Goldgräberstimmung

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Immer mehr Unternehmen erkennen zwar die Notwendigkeit, Digitalisierungsprojekte anzustoßen, sie scheitern aber nicht selten an der Umsetzung – auch, weil Topfloor und Shopfloor nicht ausreichend miteinander vernetzt sind bzw. die Kommunikation zwischen beiden Ebenen oftmals nicht stattfindet. Auf Shopfloor-Ebene wird die Digitalisierung durchaus vorangetrieben, allerdings wird längst nicht das gesamte Potenzial ausgeschöpft, weil wertvolle Datenquellen nicht genutzt werden. Die Sensoren und Aktoren in der Maschine werden lediglich zur Steuerung und Regelung genutzt, jedoch weder für ein Condition Monitoring, noch für die Prozessoptimierung auf Shopfloor-Ebene oder für die Kennzahlenermittlung und Produktionsplanung auf Topfloor-Ebene.

Um die zahlreichen Daten aus den Sensoren nicht nur der Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) zugänglich zu machen, sondern auch der Digitalisierungssoftware oberhalb der Maschinen im Scada-Netzwerk, gilt es, die Maschinennetzwerke zu öffnen. Anhand der dann vollständig erhobenen Daten, lassen sich Einsparpotenziale beim Energieverbrauch ermitteln. Zusätzlich sind Predictive Maintenance und Condition Monitoring dann erst vollumfänglich möglich: Verschleißerscheinungen lassen sich so frühzeitig erkennen und vor dem Totalausfall einer Maschine wird rechtzeitig gewarnt – weg vom Feuerlöschen, hin zu vorausschauender Instandhaltung.

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Lücke zwischen Errichter und Betreiber überwinden

Das grundsätzliche Problem, das einer Öffnung der Maschinennetzwerke entgegensteht, ist der Dissens zwischen Betreibern und Errichtern. Betreiber fokussieren sich auf die Digitalisierung der Produktion, Errichter haben hingegen einzig die Funktion ihrer Maschine im Blick. Während Betreiber nach Optimierung, Effektivität, Flexibilität und Agilität streben, geht es Errichtern vielmehr um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Maschinen. Sie richten die Maschinennetzwerke daher auf Funktionalität und einzelne Applikationen aus, wohingegen die Betreiber auf ein optimiertes Energiemanagement, ein Condition Monitoring und die Predictive Maintenance abzielen. Aus ihrer jeweiligen Position heraus machen beide Seiten das Richtige – einzig ein verbindendes Element zur Überwindung dieser Lücke fehlt. Die Öffnung des Maschinennetzwerks kann diese Barriere überwinden.

Die Betreiber der Maschinen erkennen die Notwendigkeit der Netzwerköffnung oftmals eher als die Errichter, die durch die Öffnung die Sicherheit der Netzwerke und ihrer Maschinen gefährdet sehen. Dabei verpassen sie durch die Abschottung ihrer Maschinen und der Netzwerke eigene Vorteile: Um Maschinen z.B. zu warten, müssen die Errichter bislang zur Werkshalle fahren. Dabei verlassen sie sich in der Regel auf Erfahrungswerte und subjektive Wahrnehmungen: Techniker hören zwar oftmals, wenn z.B. irgendwo ein Zahnrad ausgetauscht werden muss, doch wo sich das defekte Rad tatsächlich befindet, können sie nur grob bestimmen. Der zeitliche Aufwand ist immens, die Maschinen stehen in dieser Zeit still. Das lässt sich vermeiden, wenn eine genaue Information erfolgen kann, welches Element beschädigt ist – und die betroffene Maschine selbst den Defekt meldet. Durch die Öffnung der Netzwerke könnten Techniker zudem Fernwartungen über einen Remote-Desktop vornehmen und so Zeit und Aufwand sparen. Im Grunde profitieren die Maschinenbauer also von der Netzwerköffnung.

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Sicherheit der Maschinennetzwerke weiterhin gewährleisten

Bedingung für die Öffnung der Netzwerke ist natürlich, dass ihre Sicherheit gewährleistet ist. Es geht daher darum, die Netzwerke zugänglich zu machen und nicht im klassischen Sinne nach außen hin zu öffnen. Die Netzwerke werden also intern durchlässig, Maschinen geben all ihre Daten an die Topfloor-Ebene weiter. Durch bestimmte Mechanismen, wie beispielsweise Firewalls, bleiben die Maschinennetzwerke geschützt.

Mit der Zugänglichkeit des Maschinennetzwerks geht auch ein erhöhter Anspruch an dessen Leistungsfähigkeit einher. In den meisten Fällen reicht die Bandbreite in den existierenden Maschinennetzwerken aus, um die zusätzlichen Digitalisierungsanwendungen mit abzudecken. Auch einfache Anpassungen, wie die Erhöhung der Backbone-Kapazität, sind unter diesen Voraussetzungen möglich.

Wichtig ist zudem, einen direkten Übergang zwischen dem OT-Maschinennetzwerk und dem darüber gelagerten Scada- bzw. IT-Netzwerk zu schaffen. Denn die Smart-Sensor-Daten müssen an der SPS vorbei direkt den Applikationssoftwaren zugeführt werden, die auf Rechnern in den IT-Netzwerken laufen.

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Barrieren unterhalb der SPS durchbrechen

Innovationsfreudige Unternehmen haben im Zuge ihrer Digitalisierungsstrategien die Verbindung zwischen IT und IIT/Scada bereits vorgenommen, da MES- und ERP-Systeme direkt auf Daten aus der SPS zugreifen müssen. Der dafür anfallende SPS-Programmieraufwand wird in Kauf genommen. Die Abnehmer für die Smart-Sensor-Daten – direkt aus Ethernet-fähigen OT-Geräten für das Condition Monitoring – sitzen meist im IIT/Scada-Netzwerk. Sie überwachen z.B. über die Schwingungsanalyse rotierende Teile in der Anlage bzw. finden über eine erhöhte Stromaufnahme von Motoren heraus, dass ein Motorlager schwer läuft. Für diesen Prozess gibt es entsprechende Instandhaltungsmanagementprogramme, sogenannte Computerized Maintenance Management Systeme (CMMS).

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