5G und Profinet

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Der 5G-Standard bietet die Möglichkeit, Netze auf unterschiedliche Szenarien anzupassen. Die drei Hauptszenarien sind dabei: enhanced Mobile Broadband (eMBB), Ultra-Reliable Low-Latency Communication (URLLC) und massive Machine-Type Communication (mMTC). Alle Szenarien dienen unterschiedlichen Anwendungsbereichen: MMTC dient Anwendungen, bei denen eine geringe Stromaufnahme und eine große Anzahl angeschlossener Geräte erforderlich sind, eMBB ist bandbreitenorientiert und URLLC unterstützt Anforderungen von Industrial-IoT-Anwendungen wie niedrige Latenzzeiten bei bestmöglicher Zuverlässigkeit.

 Profinet-Kommunikation über ein privates 5G-Netzwerk ermöglicht den Einsatz einer zentralen Steuerung für mehrere mobile Teilnehmer und reduziert Energie- und Wartungsaufwände erheblich.
Profinet-Kommunikation über ein privates 5G-Netzwerk ermöglicht den Einsatz einer zentralen Steuerung für mehrere mobile Teilnehmer und reduziert Energie- und Wartungsaufwände erheblich.Bild: Siemens AG

Private 5G-Netzwerke und industrielle Echtzeitübertragung

Die Zuverlässigkeit, Latenzzeiten und Kontrolle über ein 5G-Netzwerk lässt sich drastisch verbessern, indem Unternehmen eigene, lokale 5G-Netze aufbauen und sie an ihre betriebskritischen Anwendungen anpassen. Die deutsche Bundesnetzagentur hat für diesen Zweck einen Teil des Frequenzspektrums für die Nutzung in privaten, lokalen 5G-Netzen reserviert. Dieses Spektrum kann man für einen geringen Betrag zur lokalen Nutzung beantragen. Durch diese privaten 5G-Infrastrukturen kann das vorhandene Spektrum exklusiv genutzt werden, was sich positiv auf die Leistungsfähigkeit des Netzwerkes auswirkt und beispielsweise zeitkritische Anwendungen ermöglicht.

Der aktuell am Markt verfügbare Standard der 5G-Technologie entspricht dem 5G Release 15. Eine aktuelle Herausforderung ist dabei, dass wichtige Elemente wie das URLLC-Szenario erst zukünftig mit dem Release 16 eingeführt werden. Unternehmen arbeiten jedoch schon heute mit privaten 5G-Netzwerken, um deren Vorteile nutzen zu können, und möchten diese auch für ihre industriellen Echtzeit-Protokolle wie Profinet IO verwenden. Dabei stehen sie vor einer Herausforderung, da die aktuelle Infrastruktur mit Release 15 keine Layer-2-Kommunikation des OSI-Schichtenmodells, welche Frame basiert ist, übertragen kann. Erst die darüber liegende Schicht, Layer-3 mit Datenpaketen (TCP und UDP), wird unterstützt. Damit ist es z.B. möglich, auf interne Konfigurations-Webseiten zuzugreifen, beispielsweise das Web-based Management von Geräten oder auch OPC-UA- oder MQTT-Kommunikation aufzubauen. Profinet IO kann damit jedoch nicht nativ genutzt werden, da dieses eine Layer-2-Verbindung benötigt, welche erst mit Release 16 im 5G-Standard unterstützt wird.

 Der 5G-Router Scalance MUM856-1 von Siemens ermöglicht die Übertragung von Profinet-Kommunikation über 5G.
Der 5G-Router Scalance MUM856-1 von Siemens ermöglicht die Übertragung von Profinet-Kommunikation über 5G.Bild: Siemens AG

Profinet-Kommunikation über 5G

Mittels neuer Übermittlungstechnologien, die z.B. in den Scalance Produkten von Siemens eingesetzt wird, lässt sich jedoch schon heute Profinet IO in privaten 5G-Netzwerken nutzen. Das gelingt durch die Nutzung des VXLAN (Virtual Extensible LAN) Protokolls. VXLAN ist ein Protokoll, welches vereinfacht betrachtet, logische Layer-2-Kommunikation in Layer-3-Pakete einbettet. Damit ist es möglich, über Netzwerkgrenzen hinweg, wie in gerouteten Layer-3-5G-Infrastrukturen, Layer-2-Protokolle transparent zu übertragen. Aus diesem Ansatz ergeben sich völlig neue Möglichkeiten. So können beispielsweise mehrere Fahrerlose Transportsysteme (FTS) mittels einer Simatic S7-1500 Steuerung zentral gesteuert werden. Dabei wird Profinet IO als Protokoll zwischen der Simatic S7-1500 und der dezentralen Peripherie Simatic ET 200 SP auf dem FTS verwendet. Das Herzstück der Kommunikation bildet dabei eine private Release 15 5G-Infrastruktur, an welche der 5G-Router Scalance MUM856-1 angeschlossen sind. Die Infrastruktur besteht dabei aus dem 5G-Core, welcher das komplette Netzwerk und den Datenverkehr verwaltet, der Central Unit (CU), welche das Funknetzwerk verwaltet, der Distributed Unit (DU), welche das digitale Funksignal aufbereitet, und der Radio Unit (RU), welche das Funksignal letztendlich über Antennen aussendet.

Die Besonderheit an diesem Netzwerk ist jedoch, dass ein VXLAN-Tunnel zwischen dem 5G-Router und einer Security Firewall Scalance SC-600 besteht, die zwischen der Steuerung und dem 5G-Core angebunden ist. Die beiden Geräte ver- und entpacken mit Hilfe von VXLAN die Profinet-Pakete und ermöglichen damit die drahtlose Profinet-Kommunikation zwischen Steuerung und dezentraler Peripherie. Diesen Tunnel darf man jedoch nicht mit klassischen VPN-Tunneln verwechseln, da hier durch das VXLAN-Protokoll keine zusätzliche Verschlüsselung erfolgt, es findet lediglich eine Verpackung der Pakete statt. Mittels des VXLAN-Tunnels sind die Netzwerke der zwei FTS mit den ET 200SPs und die zentrale S7-1500 Steuerung im gleichen virtuellen Layer-2-Netzwerk und es kann erstmalig das Profinet-IO-Protokoll oder auch andere Layer-2-Protokolle für die Kommunikation über ein 5G-Netzwerk genutzt werden. Zu beachten ist hierbei, dass ähnlich wie bei anderen drahtlosen Technologien die Aktualisierungszeiten und Übermittlungs-Wiederholungen der Profinet IO Pakete an die Leistungsfähigkeit des Funknetzwerkes angepasst werden müssen, um die Deterministik und Echtzeitfähigkeit zu wahren. Mit dem Fortschreiten der 5G-Releases wird sich die Leistungsfähigkeit jedoch weiter verbessern.

Reduzierung von Energieund Wartungsaufwänden

Durch die Nutzung von zentraler Profinet-IO-Kommunikation kann auf den FTS eine dezentrale Peripherie verwendet werden und es muss keine lokale Steuerung zum Einsatz kommen. Dies führt zu Platz, Kosten, Energie- und Wartungsaufwand-Einsparungen. Mittels eines steuerbaren digitalen Ausgangs des Scalance MUM 5G-Routers kann über ein separates Relais das komplette FTS stromlos geschaltet werden, um zusätzlich zu Pausenzeiten Energie zu sparen. Bei längeren geplanten Stillstandzeiten kann auch zusätzlich der 5G-Router in einen Tiefschlafmodus versetzt werden, in dem dann der Stromverbrauch auf ein absolutes Minimum sinkt.

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