Durchblick im Dickicht der Normen

Frank Gerling, Produktmanager Installationsgeräte bei Schneider Electric, ist davon überzeugt, dass die DIN VDE0100-420 viel Gutes hat, da diese im Hinblick auf einen Anlagenschutz vor Fehlerlichtbögen Aufmerksamkeit erzeugt und sensibilisiert.
Frank Gerling, Produktmanager Installationsgeräte bei Schneider Electric, ist davon überzeugt, dass die DIN VDE0100-420 viel Gutes hat, da diese im Hinblick auf einen Anlagenschutz vor Fehlerlichtbögen Aufmerksamkeit erzeugt und sensibilisiert.
 Frank Gerling, Produktmanager Installationsgeräte bei Schneider Electric, ist davon überzeugt, dass  die DIN VDE0100-420 viel Gutes hat, da diese im Hinblick auf einen Anlagenschutz vor Fehlerlichtbögen Aufmerksamkeit erzeugt und sensibilisiert.
Frank Gerling, Produktmanager Installationsgeräte bei Schneider Electric, ist davon überzeugt, dass die DIN VDE0100-420 viel Gutes hat, da diese im Hinblick auf einen Anlagenschutz vor Fehlerlichtbögen Aufmerksamkeit erzeugt und sensibilisiert.Bild: Schneider Electric GmbH

Die Neufassung der DIN VDE0100-420 zum Schutz vor thermischen Auswirkungen kann auf eine bewegte Entstehungsgeschichte zurückblicken. Nachdem ihr Vorgänger im Februar 2016 veröffentlicht wurde, erschien bereits im Februar 2018, nur kurz nach dem Ende der Übergangsfrist, eine erste Berichtigung. Es folgten lebhafte Diskussionen, mehrere Verlautbarungen sowie eine Reihe an Neuentwürfen und Einspruchsverfahren. Nach einigen Anläufen konnten die fachlichen Differenzen schließlich beiseitegelegt und ein Kompromiss gefunden werden. Die ursprüngliche Norm wurde zurückgezogen und im Oktober 2019 eine aktualisierte Ausgabe veröffentlicht: die DIN VDE0100-420:2019-10. Dreh und Angelpunkt der Überarbeitung ist ein kurzer aber wichtiger Abschnitt, der Abschnitt 421.7. Dieser behandelt den Schutz vor Fehlerlichtbögen in Endstromkreisen und regelt den Einsatz sogenannter AFDDs (Arc Fault Detection Devices), auch Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen oder schlicht Brandschutzschalter genannt. Doch wenngleich nun endlich der normativ-konzeptionelle Rahmen steht, Klarheit herrscht noch lange nicht. Was genau schreibt der Abschnitt 421.7 vor? Was sind Fehlerlichtbögen? Wie entstehen diese und welche Unterschiede gibt es? Wie funktionieren Brandschutzschalter und was ist mit Schutzeinrichtungen wie Fehlerstrom- und Leitungsschutzschaltern? Die vielen Fragen sind Anlass genug, einmal genauer hinzusehen. Denn im Dickicht der Normen kann der Überblick schnell verloren gehen.

Bild: Schneider Electric GmbH

Im Detail: die DIN VDE0100-420:2019-10

Brände verhindern, die durch Fehlerlichtbögen ausgelöst werden können: Das ist der substantielle Kern von Abschnitt 421.7 der DIN VDE0100-420. Für bestimmte Gebäude und Bereiche gilt es daher in der Planungsphase eine individuelle Risiko- und Sicherheitsbewertung durchzuführen und das Ergebnis schriftlich zu dokumentieren. Eingefordert wird diese Risiko- und Sicherheitsbewertung für Räumlichkeiten mit Schlafgelegenheiten, feuergefährdete Betriebsstätten, Räume oder Orte aus Bauteilen mit brennbaren Baustoffen sowie für Räume oder Orte mit Gefährdungen für unersetzbare Güter. Ergeben sich aus der Analyse besondere Risiken, werden entsprechende Maßnahmen empfohlen, um das spezifische Objekt vor Fehlerlichtbögen zu schützen. Diese Maßnahmen können baulicher, organisatorischer oder anlagentechnischer Art sein. Eine bauliche Maßnahme wäre etwa eine erdschluss- und kurzschlusssichere Verlegung nach VDE 0100-520 oder die Abschottung der gesamten elektrischen Anlage mit nichtbrennbaren Baustoffen. Die Anwesenheit von Aufsichtskräften in Kitas, Pflegeheimen oder Museen wäre demgegenüber eine organisatorische Maßnahme. AFDDs zu guter Letzt gelten als anlagentechnische Maßnahme. Bleibt noch der Geltungsbereich der DIN VDE0100-420:2019-10 zu klären. Dieser erstreckt sich auf Neuanlagen und auf Bestandsanlagen, die erweitert oder verändert werden. Altanlagen sind dementsprechend nicht von der Norm betroffen. Zudem gilt für Anlagen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in Planung oder im Bau sind, eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2021. Bis dahin kann theoretisch auf die Normenausgabe vom Februar 2016 zurückgegriffen werden. Dabei gilt: Die DIN VDE0100-420 ist, wie die meisten Normen, nicht als gesetzliche Verpflichtung, sondern als privatrechtliche Regelung zu verstehen. Vom BDF (Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V.), DHV (Deutscher Holzfertigbau-Verband e.V.), ZDB (Zentralverband Deutsches Baugewerbe) und dem ZVEH (Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke) wurde die Norm jedoch als anerkannte Regel der Technik akzeptiert. Wer sie einhält, ist also definitiv auf der rechtssicheren Seite.

Bild 2 | Der Acti 9 iDPN N Arc von Schneider Electric ist eine Schutzeinrichtung zur Erkennung von seriellen oder parallelen Fehlerlichtbögen.
Bild 2 | Der Acti 9 iDPN N Arc von Schneider Electric ist eine Schutzeinrichtung zur Erkennung von seriellen oder parallelen Fehlerlichtbögen. Bild: Schneider Electric GmbH

Parallel? Seriell? Fehlerlichtbögen in Endstromkreisen

Doch gleich ob gesetzliche Verpflichtung oder privatrechtliche Regelung, es besteht Handlungsbedarf. Das zeigt ein Blick auf die aktuellen Zahlen. Das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer führt in einer aktuellen Untersuchung etwa jeden dritten Brand auf mangelhafte Elektroinstallationen zurück – eine nach wie vor traurige Realität. Überlastungen und Kurzschlüsse spielen hier mit Sicherheit eine zentrale Rolle, doch in ebenso vielen Fällen sind es Fehlerlichtbögen, die das Feuer auslösen. Was also hat es damit auf sich? Fehlerlichtbögen oder auch Störlichtbögen sind im Grunde genommen technisch unerwünschte Lichtbögen. Doch wo Lichtbögen in der Regel harmlos sind, gilt das nicht für Fehlerlichtbögen. Diese entstehen durch einen ungewollten Spannungsüberschlag infolge einer beschädigten Leitung. Dadurch kann es an der Störstelle zu einer punktuellen Überhitzung mit mehreren tausend Grad kommen. Bleiben diese Fehlerlichtbögen unentdeckt, können die Folgen drastisch sein. Denn im schlimmsten aller Fälle entzündet sich die Isolierung und es entwickelt sich ein Kabel- oder Gebäudebrand. Ausgelöst werden Störlichtbögen meist durch fehlerhafte Isolierungen oder lose Kontakte. Zu den klassischen Fehlerquellen zählen beispielsweise gequetschte Leitungen, verbogene oder abgeknickte Kabel, Nagetierverbiss oder Erosion. Unterschieden werden Fehlerlichtbögen in parallele und in serielle Fehlerlichtbögen. Erstere entstehen durch einen Spannungsüberschlag zwischen zwei Leitern, also zwischen Außenleiter und Außenleiter, zwischen Außenleiter und Neutralleiter oder zwischen Außenleiter und Schutzleiter. Serielle Fehlerlichtbögen wiederum treten in einem Leiter auf, etwa wenn dieser unterbrochen wird, und bilden sich an der Phase oder dem Neutralleiter beziehungsweise an der Bruchstelle.

Agieren statt reagieren: Präventiver Schutz durch AFDDs

Serielle Fehlerlichtbögen sind es auch, die den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht haben, genauer: den Abschnitt 421.7 der DIN VDE0100-420. Denn Fehlerstromschutzschalter (FI) und Leitungsschutzschalter (LS), die übergeordneten Sicherheitskomponenten im Niederspannungsbereich, können zwar parallele Fehlerlichtbögen erkennen und verhindern, nicht aber serielle Störlichtbögen. Diese fallen schlicht durchs Raster. Der Grund: Bei seriellen Fehlerlichtbögen treten weder Überströme noch Fehlerströme auf. Schutzeinrichtungen wie FI-Schalter reagieren daher nicht und der Stromkreis wird dementsprechend auch nicht unterbrochen. Hinzu kommt: Auch bei parallelen Fehlerlichtbögen sprechen die klassischen Schutzschalter erst an, wenn ein Fehlerstrom erkannt wird, das Ereignis also bereits stattgefunden hat. Im Gegensatz zu Kurzschlüssen ließen sich Fehlerlichtbogen aber schon in der Entstehungsphase erkennen. Hier nun kommen AFDDs ins Spiel. Diese schützen sowohl vor parallelen als auch seriellen Fehlerlichtbögen. In Echtzeit überwacht ein Mikroprozessor dafür die elektrischen Parameter des angeschlossenen Stromkreises und wertet kontinuierlich den Strom- und Spannungsverlauf aus. Wird ein Fehlerlichtbogen erkannt, lösen die Brandschutzschalter präventiv aus und schalten den betroffenen Stromkreis ab – und das nicht erst nach dem Ereignis, sondern bereits in der kurzen Entstehungsphase des Störlichtbogens, also noch vor der ersten Flammenbildung. Anhand der zahlreichen Informationen, die permanent gesammelt und analysiert werden, können AFDDs außerdem zuverlässig zwischen einem harmlosen Lichtbogen, einem Betriebslichtbogen und einem Fehlerlichtbogen unterscheiden. Nur bei letzterem folgt schließlich die Abschaltung. Aufgrund des integrierten Leitungsschutzschalters schützen moderne Brandschutzschalter wie der AFDD iDPN N Arc von Schneider Electric auch vor Kurzschlüssen und Überlast. Ein besonders anwenderfreundliches Feature: Bei Kurzschluss oder Überlast löst nur der linke Hebel des Leitungsschutzschalters aus. Bei einem gefährlichen elektrischen Fehlerlichtbogen lösen die linke und die rechte Seite des AFDD aus, auf der Vorderseite ist dann ein rotes Signalfeld zu erkennen. Zudem ist der AFDD von Schneider Electric uneingeschränkt mit bestehenden Fehlerstromeinrichtungen kombinierbar und lässt sich einfach in vorhandene Elektro-Verteilungen montieren.

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