Die Qual der Wahl?

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Speziell 5G verspricht die Tür zu verbesserter Konnektivität und neuen Nutzungsmöglichkeiten von funkbasierten Anwendungen weit aufzustoßen und die neuen Optionen in den industriellen Sektor hineinzutragen. Höhere Downloadgeschwindigkeiten und Bandbreite, geringere Latenz und – wenn die technischen sowie räumlichen Voraussetzungen stimmen – umfangreichere Abdeckung und Möglichkeiten der Vernetzung klingen vielversprechend gerade im Hinblick auf Themen wie KI, Virtual Reality, autonomes Fahren, IoT und Industrie 4.0. Und während selbst die flächendeckende Implementierung von 5G sowie der Aufbau der nötigen Infrastruktur noch lange nicht abgeschlossen sind, steht bereits 6G in den Startlöchern.

Dennoch lohnt sich bei vielen Anwendungen ein Blick, ob eine 5G-Implementierung wirklich sinnvoll ist. Denn nicht immer ist es im Hinblick auf Performance, Markteinführungszeit und Investition die ideale Lösung und andere Funkstandards oder sogar die Kombination aus mehreren Kommunikationstechnologien machen in vielen Fällen mehr Sinn. Bei der Überprüfung der jeweiligen Anforderungen hinsichtlich Reichweite, Frequenz und Datenübertragungsrate sind auch Eigenschaften wie Sicherheit, Zuverlässigkeit sowie nicht zuletzt Leistungsaufnahme und Kostenfaktoren zu berücksichtigen. Im Spannungsfeld von Energieeffizienz, großer Reichweite und Geschwindigkeit müssen für gewöhnlich Abstriche gemacht und es muss entschieden werden, was zu priorisieren ist.

WWAN (Wireless Wide Area Network) Systeme für den industriellen Einsatz lassen sich grob in zwei Gruppen aufteilen, je nachdem, ob sie in Bezug auf Energieeffizienz oder Datenrate ausgelegt sind. Zu Systemen, die auf eine möglichst hohe Datenrate ausgerichtet sind, zählt der klassische Mobilfunk wie LTE und 5G. Zu WWAN Systemen, die ihren Fokus auf Energieeffizienz haben, zählen LPWAN (Low-Power Wide Area Network)-Standards wie z.B. LoRaWAN und Mioty.

 Vergleich von LPWAN-Systemen (z.B. LoRaWAN und Mioty) 
und Mobilfunksystemen (LTE und 5G)
Vergleich von LPWAN-Systemen (z.B. LoRaWAN und Mioty) und Mobilfunksystemen (LTE und 5G)Bild: Heitec AG

LoRaWAN

LoRaWAN (‚Long Range Wide Area Network‘) ist eine Form der Datenübertragung, die zu den LPWAN-Technologien gehört, da der Fokus auf einer möglichst geringen Leistungsaufnahme bei dennoch hoher Reichweite liegt und die mögliche Datenrate sekundär ist. Dies gelingt bei einer geringen Bandbreite von unter 250kHz durch die Verwendung einer proprietären Modulation die als LoRa bezeichnet wird. In Städten ist eine Reichweite von bis zu 5km, in ländlichen Gebieten bis zu 15km möglich. Neben der reinen Signaldämpfung über die Distanz wird die Reichweite auch signifikant von Störquellen in der Umgebung beeinflusst. Eine wesentliche Eigenschaft von LoRaWAN-Funkbausteinen ist die Separierung von Bandbreite und Bitrate. So kann ein Spreizfaktor und eine Bandbreite unabhängig voneinander gewählt werden, um die für die Anwendung passende Kombination zu nutzen. Allerdings stehen nicht alle Kombinationen überall auf der Welt zu Verfügung. Bei Nutzung der LoRa-Modulation ergibt sich dadurch eine nominale Bitrate von 250Bit/s bis 321,9kBit/s. Je näher ein LoRaWAN-Modul an der Antenne des Gateways ist, umso weniger Zeit und somit Energie sind notwendig, um die Nachricht zu senden, da auch bei hohen Datenraten die Pakete noch empfangen werden können. Bei weiter entfernten Empfängern muss ein größerer Spreizfaktor genutzt werden, um die Störfestigkeit und damit auch die Reichweite zu erhöhen. Bei LoRaWAN-Systemen kann, ähnlich wie im Mobilfunk, auf Basisstationen von Providern zurückgegriffen werden. Dadurch sinkt der initiale Aufwand bei der Einrichtung eines LoRaWAN-Systems, dafür fallen regelmäßige Kosten für die Nutzung der Providernetze an. Da die genutzten Frequenzen lizenzfrei sind, ist es ebenfalls möglich, selbst eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen. Das erhöht die initialen Kosten, dafür hat der Anwender volle Kontrolle über das Netz und auch die darüber verschickten Daten.

Mioty

Als weitere LPWAN-Technologie wurde Mioty als softwarebasiertes Protokoll entwickelt. Genauso wie LoRaWAN ist es auf die Übertragung kleiner Datenpakete über große Distanzen bei geringer Leistungsaufnahme ausgelegt. Auf technischer Ebene setzt es sich von LoRaWAN durch die Verwendung einer anderen Modulation und einer geschickten Aufteilung der Daten in Sub-Pakete ab, was in der Praxis deutliche Vorteile bietet. Dadurch, dass Mioty eine reine Softwarelösung ist und auf gewöhnlicher MSK-Modulation basiert, kann auf eine Vielzahl von kompatiblen Hardwarekomponenten zurückgegriffen werden. Gerade in Zeiten der Allokation ist dies ein großer Vorteil gegenüber anderen Verfahren, die an bestimmte Hardwarehersteller gebunden sind. Das Aufteilen eines Datenpakets auf mehrere Sub-Pakete, welche dann sowohl zeitlich als auch bei der Frequenz versetzt übertragen werden (auch als Telegramm Splitting bezeichnet) führt zu einer sehr guten Störfestigkeit von Mioty. Diese gute Störfestigkeit gilt zum einen gegenüber anderen Systemen – da lizenzfreie Frequenzen genutzt werden, können beliebig viele andere Anwender diese Frequenzen mit anderen Systemen ebenfalls nutzen – und zum anderen auch zwischen verschiedenen Mioty-Sendern. So stören sich, anders als bei LoRaWAN, auch eine sehr hohe Anzahl von Mioty-Sendern nicht gegenseitig. Die gute Störfestigkeit erlaubt auch eine Übertragung von Daten über größere Reichweiten als mit anderen Systemen bzw. erhöht, je nach Anwendungsfall, das zur Verfügung stehende Link-Budget. Da Mioty verhältnismäßig jung ist, besteht noch keine umfangreiche Netz-Infrastruktur, wie sie bei LoRaWAN vorhanden ist. Allerdings können auch hier eigene Stationen mit sehr großer Abdeckung aufgebaut werden, wodurch der initiale Invest gering gehalten wird. Mioty erzielt Reichweiten von in der Regel bis zu 15km, teilweise auch mehr, und ermöglicht mehr als eine Million Geräte pro Basisstation sowie bis zu 1,5 Millionen Nachrichten/Tag. Sicherheit, Störfestigkeit, Batterielebensdauer und Kosteneffizienz von LPWAN-Netzen werden damit deutlich verbessert, was neue Anwendungsfelder in fordernden Umgebungen erschließt.

NB-IoT

NB-IoT zählt ebenfalls zu den LPWAN-Netzen, ist aber fundamental anders konzipiert als LoRaWAN und Mioty. NB-IoT nutzt keine lizenzfreien Frequenzspektren, sondern nutzt, als von LTE abgeleiteter Standard, Frequenzen aus dem Mobilfunk. Dies führt dazu, dass diese Frequenzen exklusiv von einem Mobilfunkprovider genutzt werden dürfen. Dadurch ist die Anzahl der Störer begrenzt. Gleichzeitig besteht so allerdings auch eine Abhängigkeit von den Providern und es fallen regelmäßige Kosten für die Nutzung an. Auch kann beispielsweise die Netzabdeckung nicht durch eigene Stationen verbessert werden. In anderen Aspekten unterscheidet sich NB-IoT von LoRaWAN und Mioty ebenfalls und es kann in den meisten Fällen als Zwischenlösung zwischen LoRaWAN und Mioty auf der einen sowie LTE und 5G auf der anderen Seite gesehen werden. So werden in der Regel eine geringere Latenz und eine etwas höhere Datenrate als bei LoRaWAN und Mioty erreicht, dafür ist die Leistungsaufnahme höher. Zudem muss vor der Kommunikation zwischen Sender und Basisstation ein Handshake zwischen diesen stattfinden. Während dies bei einem ortsfesten Sender kein Problem darstellt, muss es bei einem beweglichen Sender häufiger stattfinden, wodurch die Leistungsaufnahme signifikant erhöht wird.

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