„Digitalisierung ist ein weites Feld“

Bild: Michael Weinig AG

Herr Beutler, Sie sind seit drei Jahren Geschäftsführer für die Weinig Holz-Her Schweiz AG. Welche persönlichen Erfahrungen in Sachen Digitalisierung konnten Sie während dieser Zeit in der Branche sammeln?

Sandro Beutler: Erfahrungen mit der Digitalisierung sammele ich schon viel länger. Nach meiner Ausbildung zum Zimmerer habe ich in verschiedenen Positionen in der Branche gearbeitet und war vor meinem Eintritt bei Weinig Holz-Her lange Zeit Betriebsleiter in einer großen Schreinerei. Über die gesamte Zeit habe ich als radikaler Mensch, wie ich mich gerne bezeichne, die Erfahrung gemacht, dass die Menschen in ihrem Denken und Handeln der bestimmende Faktor der ‚Digitalisierung im Unternehmen‘ sind. Das betrifft sowohl die Führung als auch jeden einzelnen Mitarbeiter. Letzterer muss spüren, dass ihm bzw. der Firma die Digitalisierung hilft. Wenn er beispielsweise nicht versteht, warum er Daten erfassen soll, bleibt der Erfolg aus.

Wie sollen Unternehmen mit dieser Erkenntnis umgehen?

Alle Unternehmen, die mit Leidenschaft Holz be- oder verarbeiten, sind typischer Weise konservativ und lieben ihr Handwerk. Aber der Markt drückt auf die Preise, Arbeitskräftemangel und Lieferprobleme tun ihr übriges. Da muss sich jeder sagen: Die Zeiten ändern sich. Was ist mit mir? Wir müssen uns für die Digitalisierung Ziele setzen, die zum Unternehmen und zur Unternehmensstrategie passen. Wir dürfen nicht alles auf einmal wollen, die Menschen brauchen Zeit, die Dinge zu verstehen und nicht zu vergessen, jede Veränderung ist auch ein Lernprozess. Eines müssen wir auf jeden Fall berücksichtigen: jedes Unternehmen ist anders. Die Historie drückt sich in der Hardware, im Gebäude, in den Maschinen und IT, den Kunden sowie den Marktsegmenten, in denen das Unternehmen tätig ist, und nicht zuletzt in der Mitarbeiterschaft aus. Es gibt also keine ‚einzig wahre Digitalisierungsstrategie‘. Was hilft ihnen die Idee, Daten direkt in die Maschine zu übertragen, wenn die alte Maschine nicht eingebunden werden kann oder die Daten in der Arbeitsvorbereitung nur in 2D oder als Zeichnung vorliegen.

Wo sehen Sie die großen Potentiale der Digitalisierung – und wo anfangen?

Das ist ein weites Feld. Das geht von der Angebotserstellung über die Arbeitsvorbereitung, der innerbetrieblichen Logistik bis hin zur Datenerfassung – und Digitalisierung hat viel mit Datenerfassung zu tun. Aber diese sollte das Abfallprodukt des täglichen Tuns sein, quasi ohne Aufwand. Eine Datenerhebung ist nur sinnvoll, wenn auch Maßnahmen entstehen. Wenn ich also die Fertigungszeiten erfasse und analysiere, kann ich damit meine Angebotserstellung sicherer machen, Engpässe feststellen und für die Optimierung der Fertigungsplanung verwenden, denn die Planung der Produktion wird mit Erfahrungsdaten einfacher. Wichtig ist auch, unnötige Prozesse zu erkennen und diese zu eliminieren. Damit können erhebliche Ressourcen frei gemacht werden. Innere Logistik ist das Zauberwort. Und die geht von dem Transport der Teile bis zum Transport der Daten. Wenn ich die Daten aus der Konstruktion wieder und wieder an verschiedenen Stellen eingeben muss, kostet das Zeit und produziert Fehler. Wo anfangen, dass ist die relevante Frage, die sich die Unternehmensführung stellen muss.

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