Erst die Daten, dann Funktionen

MES-Anwendungen und IIoT-Plattformen haben eine zentrale Gemeinsamkeit: Beide Systeme sollen im Fertigungsumfeld zur Effizienz beitragen. Doch dann fangen schon die Unterschiede an, denn während IIoT-Plattformen die technischen Daten dazu liefern, steuert das MES Prozessdaten bei. Für die Planung von Fertigungsaufträgen sind zunächst die Bedarfe, Arbeitspläne und Stücklisten aus dem ERP-System wichtig. Aus diesen wird ein Produktionsauftrag generiert. Die Zuordnung der Aufträge zu den Fertigungslinien läuft ohne MES-Software manuell in zwei Schritten: Über den sogenannten Betriebskalender und die Verteilerliste des ERP-Systems. Zwar gibt es weitere Einstellungsmöglichkeiten in der ERP-Software, um Automatisierungsgrade zu erhöhen. Allerdings sind diese oft statisch und berücksichtigen den aktuellen und zukünftigen Zustand der Maschinen und Anlagen nur bedingt. Nützlicher wäre hier ein dynamisches System, das Personal in der Produktionssteuerung entlastet und nachvollziehbare Vorschläge unter Einbindung aller Datenquellen erarbeitet. Ein entsprechend integriertes IIoT wäre dazu in der Lage.

Beide können koexistieren

Die OEE (Overall Equipment Effectiveness, Gesamtanlageneffektivität) besteht vereinfacht aus den drei Faktoren Verfügbarkeit, Anlagenkapazitäten und Ausbringungsqualität. Da die Anzahl der Gutteile indirekt proportional zur Geschwindigkeit der Anlage steht, bedeutet das: Je schneller die Anlage läuft, umso mehr steigt der Ausschuss. Das Optimum zwischen Ausschuss und Anlagenverfügbarkeit kann mit den Kosten pro Bauteil ermittelt werden. Diese liegen jedoch im ERP-System und sind in der MES-Software nicht einsehbar. Hier kann eine IIoT-Plattform helfen. Diese vernetzt Informationen aus MES, ERP-Software und den Anlagen, um automatisch den optimalen Punkt zu finden. Darüber hinaus ergeben sich noch weitere Anwendungsfälle für die Vernetzung von IIoT-Technologie und MES-Software wie die Auftrags- und Terminplanung oder die Reihenfolgeplanung in Abhängigkeit der Energieverbräuche. Eine Ergänzung der MES-Software durch eine IIoT-Plattform als Datendrehscheibe kann sich also als nützlich erweisen.

Und ohne MES?

Viele Unternehmen produzieren jedoch sehr erfolgreich ohne ein umfassendes MES. Wie sieht es in diesen Unternehmen aus? Sollte zuerst die Datendrehscheibe IIoT installiert werden? Sind primär die Verbesserung der OEE und die Einplanung der Fertigungsaufträge auf die Maschinen interessant, können Unternehmen dafür ihr ERP-System über eine IIoT-Plattform mit einem werksnahen Produktionsplanungssystem (PPS) oder Advanced Planning & Scheduling-System (APS) koppeln. In diesem Szenario planen Firmen ihre Fertigungsaufträge weiter im ERP-System und übergeben die Aufträge dann über ihre IIoT-Plattform, zusammen mit weiteren Maschineninformationen, an die Planungssoftware. Diese errechnet aus allen angebundenen Informationen die Vorschläge für die Sequenzierung der Arbeitsaufträge. Schrittweise können weitere Systeme und Datenquellen mit der IIoT-Plattform verbunden werden. Die Anbindung einer MES-Software bleibt jederzeit möglich. Dieses Vorgehen eröffnet weitere Anwendungsmöglichkeiten, wie etwa Energy-Monitoring über Analyse-Tools bis hin zu verschiedenen Vorhersage-Modellen.

Spezifischer Systemnutzen

MES und IIoT-Plattform können problemlos koexistieren und jeweils spezifischen Nutzen für die Fertigungssteuerung generieren. Ist ein Manufacturing Execution System vorhanden, kann es durch eine IIoT-Plattform ergänzt werden. Ist keine MES-Software vorhanden, könnte die Integration einer IIoT-Plattform als Datendrehscheibe der sinnvolle Schritt sein. Um das einzuschätzen, sollten sich Unternehmen ihre bestehende System- und Schnittstellenlandschaft genau anschauen und sie dabei auch auf ihre Zukunftsfähigkeit überprüfen. Eine gute integrierte Datendrehscheibe kann die Fertigungssteuerung jedenfalls mit Daten aus verschiedenen Systemen versorgen, und die Schnittstellenpflege an eine leichter zu bewältigende Stelle verschieben. Unabhängig vom gewählten Weg gilt: Dem Fertigungsplaner ist in der ersten Phase schon viel geholfen, wenn er die Fertigungsaufträge und die Anlagenparameter übersichtlich gegenüberstellen kann.

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