Neuer Glanz für bewährte Anlagen

Bild: ©Dmitry Kalinovsky/shutterstock.com

Ob interne Materialwege, die punktgenaue Versorgung der Produktion oder enorme Logistikanlagen von Onlinehändlern – Intralogistik-Prozesse sind vielseitig und komplex. Kommt es hier zu Verzögerungen oder gar Stillstand, hat das den gleichen Effekt wie ein quer stehendes Containerschiff im Suezkanal. Um solche Nadelöhr-Szenarien zu vermeiden, sollten Unternehmen die intralogistischen Vorgänge permanent überschauen und kontrollieren können. Aber wie?

Eine Möglichkeit, ungeplante Ausfälle und Störungen vorherzusehen und sie zu vermeiden, ist eine vorausschauende Wartung. Moderne Predictive-Maintenance-Anwendungen erfassen Daten von Maschinen, werten sie mit Machine-Learning-Algorithmen aus und treffen Vorhersagen, mit denen Unternehmen die Verfügbarkeit ihrer Anlagen erhöhen. Vorrausetzung für diese weitsichtige Arbeitsweise ist allerdings, dass alle betrieblichen Komponenten über Sensoren verfügen. Diese erfassen Daten in Echtzeit und übermitteln sie über Schnittstellen an die digitalen Analysesysteme.

Bild: LeanBI AG

Retrofit macht Anlagen Smart-Factory-fähig

An diesem Punkt analysieren betroffene Betriebe häufig den kostenintensiven Austausch von Anlagen, weil sie davon ausgehen, dass diese einer modernen Smart Factory nicht mehr gerecht werden. Aber entgegen aller Annahmen gehören ältere Intralogistik-Systeme und andere Maschinen längst nicht zum alten Eisen. Im Zuge eines digitalen Retrofits lassen sich in vielen Fällen bestehende Anlagen mit Sensoren nachrüsten, um die erforderlichen Daten zu erfassen und an die IT-Systeme weiterzuleiten. Dazu zählen etwa Schwingungssensoren oder akustische und visuelle Sensoren.

Anlagen, die mit solchen Systemen ausgestattet sind, speisen ihre Daten in ein zentrales System, in dem Informationen aller Produktions- und Intralogistikprozesse zusammenlaufen. Durch Data Science und Machine-Learning-Mechanismen fallen Anomalien sofort auf. Diese Warnungen sind von großem Vorteil, denn sie ermöglichen eine bedarfsgerechte Wartung statt den üblichen Wartungsarbeiten in festgelegten Zyklen. Diese alte Vorgehenseise ist in zweifacher Hinsicht nicht optimal. Erstens kann ein geplanter Austausch von Teilen zu spät kommen, was zum Stillstand einer Maschine und sogar der kompletten Produktionsstraße führen kann. Zweitens tauschen Techniker häufig Komponenten nach Wartungsplan und stellen dann fest, dass die Teile eigentlich noch länger einsatzfähig gewesen wären.

Mit einem digitalen Retrofit und dem Nachrüsten von Sensoren sind solche Situationen und eine „blinde“ Wartung ausgeschlossen. Beispielsweise liefern Schwingungssensoren an kritischen Bauteilen wie Elektromotoren oder Antriebswellen ihre Daten an eine Machine-Learning-Engine. Sie beobachtet und berechnet ungewöhnliche Aktivitäten in der Anlage, die zu einer Störung führen könnten. Nach einer entsprechenden Meldung können Unternehmen sofort reagieren und das Verschleißteil tauschen, bevor es zum Stillstand kommt. Da Techniker außerdem nur noch die detektieren Bauteile prüfen, reparieren oder ersetzen müssen, können sie die geplanten Wartungen schneller und kosteneffizienter durchführen. Durch jede so vermiedene Störung gewinnen Unternehmen wertvolle Zeit und erhöhen ihre Liefertreue.

Mehr Flexibilität für intralogistische Herausforderungen

Die Retrofit-Maßnahmen verlängern aber nicht nur die Nutzungsdauer von Anlagen, vermeiden Störungen und sorgen für zufriedene Kunden. Digitaler Retrofit ist auch der Schlüssel, um den Betrieb erfolgreich an veränderte Geschäftsprozesse anzupassen. Schließlich stellen die rasanten Marktentwicklungen die interne Logistik vor immer neue Herausforderungen. Bei Themen wie Platzmangel, Leistungsanpassungen, Nachfrageschwankungen oder kurzfristigen Planänderungen stoßen Intralogistiker nicht selten an organisatorische Grenzen. Erst wenn durch einen digitalen Retrofit alle Anlagen und Bereiche miteinander vernetzt und die Prozesse automatisiert und digitalisiert sind, haben die Verantwortlichen den nötigen Überblick und die Flexibilität, um den Materialfluss optimal zu gestalten.

Ein großer Vorteil eines digitalen industriellen Retrofits ist seine gute Planbarkeit und Überschaubarkeit. Anstatt in millionenschwere Projekte zu investieren, um komplette Anlagen zu ersetzen, ist mit Retrofit-Projekten ein schrittweises Nachrüsten nach dem Baukastenprinzip möglich. So müssen sich Betriebe nicht finanziell verausgaben. Außerdem ist eine bedarfsgerechte Modernisierung von älteren Maschinen und Anlagen bei laufendem Betrieb möglich und es kommt zu keinem Totalausfall, wie es bei einer kompletten Erneuerung der Fall wäre.

Übrigens lassen sich durch intelligentes Nachrüsten auch teure Bauprojekte verhindern. Stoßen Produktionsanlagen und Lager an ihre Kapazitätsgrenzen, denken viele Unternehmen gleich an An- oder Neubauten. Doch diese Lösung ist kostenintensiv, verschlingt große Flächen und benötigt eine lange Planungs- und Bauzeit. Bevor sich Betriebe an so ein Vorhaben wagen, sollten sie erst die gesamte Bandbreite eines digitales Retrofits ausschöpfen. Eine Modernisierung erhöht die Effizienz der bestehenden Anlagen und bringt sie auf den neuesten Stand der Technik. So verlängert sich ihre Lebensdauer und oft schon abgeschriebene, aber nach wie vor funktionstüchtige Altsysteme müssen nicht in den Vorruhestand geschickt werden, sondern bekommen durch den Retrofit einen neuen Glanz.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert