Wenn der Cobot mit dem AGV…

Garnspulen manuell zu tauschen ist körperlich sehr anstrengend: Künftig kann diese Aufgabe von einer Kombination aus Cobot und AGV übernommen werden.
Garnspulen manuell zu tauschen ist körperlich sehr anstrengend: Künftig kann diese Aufgabe von einer Kombination aus Cobot und AGV übernommen werden.

Die Wünsche des Endkunden waren klar: Die Gesundheit der Mitarbeiter soll geschont werden, denn bis jetzt wird die körperlich sehr anstrengende Maschinenbestückung noch manuell umgesetzt. Gleichzeitig sollte auch eine Qualitäts- und Produktivitätssteigerung möglich sein. Die von der Project- Unternehmensgruppe mit Saurer entwickelte Lösung nutzt ein spezielles AGV, auf dem ein siebenachsiger Cobot verbaut wurde. Aktuell werden bei Project in Kranenburg die ersten von über 60 AGV/Cobot-Einheiten für die USA montiert.

Viel Wert kam den Themen Flexibilität und Sicherheit zu: „Eine derartige Lösung bietet sich in allen Fabriken an, in denen sich Menschen im Umfeld von Maschinen bewegen müssen und daher eine Umzäunung nicht gewollt ist“, betont Ingo Rathmann von Project Automation & Consulting. Er erklärt, wie es zum Einsatz dieses Leichtbau-Roboters kam: „Weil große Flexibilität auf engem Raum sowie hohe Bedienerfreundlichkeit für den Endkunden erwartet wurde, fiel die Wahl auf den KR1018 von Kassow Robots.“ Er hat ein Eigengewicht von nur 34kg, kann bis zu 18kg heben und – das wird hier voll ausgespielt – ermöglicht durch die 7. Achse sogar das Ums-Eck-Greifen. Das AGV als fahrerlose Transportbasis wurde von Project selbst entwickelt: Es kann bis zu 1.000kg tragen und erreicht Geschwindigkeiten bis 1,5m/s. Zudem sind die Steuerungen einer zusätzlichen Linearachse, die zu noch mehr Reichweite führt, und des Drehtellers beide in die Gesamtsteuerung der mobilen Plattform integriert.

Über 500 Spulstellen pro Maschine

Doch wie sieht die Lösung konkret im Einsatz aus? Pro Spinnmaschine müssen über 500 Spulstellen bestückt werden. Die bis zu 40m langen Spinnmaschinen – in einem Werk sind es z.B. mehr als 60 – haben unterschiedlich getaktete Laufzeiten. Lukas Jansen, verantwortlich für die Programmierungen des Projekts, geht auf Details ein: „Jede AGV-Lösung hat pro Auftrag eine Fahrstrecke von rund 80 bis 120m. Es fährt immer im Einbahnbetrieb um die Maschinen herum – und bestückt nacheinander mehrere Maschinen, arbeitet also die Aufträge nach und nach ab. Ziel ist, Fahrwege möglichst kurz zu halten.“ Für das AGV existiert daher immer nur die nächste Position. Es ist also nicht so, dass es von vornherein mehrere 10.000 Positionen im Blick haben muss. Der Leitrechner gibt einzelne Position vor und die Verwaltung läuft über die Software der Project Unternehmensgruppe.

Die mobile Lösung bringt dem Kunden einen doppelten Vorteil. Zum einen wird es immer schwieriger, Mitarbeiter für solch körperlich schwere Aufgaben zu gewinnen. Zum anderen erhöht der Einsatz der AGV/Cobot-Lösung die Qualität der zu erbringenden Aufgabe. Denn durch die automatisierte Bestückung werden Materialverwechslungen ausgeschlossen. Zudem kann mehr Spulenqualität erreicht werden, da die Spulen schonender bedient werden. Doch der Mensch wird beim Spulenaustauschprozess nicht völlig außen vor gelassen. Entlastet wurden die Mitarbeiter von der körperlich sehr schweren Arbeit, die Spulen auszutauschen. Doch das Verknoten des alten Restproduktionsfadens mit dem neuen braucht im wahrsten Sinne des Wortes menschliche Fingerfertigkeit.

Um die Ansprüche an die Sicherheit zu gewährleisten, ist das AGV mit zwei Sicherheitslaserscannern ausgestattet, die mit einem 360°-Blick das Umfeld rund um die mobile Einheit erfassen. Bemerkt das System, dass z.B. eine Person oder eine andere Maschine in das so genannte Warnfeld eindringt, so bremst das AGV ab und fährt mit reduzierter Geschwindigkeit weiter. Sobald jemand das Schutzfeld verletzt, stoppt das AGV sofort. Auch 3D-Vision-Sensoren sind für die Betriebssicherheit des Systems verbaut. Sie überwachen den Bereich vor dem AGV bis zu einer Höhe von circa 1,80m und stoppen das Fahrzeug, wenn sich ein Hindernis im Fahrweg befindet.

1. Das von Project selbst entwickelte AGV mit dem darauf verbauten Cobot von Kassow Robots bekommt vom Steuerungssystem den Auftrag, die nächste Kabliermaschine mit neuen Spulen zu bestücken. Zuvor hat der Bediener die leeren Hülsen abgeräumt.

2. Das Fahrzeug fährt zu einem Wagen in dem die Spulen bereitliegen; alternativ können die Spulen auch auf einer Palette, einem Trolley o.ä. platziert sein.

3. Nach Erkennung der genauen Position mithilfe des Kamerasystems von Sick greift der Cobot, der mit einem Greifer von Schunk versehen ist, die bereitgestellten Spulen.

4. Die Spulen werden in einem auf dem AGV montierten Magazin abgelegt.

5. Anschließend fährt das AGV mit den Spulen zu der Maschine.

6. An der Maschine greift der Cobot die Spulen aus dem Magazin.

7. Zur Positionierungserkennung des genauen Ablageplatzes kommt wieder die am Cobot installierte Kamera zum Einsatz – sie ermöglicht die richtige Bestückung der Kabliermaschine. Eine Linearachse von Rollon sorgt für eine Erweiterung des Aktionsradius, um die Maschinen in unterschiedlichen Höhen bestücken zu können.

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