„Wir verstehen uns als Lösungsanbieter“

Einfach nur Technik verkaufen war gestern: Nach dieser Maxime haben Sie Conrad mit der Sourcing Platform neu positioniert. Was zeichnet eine umfassende Plattformökonomie aus und was haben Unternehmen davon?

Ralf Bühler: Wir verstehen uns als Lösungsanbieter, der deutlich mehr zu bieten hat als sieben Millionen Produktangebote. Geschäftskunden bekommen bei uns genau das, was ihr Business und ihre Projekte zum Erfolg führt. Das gelingt nur, wenn wir unseren Kunden gut zuhören, ihre Anforderungen kennen und ihnen kundenzentrierte Lösungen und maßgeschneiderte Services anbieten können. Vor allem deshalb setzen wir auch weiterhin fachkompetente Beratung und individuelle Betreuung von Mensch zu Mensch, etwa im Innen- oder im Außendienst durch unser Vertriebsteam.

Da wollen Sie also hin: Der Händler als Problemlöser. Welche Rolle spielt E-Commerce in der modernen Beschaffung?

Wir haben den Trend schon früh erkannt und unser Geschäftsmodell frühzeitig digitalisiert und transformiert. Aktuell sind Materialknappheit und Lieferengpässe Themen, die Einkaufsverantwortliche besonders in Atem halten. Die Herausforderung, die richtige Balance zwischen Qualitätssicherung, Versorgungssicherheit und Kosteneinsparung zu finden und sich nebenher noch ums Tagesgeschäft zu kümmern, hat es in sich. Beschaffung aus einer Hand über eine Plattform und moderne Beschaffungslösungen können helfen, sie zu meistern. Ziel moderner Beschaffung ist es, Einkaufsprozesse zu beschleunigen. Die Schlüsselwörter hierfür sind Digitalisierung und Automatisierung, also E-Commerce und E-Procurement. Genau hier setzen wir als Problemlöser an. Als solcher bieten wir unseren Kunden alle Teile für die erfolgreiche Beschaffung ihres technischen Bedarfs.

Künstliche Intelligenz, welche Rolle spielt sie für Ihre Plattform?

Um E-Commerce fit für die Zukunft zu machen, bekommt Künstliche Intelligenz in der modernen Beschaffung einen immer höheren Stellenwert. Und natürlich nutzen auch wir KI, um Prozesse zu optimieren, um beispielsweise das E-Mail-Management und Bestellvorgänge zu optimieren. Ohne KI wäre es auch nicht machbar, dass im Online-Shop proaktiv Alternativprodukte vorgeschlagen werden. Trotz aller Möglichkeiten der Digitalisierung setzen wir bei Conrad aber nach wie vor auch auf den Faktor Mensch und das ist sicherlich auch ein wichtiger Punkt, der uns von anderen Plattformen unterscheidet.

Sie wollen sowohl den Kleinbetrieb als auch den Konzern ansprechen. Wie gelingt es, diese folglich unterschiedlichen Kundenanforderungen beim digitalen Einkauf zu berücksichtigen?

Egal welche Unternehmensgröße: Natürlich kann bei Conrad nach wie vor ganz klassisch im Webshop eingekauft werden – mit speziellen Optionen für Geschäftskunden. Gerade bei der Bestellung von C-Teilen spart die Einführung einer elektronischen Beschaffungslösung jedoch jede Menge Zeit und damit auch Geld. In erster Linie geht es darum, Prozesse zu verschlanken und Workflows zu beschleunigen. Mithilfe einer maßgeschneiderten E-Procurement-Lösung können Einkaufsprozesse an die Unternehmensstruktur angepasst, Daten in Echtzeit übermittelt, Fehler minimiert und die schnelle Abwicklung der Bestellung ermöglicht werden. Das Team im Einkauf gewinnt Zeit für wichtigere Themen, wie etwa Preis- und Konditionsverhandlung mit neuen Lieferanten oder ausführliche Marktanalyse mit Blick auf die Beschaffung neuer Bauteile. Und natürlich wird durch schlankere Prozesse auch vermieden, dass wild am Einkauf vorbei bestellt wird – so genanntes Maverick Buying. Aktuell haben wir bereits 3.000 E-Procurement-Anbindungen allein in Deutschland realisiert. Unser Ziel ist es, diese Zahl im Laufe des Jahres um 20 Prozent zu steigern, so dass noch mehr Unternehmen Kosten und Zeit bei ihrer Beschaffung sparen können.

Deutschlands Industrie, gerade auch die der Automatisierungsbranche, ist geprägt von KMUs. Welche konkreten Lösungen bieten Sie dieser Kundengruppe?

Um allen Unternehmen die elektronische Anbindung an die Conrad Sourcing Platform zu ermöglichen, bieten wir verschiedene E-Procurement-Lösungen an: Unternehmen mit eigenem ERP-System können sich per Open Catalog Interface (OCI) anbinden. So erhält der Kunde in seiner Systemlandschaft Zugriff auf einen webbasierten Katalog, dort kann er seinen Warenkorb erstellen und in sein ERP oder seine Procurement-Lösung übertragen (PunchOut).

Unternehmen ohne eigenes ERP-System können Conrad Smart Procure nutzen – eine browserbasierte und kostenfreie E-Procurement-Lösung, mit der Teams über verschiedene Abteilungen hinweg ihren eigenen Bedarf über einen zentralen Account decken und Einkaufsverantwortliche dank Freigabeworkflows und Analyse-Dashboard trotzdem jederzeit den Überblick behalten.

Den Conrad Marktplatz gibt es jetzt seit knapp sechs Jahren. Wie hat sich das Geschäft entwickelt?

Conrad steht für 100 Jahre erfolgreiche Transformationsgeschichte. Bereits 1998 wurde das Geschäftsfeld Conrad Business Supplies offiziell gegründet, um verstärkt Geschäftskunden anzusprechen. Mit dem Launch des Conrad Marketplace im Jahr 2017 haben wir den Wandel hin zur B2B-Beschaffungsplattform für technischen Bedarf eingeläutet und damit die Weichen für die Zukunft gestellt. Über zwei Millionen deutsche Geschäftskunden setzen mittlerweile auf Conrad als Beschaffungspartner. Ihnen bieten wir ein ständig wachsendes Sortiment: Hatten wir vor der Einführung des Conrad Marketplace im Jahr 2017 auf conrad.de rund 800.000 Artikel, sind wir heute bei über sieben Millionen Produktangeboten.

Und auch international bewährt sich unsere Strategie: Bereits 2021 haben wir einen Conrad Marketplace in Österreich gelauncht, vergangenes Jahr kamen die Niederlande und Italien dazu. Weitere Länder werden folgen. Im Zuge dieser Internationalisierung steht auch Cross-Border-Beschaffung ganz oben auf der Agenda, um Sellern den Verkauf von Waren auch über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen.

Und was macht eigentlich einen B2B-Marktplatz zum B2B-Marktplatz?

Gerade für Geschäftskunden spielt neben umfangreicher Auswahl vor allem auch die Produktqualität eine entscheidende Rolle. Wir haben uns mit Blick auf die Sourcing Platform deshalb von Anfang an für ein kuratiertes Marktplatzmodell entschieden. Alle Produkte, die auf unserer Plattform verfügbar sind, stammen dementsprechend von geprüften Herstellern und Distributoren.

Was für Vorteile haben Hersteller und Seller bei der Nutzung des B2B-Marktplatzes?

Der große Vorteil für unsere Marketplace-Partner besteht darin, dass sie sich mit ihrem Angebot schnell und einfach und ganz ohne primäre Marketingkosten neue Absatzkanäle im B2B-Bereich erschließen. Das Sortiment des technischen Bedarfs ist dabei klar definiert und kann somit passgenau angeboten werden. Die Sortiments- und Preishoheit bleibt jedoch bei den Sellern. Gleichzeitig stellt unser Marketplace-Team zahlreiche Services wie etwa ein Reporting-Tool zur Verfügung.

Wie nehmen denn die klassischen Komponenten-Hersteller den Marktplatz an?

Der Conrad Marketplace wächst dynamisch. Heute sind schon mehr als 500 Partner auf conrad.de angebunden. Auch von den Komponenten-Herstellern wird der Marktplatz gut angenommen, weil sie so genau ihre Zielgruppen erreichen. Namenhafte Marken wie Eaton, Hartig, Murrelektronik, Phoenix Contact oder Weidmüller befinden sich auf unserer Beschaffungsplattform.

Welche Rolle kann Conrad mit seinen Lösungen und Services ganz speziell für die Automatisierungsbranche spielen?

Im Bereich Automation können Kunden aus mehr als 900.000 Produktangeboten wählen, darunter mit 190.000 Artikeln auch ein nahezu vollumfängliches Angebot an Automatisierungs- und Pneumatikkomponenten. Optimale Auswahl und schnelle Verfügbarkeit sind aber nicht alles. Darüber hinaus stellen wir passgenaue Services zur Verfügung, wie etwa unseren Kalibrier- sowie unser PCB-Platinen-Service, unseren 3D-Druckservice oder unseren Kabelmeterservice für metergenaue Kabelbestellungen. Auf conrad.de haben wir außerdem Ratgeber und Themenwelten mit Use Cases zusammengestellt, die Trends und Produktneuheiten vorstellen.

Aktuell konzentrieren wir uns außerdem aufs Trendthema Cobots, weil wir hier gerade auch für KMUs eine erschwingliche und handhabbare Möglichkeit sehen, Prozesse zu automatisieren. Gemäß unserer Plattformstrategie positionieren wir uns auch hier als Lösungsvermittler im Bereich Cobots und Robotik und bauen diesbezüglich ein Produkt- und Serviceportfolio auf. Unter conrad.de beispielsweise ist ein Whitepaper zum Thema kollaborative Roboter und eine Cobot Entscheidungshilfe zu finden, mit der verschiedene Cobot-Modelle bezogen auf die Anforderungen im eigenen Unternehmen verglichen werden können.

Die Automatisierungstechnik ist ja eine der wichtigsten Branchen in Deutschland. Wie wichtig und wie groß ist der Bereich bei Conrad?

Automatisierungstechnik ist einer der wichtigsten Bereiche, bei dem wir den Sortimentsausbau seit Jahren massiv vorantreiben. Es bestehen langjährige Partnerschaften z.B. mit Festo, Puls, Siemens, Schneider Electric, Wago. Im letzten Jahr wurden die Sortimente von Meanwell, Pepperl+Fuchs, Contrinex, TE-Connectivity und Molex massiv ausgebaut. On top werden wir Konfiguratoren und Services rund um das Thema auch weiterhin ausbauen.

Ein weiteres aktuelles Thema sind die Lieferketten. Was unternehmen Sie in Sachen Verfügbarkeit?

Mit 100 Jahren Erfahrung als Technikhändler im Rücken können wir auf ein international bestens vernetztes Lieferantennetzwerk zurückgreifen. Gerade in Zeiten von Lieferengpässen war und ist das ein enormer Vorteil. Dazu kommt unser Marktplatz mit seiner umfangreichen Auswahl und auch dieses Netzwerk bauen wir kontinuierlich aus, um ein noch größeres Produktangebot bereithalten zu können. Sollte ein Produkt dennoch einmal nicht verfügbar sein, werden unseren Kunden auf conrad.de proaktiv Alternativen angeboten. Und last, not least, gibt es das Team des Conrad Beschaffungsservices, das sich im Fall der Fälle weltweit auf die Suche nach Produkten begibt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert