Echter Gamechanger?

Bild: Baumüller Nürnberg GmbH

Die Idee, einen Knickarmroboter auf einem AMR zu positionieren, ist eigentlich nicht neu. Dennoch sieht man solche Lösungen in der Praxis noch sehr selten. @Interview_Grundschrift:Jörn Meißner: In der Tat findet man sie noch kaum in der Produktion. Fahrerlose Fahrzeuge sind längst etabliert. Knickarmroboter ebenfalls. Aber bei der Kombination von beidem handelt es sich noch um eine recht junge Technologie, gegenüber der es auf Anwenderseite oft noch Vorbehalte gibt. Gleichzeitig steigen aber die Anforderungen an AMRs in der Fabrik. Immer öfter sind zusätzliche Funktionen gefordert. Wenn man diese Entwicklung etwas vorausdenkt, dann ist das Potenzial der integrierten Lösung von Roboterarm und AMR immens. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Chor Chen Ang: Auch wenn wir gemeinsam mit Mitsubishi Electric ein tolles Produkt geschaffen haben, ist die Umsetzung einer kompletten Anwendung recht komplex. Auch die Einbindung in die Anlage ist bisher alles andere als einfach. Wenn dann noch eine hohe Flexibilität in Bezug auf die zu handhabenden Bauteile oder die anzufahrenden Punkte hinzukommt, wird es echt kompliziert. Der branchenübergreifende Trend zu mehr Standardisierung sollte die Implementierung aber künftig deutlich erleichtern. @Interview_Grundschrift: Verfügbare Technologie ist das eine – beherrschbare Anwendungen das andere. Ist die mobile Roboterlösung denn überhaupt schon im Einsatz? @Interview_Grundschrift:Ang: Durchaus. Dass der Roboter auf dem AMR keine Vision mehr ist, sondern in der Praxis funktioniert, belegen verschiedene Early-Adopter-Anwendungen, die wir in den letzten vier Jahren umgesetzt haben. Bisher vor allem in Branchen wie der Halbleiterindustrie, die den überwiegenden Teil ihrer Prozesse automatisieren müssen und die dafür nötigen Investitionen stemmen können. Ein gutes Beispiel ist unsere Applikation für Micron, bei der 22 mobile Einheiten mit Roboterarm sich auf einer Fläche von 9.000m² bewegen und Maschinen beladen. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Philippe Baldet: Wenn es darum geht, einfache wiederkehrende Aufgaben über große räumliche Distanz sowie mit hoher Präzision zu automatisieren, gibt es bereits großes Interesse. Zwar haben wir noch kein Projekt konkret umgesetzt, aber schon einige solcher Anwendungen für unsere Kunden entworfen und simuliert. Um noch mehr Akzeptanz auf Anwenderseite für komplett autonome Lösungen zu schaffen, die sich Arbeitsräume mit Menschen teilen, ist eben noch Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit nötig. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Stefan Knauf: Oft ist der Einsatz von komplett autonomen Systemen ja nicht nur eine technische Frage, sondern auch eine gesellschaftliche. Schließlich wird in der Belegschaft schnell die Angst vor einem damit einher gehenden Jobverlust geschürt. Gerade in Deutschland ist die Implementierung solcher Applikationen fast immer ein Fall für den Betriebsrat. Der Bedarf nach einsatzbereiter und beherrschbarer Technik kommt dann noch dazu – und geht über die mobile Einheit und den Roboterarm weit hinaus. Inwiefern? @Interview_Grundschrift:Knauf: Letztlich muss die Lösung quer durch alle Produktionssteuerungssysteme und die Supply Chain nahtlos integriert werden. Das setzt auch eine veränderte Denkweise beim Endanwender voraus. Er muss neue Ansätze für die automatisierte Fertigung annehmen und umsetzen. Wie lange so ein Prozess dauert, kann man gut bei den Cobots ablesen: Erst nach einigen Jahren werden diese Roboter auch wirklich in der Art und Weise eingesetzt, für die sie konzipiert wurden. Sprich: die Applikationen mussten auf die Eigenschaften der Cobots hin adaptiert werden. Genauso wird es bei Robotern sein, die auf AMRs montiert durch die Fertigung fahren. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Thomas Scholz: Firmen mit einem hohen Automatisierungsgrad arbeiten in der Regel seit Jahren mit bestimmten Steuerungs- und Roboteranbietern zusammen. Das macht es nicht leicht, eine neue Lösung zu integrieren, die zudem andere Prozesse und eine Integration über mehrere Ebenen benötigt. Selbst wenn sich dadurch ganz neue Möglichkeiten für den Anwender eröffnen. Deshalb versuchen ATG oder Baumüller Systems die AMR/Roboter-Kombination als möglich offenes Gesamtpaket in bestehende Umgebungen einzubinden. @Interview_Grundschrift:

Ist die Sicherheit denn auch ein Knackpunkt, wenn ein Roboterarm auf einem AMR montiert wird? @Interview_Grundschrift:Jörn Meißner: Eigentlich nicht. Es gibt in der Branche sicherlich Bedenken hinsichtlich der Safety, doch die sind unbegründet. Alle Komponenten, die es zur Absicherung eines AMR und des Roboters obenauf braucht, sind auf dem Markt längst verfügbar und ausreichend erprobt. Gerade wenn Roboter eines etablierten Herstellers zum Einsatz kommen, darf man getrost einen Vertrauensvorschuss geben. @Interview_Grundschrift: Muss es denn zwingend ein Cobot sein oder sind auch normale Industrieroboter auf AMRs denkbar? @Interview_Grundschrift:Meißner: Bis jetzt ist das nicht sinnvoll umsetzbar. Denn klassische Industrieroboter sind in der Regel nicht nur deutlich schwerer als Cobots, sondern entfesseln aufgrund ihrer Dynamik Kräfte, die auf einer mobilen Basis kaum zu beherrschen sind. Sie werden ja nicht umsonst meist fest im Boden der Fertigungshalle verankert. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Knauf: Ich sehe das auch so. Ein AMR als flexibles System kriegt Probleme, wenn der Roboter richtig Gas gibt. Auch wenn sich aufgrund des identischen Controllers von Mitsubishi Electric die Kinematik bei Bedarf unkompliziert austauschen lässt, braucht man zumindest einen Roboter, der wie unser Melfa Assista zwischen normalem Modus und Cobot umschaltbar ist. Viel wichtiger als die Dynamik des Roboters ist die Präzision. Wobei in dieser Hinsicht heute noch das AMR der limitierende Faktor ist. @Interview_Grundschrift: Bietet die moderne industrielle Bildverarbeitung eine Lösung für diese Aufgabenstellung? @Interview_Grundschrift:Meißner: Ja, das zeigt auch die Demo, die wir im Techlab von Mitsubishi Electric in Ratingen umgesetzt haben. Dort wird das AMR/Roboter-Gespann nur grob positioniert. Die Präzision im Greifprozess wird durch die integrierte Kamera erreicht. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Baldet: Mittlerweile gibt es verschiedene Ansätze auf Basis bestehender Technologien, um die erforderlichen Toleranzen einzuhalten. Die Präzision des AMR ist also kein K.O.-Kriterium mehr. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass eine zusätzliche technologische Disziplin das System und die internen Schnittstellen auch wieder ein Stück komplexer macht. @Interview_Grundschrift:

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