Vom ‚Ding‘ zum Ökosystem

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Im Jahr 2014 machte Prof. Dr. Michael E. Porter anhand der Entwicklung eines Traktors deutlich, wie Digitalisierung funktioniert. In seinem Artikel ‚How smart, connected products are transforming competition‘ im Harvard Business Review beschreibt er fünf aufeinanderfolgende Stufen, die typisch für den Digitalisierungsprozess im industriellen Internet der Dinge sind: In der ersten Entwicklungsstufe wird aus einem ‚Ding‘ zunächst ein smartes Produkt, also in diesem Fall ein Traktor mit digitalen Ergänzungen. Die nächste Stufe ist ein smartes Produkt mit Konnektivität – damit wird der Traktor in der vernetzten Welt digital sichtbar, gibt Daten in die Cloud weiter und erhält ggf. auch Daten von dort. In der folgenden Stufe wird der Traktor schließlich Teil eines Systems, einem ‚digitalen Ökosystem‘, in dem andere Akteure wie Fräs- und Feldarbeiter miteinander digital verbunden werden. Ihre Aktivitäten werden miteinander koordiniert, sie arbeiten an gemeinsamen Prozessen und sorgen dafür, dass die angestrebte Wertschöpfung erreicht wird. In Stufe 5 wird dieses System Teil eines noch größeren Systems (System of Systems). Durch die Kombination von Daten aus den unterschiedlichsten Systemen wird etwa das Pflanzen, Bewässern und Ernten immer weiter optimiert. Ein solches System of Systems existiert bereits. Das 365FarmNet wurde vom Landmaschinenhersteller Claas gegründet. Es handelt sich um eine herstellerunabhängige Plattform, die landwirtschaftlichen Betrieben digitale Services für die Betriebsführung, den Pflanzenanbau und das Herdenmanagement anbietet. Diese digitalen Services werden von 50.000 Landwirten in über 25 Ländern genutzt.

Wirtschaftlich attraktiv

Auch aus wirtschaftlicher Sicht kann ein solches Ökosystem attraktiv sein. Im Gegensatz zum Einmalverkauf der landwirtschaftlichen Maschinen erzeugen die Services regelmäßig wiederkehrende Umsätze. Und die können wesentlich höher liegen als die Umsätze aus Einmalverkäufen. So erwirtschaftete etwa Apple im Jahr 2020 mit dem Verkauf von iPhones einen Umsatz von 138Mrd.€, während im gleichen Zeitraum der Umsatz mit iPhone-Apps circa 650Mrd.€ betragen hat. Apples Umsatz mit digitalen Service ist in den letzten fünf Jahren mit plus 121 Prozent auch deutlich schneller gewachsen als der gesamte Umsatz (plus 27 Prozent). Diesen Umsatz generiert nicht nur Apple selbst, sondern die Unternehmen, die den App-Store als Basis für ihre digitalen Services verwenden. Apple wiederum erhält von diesen Unternehmen eine Provision in Höhe von 15 bis 30 Prozent, bezogen auf deren Einnahmen. Die Pandemie hat gezeigt, dass Unternehmen mit wiederkehrenden Umsätzen Krisen einfacher bewältigen können. Während Umsätze mit einmaligen Zahlungen in Krisen zurückgehen, bleiben wiederkehrende Umsätze oft konstant. Es gibt also mehrere Gründe, Teil eines digitalen Ökosystems zu werden oder auch eine Plattform für ein solches bereitzustellen. Ökosysteme können Lager, Produktionsstätten, Minen, Häuser, Wälder oder Straßen digital abbilden und die Wertschöpfung koordinieren.

Digitalisierung auch bei Kunden

Dabei ist zu bedenken, dass sich auch die Endkunden auf ihrer eigenen Reise der Digitalisierung befinden. Auch für sie gelten die genannten fünf Entwicklungsstufen. Auf einer Matrix mit diesen fünf Stufen würde deutlich, dass das Angebot der Maschinenbauer zum aktuellen Digitalisierungsstatus der Endkunden passen muss. Wenn ein Maschinenbauer selbst keine Digitalisierungsaktivitäten in seinem Produktportfolio startet, wird er Endkunden auf den digitalen Stufen drei bis fünf nicht mehr bedienen können. Allerdings liegen genau dort die wirtschaftlich attraktiven Märkte, während die Märkte in den Stufen 1 und 2 eher stagnieren oder sogar zurückgehen.

Ökosysteme im Maschinen- und Anlagenbau

Im Maschinen- und Anlagenbau finden sich mittlerweile unterschiedliche Ansätze, um solche Ökosysteme zu erstellen oder sich als Teil eines solchen dort einzubringen. Das VDMA-Whitepaper ‚Beispiele plattformbasierter Wertschöpfungsnetzwerke in digitalen Ökosystemen‘ beschreibt diese Ansätze.

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