Die kostbarsten Millisekunden der Kunststoff-Industrie

Bild: KEBA Industrial Automation GmbH

Netstal entwickelt, produziert und vertreibt Maschinen und Gesamtsysteme für die Spritzgussindustrie mit Schwerpunkt unter anderem auf PET-Preforms für die Getränkeindustrie. Das Spritzgussverfahren ist hoch automatisiert und die Anlagen laufen rund um die Uhr. Sie stehen auch in Regionen, in denen die Stabilität der Stromnetzte nicht immer gleich ist. Stromunterbrechungen können teuer und zeitraubend sein. Daher suchte das Unternehmen nach einer Lösung, um in der PET-Herstellung kosten- und materialschonend mit solchen Unterbrechungen umzugehen.

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Trends in der PET-Industrie

Jährlich werden etwa 1,5Bio. Getränkebehälter unterschiedlicher Größen und aus unterschiedlichen Materialien hergestellt – ein Drittel davon (500Mrd. Stück) aus PET. Für diesen Markt hat Netstal eine Baureihe konzipiert: die PET-Line, eine Anlage, die darauf ausgelegt ist, recyceltes PET zu verarbeiten. Die Nachfrage nach recyceltem PET ist groß – größer als das Angebot. Denn der PET-Markt für Getränkebehälter wächst im Schnitt um etwa 4% pro Jahr. Die Netstal-Spritzgussmaschinen zeichnen sich durch Energiebedarf, Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit aus. So brauchen die Anlagen der neuesten Generation 10 bis 15% weniger Energie als vergleichbare. Sie können nach nur wenigen Schulungstagen in Betrieb genommen werden. Grund dafür ist der Smart-Operation-Ansatz: Jede Anlage kann mit nur vier Bedienknöpfen gesteuert werden. Zudem bieten sie mit einer Lock-zu-Lock-Zeit von 1,9s eine schnelle Bewegungszeit und hohen Ausstoß – also maximale Auslastung.

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Leistung vs. instabile Stromnetze

Die PET-Line hat einen hohen Elektrifizierungsgrad. Manuel Hausammann, Control Systems Engineer bei Netstal: „Wir arbeiten mit einer Nennleistung von bis zu 240kW. Die Leistung und der Ausstoß haben über die Jahre im Spritzguss zugenommen. Es gibt jedoch nach wie vor viele Regionen mit instabilen Stromnetzen. Diese Kombination ist besonders heikel.“ Wenn eine Spritzgussanlage abrupt stehen bleibt, kann der Zyklus nicht zu Ende gefahren werden. Der Worst Case: Wenn die Unterbrechung während des Einspritzvorgangs auftritt, die Kavität aber noch nicht ganz mit Kunststoff gefüllt ist. Dann entstehen Short Shots, halb fertig gespritzte PET-Preforms. Sie müssen von Hand entfernt werden, und dabei kann das Werkzeug kaputt gehen oder die Beschichtung beschädigt werden. Bis zu 144 Short Shots kann es bei einer Zyklusunterbrechung geben.

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Den Zyklus kontrolliert beenden

Netstal entwickelte eine Funktion, um die Zeit zwischen Stromunterbrechung und Zyklusende zu überbrücken. Hausammann: „Das Ziel war, den jeweils aktuellen Zyklus ohne externe Energie kontrolliert zu beenden, wie wenn man die Anlage bei Produktionsende herunterfährt. Und zwar so, dass die Plastifizierung und das Werkzeug sauber bleiben und die Preforms des letzten Zyklus kein Ausschuss sind.“ Die Lösung Cycle Guard besteht aus zwei Komponenten: einem schnellen elektrischen Energiespeicher für die kurze Zeit direkt nach dem Stromausfall und einem Hydraulikspeicher für die größere Energiemenge zum Entformen der Kunststoffteile und zum Stillsetzen der Anlage. Wenn die Netzversorgung ausfällt, wird die Energie, die in den Hydraulikspeichern gespeichert ist, abgerufen, um die Anlage weiter fahren zu können. Um sie nutzbar zu machen, muss die Förderrichtung der Hydraulikpumpe umgestellt werden. Das dauert etwa 100ms. Um diese Zeit zu überbrücken und die fehlende Energie bereitzustellen, wird das Energy-Storage -System des KeDrive D3 von Keba eingesetzt.

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