Ein Booster für die Elektromobilität

Bild: Tüv Süd

Grundlage für den zügigen Ausbau der Elektromobilität ist eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Für den Gebäudesektor schafft das GEIG die regulatorischen Rahmenbedingungen und legt fest, wo und in welcher Mindestanzahl Ladepunkte auf Parkplätzen von Wohn- und Nichtwohngebäuden einzurichten sind. Zum einen lässt sich damit die wachsende Zahl an Elektrofahrzeugen mit Strom versorgen, zum anderen schaffen mehr verfügbare Ladepunkte einen Anreiz für Bürgerinnen und Bürger, auf E-Autos umzusteigen. Das Gesetz gilt seit dem 25. März 2021 ohne Übergangsfrist sowohl für Wohngebäude (Neubauten und Bestandsgebäude, die renoviert werden) einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheimen als auch für Nichtwohngebäude, wie z.B. Hotels, Bürokomplexe, Sportstätten oder Schulen. Bei beiden Gebäudetypen geht es um Tiefgaragenstellplätze oder Parkplätze auf den Grundstücken. Für eine festgelegte Anzahl der PKW-Stellplätze müssen laut GEIG Ladeanschlüsse geschaffen bzw. deren spätere Nachrüstung ermöglicht werden. Das bedeutet, Platz für elektrische Betriebsräume mit Verteilern, Schalt- und Lademanagement-Systemen oder Transformatoren einzuplanen. Auch an Trassen und Leerrohre muss gedacht werden, damit das Elektrohandwerk bei Bedarf Kabel- und Leitungsanlagen installieren kann.

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Was müssen Bauherren und Eigentümer beachten?

Dazu stellt das Gesetz verschiedene Anforderungen: Bei der Errichtung von Wohngebäuden mit mehr als fünf Stellplätzen muss der Bauherr jeden Stellplatz so vorrüsten, dass eine Ladestation problemlos nachgerüstet werden kann. In Nichtwohngebäuden mit mehr als sechs Stellplätzen ist das hingegen nur für jeden dritten vorgeschrieben, dafür muss aber mindestens ein betriebsbereiter Ladepunkt errichtet werden. Auch die Umsetzung einer Quartierslösung ist möglich: So können Bauherren bzw. Eigentümer von Wohn- und Nichtwohngebäuden, die in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ihre Ausrüstungspflicht gemeinsam erfüllen. Sind mehrere Nichtwohngebäude im Besitz eines Eigentümers, dürfen die dafür benötigten Ladepunkte bedarfsgerecht an einem Standort gebündelt oder auf diese aufgeteilt werden. Vom Geltungsbereich des GEIG ausgenommen sind Nichtwohngebäude, die kleineren oder mittleren Unternehmen gehören und überwiegend selbst genutzt werden.

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Böses Erwachen vermeiden

Bisher sind die Anforderungen des GEIG im Markt nicht vollständig angekommen. Das gefährdet nach Einschätzung von TÜV Süd nicht nur den zügigen Ausbau der Elektromobilität, sondern kann auch für Bauherren, Bauträger und Eigentümer in einem bösen Erwachen enden: Elektrische Betriebsräume fehlen, die Verteilungen und Schaltschränke sind für eine Nachrüstung zu klein oder der Platz für neue Leitungen bzw. der Querschnitt von Bestandsleitungen reicht nicht aus. Es kann sogar sein, dass Ersatzflächen für die Ladeinfrastruktur zu erschließen sind. Das nachträgliche Umwidmen von Parkplätzen ist schwierig. Fachplaner stehen damit vor zusätzlichen bauordnungsrechtlichen oder brandschutztechnischen Herausforderungen. Alles in allem ist eine Nachrüstung planerisch und finanziell sehr aufwendig. Das betrifft insbesondere den Geschosswohnungsbau. Auch die finanziellen Folgen sind nicht zu unterschätzen. Die Erfahrungen von TÜV Süd zeigen, dass die Beseitigung von baulichen Mängeln ein Immobilienprojekt in jeder folgenden Lebenszyklusphase um das Zehnfache verteuert. Darüber hinaus drohen Bußgelder bis zu 10.000€, wenn die Vorgaben des GEIG nicht eingehalten werden. Hinzu kommt, dass Wohnungskäufer einen Rechtsanspruch haben auf die Nachrüstung bzw. die Kostenerstattung für die Beseitigung von Mängeln. Dieser richtet sich an den Investor bzw. Bauherren oder Bauträger. Die Gewährleistungspflicht beträgt fünf Jahre, gültig ab dem Tag der Abnahme.

Praxisbeispiel: Mehrfamilienhaus mit Nachrüstungsbedarf

Der Neubau aus dem Jahre 2021 hat 16 Wohneinheiten, 20 Tiefgaragenstellplätze und fünf Parkplätze vor dem Haus. Damit greifen die regulatorischen Rahmenbedingungen des GEIG. Die Bewohner wünschten sich vermehrt Lademöglichkeiten für E-Autos. Deshalb berief sich die Eigentümergemeinschaft auf die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht des Bauträgers, die benötigte Ladeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Diese war aber nicht vorhanden, ebenso wenig ein Konzept zur Nachrüstung – ein klares Versäumnis des Bauträgers. In der Tiefgarage waren die Nachrüstungen einfach umzusetzen. Die Kabeltrassen ließen sich gut montieren. Nicht so im Außenbereich: Hier war der Asphalt für das Verlegen der Leerrohre aufzubaggern, was hohe Kosten verursachte. Im nächsten Schritt wurde die Hausanschlussleistung mit Blick auf den zusätzlichen Stromverbrauch geprüft. Mit 250kVA war diese zwar großzügig bemessen. Unter Annahme eines nach DIN18015-1:2020-05 maximalen Gebäudegrundverbrauchs von 125kVA verblieben rechnerisch aber nur noch die Hälfte der Hausanschlussleistung für das Laden von Elektrofahrzeugen. Ohne den Einsatz eines Lademanagement-Systems hätte das zu einer Überlastung der Elektroinstallation führen können. Deshalb wurde ein solches System nachträglich installiert. In den kritischen Zeiträumen, so z.B. am späten Nachmittag mit hohen Lastspitzen, reduziert es die Stromabnahme, um diese nachts, wenn der Grundbedarf des Gebäudes niedrig ist, wieder schrittweise zu erhöhen. Damit ist an allen Ladepunkten die gleiche und an die Hausanschlussleistung angepasste Maximalleistung abrufbar. Für die Installation des Lademanagement-Systems musste der Bauträger zusätzlichen Raum für Schaltschränke zur Verfügung stellen. Dafür konnte ein ungenutzter PKW-Stellplatz zurückerworben und in einen Technikraum umgewidmet werden. Das war allerdings aufwendig, denn für die neue Leitungsführung erfolgten mehrere Wanddurchbrüche, die wieder fachgerecht verschlossen und dabei brandschutzgerecht geschottet werden mussten.

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