gibt einen weiteren Nutzen – für Arbeitgeber und -nehmer: Mobile Roboter können Menschen bei monotoner oder schmutziger Arbeit entlasten und sie in gefährlichen Arbeitsumgebungen komplett ersetzen. In vielen dieser Tätigkeitsbereiche wird es wegen der herausfordernden Arbeitsbedingungen immer schwieriger, geeignetes Personal zu finden und zu halten.

Andreas Reingruber, 
Branch Manager Intralogistics bei Keba
Andreas Reingruber, Branch Manager Intralogistics bei Keba Bild: Keba Industrial Automation GmbH

Was bietet der Markt? Make or buy

Soll ein Warenlager oder eine Produktionsanlage mit mobilen Robotern flexibel aufgebaut werden, bietet der Markt eine große Palette an fertigen Lösungen. Findet sich keine geeignete Lösung, ist man rasch gewillt, ein eigenes Fahrzeug zu bauen. Die Anforderungen dazu können sich aus den Umgebungsbedingungen oder den Eigenschaften der zu transportierenden Güter ergeben: also Gewicht, Größe, Umgebung und Art des Ladungsträgers. Will man z.B. eine Fahrzeugkarosserie durch eine Lackierkabine transportieren oder die Transportlogistik zwischen zwei Werkshallen mit wechselndem Indoor- und Outdoorbetrieb realisieren, dann reduziert sich rasch die Auswahl an bestehenden Roboterlösungen am Markt.

Drei Faktoren, die Eigenentwicklungen scheitern lassen

Wer die Entwicklung eines eigenen mobilen Roboters in Betracht zieht, muss auch jene Umstände im Auge behalten, die den Erfolg des Projektes gefährden könnten. Diese Faktoren führen häufig zum Scheitern:

1. Der Projektumfang wird unterschätzt

Der Aufwand, ein batteriebetriebenes Fahrzeug zu bauen, um es dann von A nach B fahren zu lassen, klingt im ersten Moment überschaubar. In der Praxis ist das jedoch ein aufwändiges Projekt, denn neben der Technik im Fahrzeug müssen noch weitere Systemkomponenten entwickelt oder angepasst werden. Prozesse, Infrastruktur, IT-Systeme, Anlagenlayout und Übergabestellen müssen auf die neue Technologie adaptiert werden.

2. Ziele werden zu hoch gesteckt

Die Entwicklung von mobilen Robotern wird häufig von Technologietrends getrieben. In zahlreichen Artikeln wird über sie berichtet: Moderne mobile Roboter fahren autonom, weichen Personen und Gegenständen aus, erkennen das aufzunehmende Gut, be- und entladen sich selbständig, berechnen den bestmöglichen Weg just in time und treffen eigenständig Entscheidungen. Das sind zwar wesentliche Errungenschaften der Industrie, die Umsetzung in Individuallösungen ist aber insgesamt zu kosten- und entwicklungsintensiv.

3. Wichtige Kompetenzen fehlen

Wenn Entwicklungen ohne das richtige Fachwissen und Erfahrung begonnen werden, kann das schnell zum Scheitern des Projekts führen. Idealerweise verfügt das Entwicklungsteam über detailliertes Fachwissen im Bereich Robotik, Mechatronik, Sicherheitstechnik sowie Steuerungs- und Computertechnik. Das ist selbst dann notwendig, wenn Teilbereiche durch einen erfahrenen Entwicklungspartner übernommen werden.

Was gilt es noch zu bedenken?

Finanziell lohnt sich die Entwicklung eines maßgeschneiderten mobilen Roboters erst ab einer entsprechenden Stückzahl. Abhängig vom Robotertyp kann diese Zahl zwischen mehreren hundert bis tausend Stück liegen. Dabei muss der mobile Roboter kein breites Anwendungsgebiet abdecken, sondern kann eng auf die notwendigen Bedürfnisse zugeschnitten werden. Der Technologieeinsatz ist damit auf das Wesentliche beschränkt und die Akkukapazität auf die notwendige Laufzeit ausgelegt. Dadurch reduziert sich das Gewicht für das Fahrzeug, Materialeinsatz und Energieverbrauch reduzieren sich.

Eigenentwicklungen haben einen wesentlichen Vorteil: Durch sie kann eine unabhängige Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit sichergestellt werden. Je nach Anwendungsfall eignet sich z.B. die Kombination eines mobilen Roboters mit einem Roboterarm. Dieser kann an den Zielpositionen die Waren selbständig be- und entladen oder während des Transports autonom Arbeitsschritte durchführen. Wird so ein Roboterarm benötigt, sind in der Regel verschiedene Steuerungen notwendig, die nicht oder nur wenig aufeinander abgestimmt sind. Synchronisierte, effiziente Bewegungen sind somit nur schwer möglich. Die Verwendung von vielen Teilsystemen ist komplex und kostenintensiv und sollte auf möglichst wenigen intelligenten Komponenten vereint werden.

Mit der Entwicklung eines eigenen mobilen Roboters werden nicht nur die eigenen Kernkompetenzen gestärkt, sondern auch die Ausrichtung am Markt wesentlich beeinflusst. Anbieter von Gesamtlösungen für automatisierte Logistik sehen die Notwendigkeit, das Portfolio in Richtung mobiler Robotik zu erweitern. Sie tragen die Gesamtverantwortung für das automatisierte System und übernehmen immer häufiger auch die Betreuung und den Service für eine laufende Anlage. Ein hoher Integrationsgrad, einheitliche Bedienung und Servicezugang sind hier essentiell. Die Standardisierung der Automatisierungskomponenten und deren Software für die Wiederverwendung und Erweiterung von bereits vorhandenen Funktionen, gewährleisten eine effiziente und nachhaltige Entwicklung.

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