‚Lesbar‘ bei Wind und Wetter

Bild 1 | Vielfach sehen technische Dokumentationen für Schaltschränke häufig noch so aus.
Bild 1 | Vielfach sehen technische Dokumentationen für Schaltschränke häufig noch so aus.
Bild 1 | Vielfach sehen technische Dokumentationen für Schaltschränke häufig noch so aus.
Bild 1 | Vielfach sehen technische Dokumentationen für Schaltschränke häufig noch so aus.Bild: CirQit AG

Stefan Senn, mit dem Software-Entwickler René Huber zusammen einer der beiden Firmengründer von Cirqit, ist eigentlich hauptberuflich Projektleiter in einer Elektroinstallationsfirma. Vor etwa zwei Jahren wurde er von einem Kunden zu einer Störung in einer Sägerei gerufen. „Der dortige Schaltschrank befand sich ungeschützt im Außenbereich dieser Sägerei. Da die Schaltschranktür leicht offen stand, war der zugehörige Schaltplan durch Regen aufgeweicht und komplett unleserlich“, so Senn. Der zuständige Service-Mechaniker der Sägerei sei etwas erbost gewesen und bemerkte, entweder seien die Schaltpläne ölverschmiert, zerfleddert oder eben, wie hier, durchnässt – in jedem Fall aber nicht mehr entzifferbar. Und ob es denn da keine bessere Alternative gäbe. „Ich habe dann aus Spaß bemerkt, dass ein QR-Code doch cool wäre, den man einfach scannen könnte, um an die gewünschten technischen Daten zu gelangen“, blickt Stefan Senn amüsiert zurück. Als er seinem Freund und jetzigen Geschäftspartner René Huber davon erzählte, nahm dieser ihn beim Wort und begann sofort mit der Programmierung. Dies war zu Beginn der Corona-Pandemie. „Es dauerte nicht lange und René sagte mir: Es funktioniert“, so Senn. Das Ergebnis ist das Software-Tool, das den gleichen Namen trägt wie das Unternehmen.

Bild 2 | Stefan Senn (rechts) und René Huber entwickelten mit Cirqit ein cloudbasiertes und plattformunabhängiges Tool zur Schaltplanerstellung.
Bild 2 | Stefan Senn (rechts) und René Huber entwickelten mit Cirqit ein cloudbasiertes und plattformunabhängiges Tool zur Schaltplanerstellung.Bild: CirQit AG

Prozesse ganzheitlich betrachten

Denn eines ist klar: Selbst wenn Schaltpläne noch lesbar sind, ist das Durcharbeiten hunderter Schemaseiten und das sukzessive händische Streichen der erstellten Verbindungen nicht mehr zeitgemäß. Die Seiten mit Verweisen werden dann häufig mit Büroklammern, Kugelschreibern und eingeschobenen Schraubenziehern markiert. Änderungen und Nachträge werden mit einzelnen, wiederum ausgedruckten Blättern nachgereicht. So sieht nicht selten noch der Alltag bei Schaltanlagenbauern im Zeitalter der Digitalisierung aus. Dabei liegt in der Verdrahtung, so die viel zitierte Studie Schaltschrankbau 4.0 des ISW der Universität Stuttgart vom April 2017, das größte Optimierungspotenzial, da diese rund 50% bei der Erstellung einer Schaltanlage ausmacht. Prozesse von der Projektierung bis zur Fertigung sollten daher ganzheitlich betrachtet, Medienbrüche vermieden werden. Einerseits, weil sie Fehlerquellen beinhalten, andererseits weil der Wechsel von digitalen Medien zu Printmedien wiederum Zeit absorbiert und Druckkosten verursacht. Der Ausdruck eines Elektroschemas mag auf den ersten Blick kein großer Kostentreiber sein. Jedoch wird bereits ein durchschnittlicher, dreihundertseitiger Schaltplan zweimal als Werkstattschema und im Ordner mit Register für die Auslieferung benötigt, je nach Betriebsgröße mehrere hundert Mal im Jahr. Mittelfristig werden so weder dem Betriebsaufwand noch dem ökologischen Fußabdruck Rechnung getragen.

Vorteile der Webapplikation

Seit einem halben Jahr gibt es nun das cloudbasierte Software-Tool Cirqit, das einen vernetzten, digitalen Workflow ermöglicht. Einsetzbar ist die App sowohl bei neuen, aber auch nachrüstbar bei bereits bestehenden Schaltanlagen. Über einen am Schaltschrank angebrachten QR-Code erhält der Anwender Zugang zum digitalen Schaltplan. Auf Wunsch kann dieser auch, z.B. über Email oder Whatsapp, als Link verschickt werden. Das Tool beinhaltet einen Zeicheneditor. Änderungen im Schaltplan werden in Echtzeit übermittelt und sind jederzeit für alle Beteiligten transparent und aktuell verfügbar. Medienbrüche werden so vermieden. Die cloudbasierte Webapplikation integriert sich in bestehende Prozesse, sie ist ein zusätzlicher Baustein, ein bereits bestehendes Datenmanagement muss nicht verändert oder ersetzt werden. Wichtiges Merkmal: Sie ist vollkommen plattformunabhängig, d.h. die verwendete CAD-Software spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie das Betriebssystem oder der Webbrowser der PCs, Laptops oder mobilen Geräte der Anwender. Die App stellt auch nach der Auslieferung der Schaltanlage sicher, dass alle beteiligten Akteure wie Planer, Schaltschrankbauer, Zeichner, Monteure, Servicetechniker, Elektriker und Anlagenbetreiber stets Zugriff auf die aktuellen Dokumente haben und diese pflegen können, über den gesamten Lebenszyklus der Anlage hinweg. Der Serverstandort für die Applikation befindet sich in Deutschland.

Zwei verschiedene Lizenzmodelle

Cirqit bietet zwei unterschiedliche Lizenzmodelle: einen Public- und einen Private-Access. Abgerechnet wird pro für einen Schaltschrank generierten QR-Code. Der Public-Access stellt das Basismodul dar. Er ist öffentlich, d.h. jeder, der Zugang zum QR-Code einer Schaltanlage hat, kann im Schaltplan Änderungen oder Löschungen vornehmen. Für 20 Jahre kostet dieser 29,90CHF. Der Private-Access ist ein Zusatzmodul und kostet, zusätzlich zum Basismodul, noch einmal 19,90CHF, was auf einen Gesamtpreis von 49,80CHF für 20 Jahre hinausläuft. Hierbei können sehr feingliedrig Benutzerrechte vergeben werden. In beiden Tarifen ist ein Datenvolumen von 500MB bereits enthalten. So können beliebige Dokumente etwa als Word-, PDF-, oder JPG-Dateien hochgeladen werden. Sollte dieses Volumen nicht ausreichen, sind zusätzliche 1GB für weitere 19,90CHF zu haben. Für größere Kunden gibt es Staffelrabatte in den Abstufungen 100, 200 und 400 QR-Codes. Hierbei sind öffentliche und private Zugänge frei kombinierbar.

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