Industrielle Zusammenarbeit

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Ältere, erfahrenen Konstrukteure, die allmählich aus den Unternehmen ausscheiden, verfügen über ein großes Fertigungsfachwissen, dessen Verlust oft nur schwer zu kompensieren ist. Die letzte Generation der Konstrukteure besaß den Vorteil, inmitten des Geruchs von Schmierstoffen und Metallspänen groß geworden zu sein. Viele dieser Jahrgänge haben ihr Handwerk in der Fertigung erlernt und sich allmählich in die Konstruktionsabteilung vorgearbeitet. Sind also als Experten in ihr Unternehmen und seine Abläufe hineingewachsen.

Elementares Wissen

Das Wissen darüber, ob und wie ein Bauteil gefertigt werden kann, aber auch mit welchem Aufwand und zu welchen Kosten, ist elementar für den Entwicklungsprozess. Viele Konstrukteure neigen dazu, Bauteile nach ‚Funktion‘ zu konstruieren (Design-to-Function), das heißt das Bauteil erfüllt zwar alle Stabilitäts-, Funktions- und Geometrieanforderungen, die Herstellbarkeit und Beschaffungskosten werden dabei aber nur unzureichend berücksichtigt. Die Folge davon ist, dass erst sehr spät im Beschaffungsprozess, wenn die Zeichnungen vom Teilefertiger geprüft werden, die fertigungstechnischen Defizite der Konstruktion aufgedeckt werden. Es kann zu zu teuren, nachträglichen Bauteiländerungen, großem Abstimmungsaufwand und letztendlich zu unnötig hohen Beschaffungskosten kommen, da nicht alle fertigungstechnischen Potenziale ausgenutzt werden konnten. Laut einer Umfrage unter Gießereien ist jede dritte Bauteilzeichnung nicht im angefragten Verfahren fertigbar, über die Hälfte der Bauteile muss konstruktiv angepasst werden und mehra als 50 Prozent weist fehlerhafte Dokumentation oder nicht normgerechte Toleranzen auf. Hier hat sich Potenzial versteckt, das es zu heben gilt. Schließlich hat der Konstrukteur 80 Prozent der beinflussbaren Herstellungskosten in der Hand.

Fertigungsperspektive berücksichtigen

Das Potenzial für Kosteneinsparungen durch eine konsequente Berücksichtigung der Fertigungsperspektive während der Entwicklung (‚Design-for-Manufacturing-and-Assembly’/ “Design-to-Cost‘) ist enorm. Nicht jeder Konstrukteur verfügt jedoch über das Wissen, um seine Bauteile im jeweiligen Fertigungsverfahren zu optimieren bzw. in alternative Verfahren und Materialien zu überführen. Die ‚Rule of 10‘ besagt, dass die Kosten der Fehlerbehebung in jeder einzelnen Stufe der Wertschöpfungskette um den Faktor 10 steigen. Dieses Problem hat man in der Industrie erkannt und begegnet ihm mit organisatorischen Maßnahmen, wie z.B. einer frühen Integration von Lieferanten in den Entwicklungsprozess (Advanced Purchasing) oder dem Aufbau von Simultaneous Engineering Teams. Ebenso wird versucht einen internen Experten-Pool aufzubauen, um bei technologischen Fragestellungen die operativen Einheiten unterstützen zu können. Diese Ansätze geraten jedoch zunehmend an ihre Grenzen. Die frühzeitige Integration von Lieferanten z.B. steht sowieso vor allem Unternehmen mit einer gewissen Marktmacht zur Verfügung und wird von den Lieferanten nur bei sicherer Auftragsvergabe akzeptiert. Die Verfügbarkeit und Reaktionsschnelligkeit der In-house-Experten entspricht nur selten der notwendigen Lösungsgeschwindigkeit operativer Fragestellungen. Zudem erweist sich der Aufbau eines eigenen Expertenpools gerade für exotische Verfahren als äußerst kostenintensiv. Das ist nicht zuletzt Schade, da mit dem notwendigen Wissen für eine fertigungsgerechte Konstruktion bis zu 40 Prozent der Bauteile günstiger hergestellt werden können.

Kleine Fragestellungen, hohe Kosten?

Am Ende des Tages sind es die kleinen Fragestellungen und Bauteildetails im Konstruktionsalltag des Entwicklers, die über die Herstellbarkeit und die Herstellungskosten des Bauteils entscheiden. Eine Aussparung im Bauteil, die zu einem zusätzlichen teuren Schieber im Werkzeug führt oder Angsttoleranzen, die unnötige Nachbearbeitung verursachen etc. – die Liste der unbewussten Kostentreiber ist lang.

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