Digitaler Zwilling: ein wettbewerbsrelevanter Faktor

Damit Unternehmen den bereits bestehenden und geplanten Gesetzespflichten nachkommen können, müssen sehr viele unterschiedliche Informationen in einem harmonisierten Format digital bereitgestellt werden. Eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung spielen Datenstandards, die dazu beitragen, dass verschiedene Systeme und Anwendungen reibungslos miteinander kommunizieren können. Eclass ist ein Beispiel für einen Datenstandard, der in der Industrie eingesetzt wird, um den Austausch von Produktdaten zu erleichtern und damit Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken. Hierzu bemerkt Markus Reigl, Vorstandsvorsitzender bei Eclass und Direktor technische Regulierung bei Siemens: „Die Auswirkungen und Anforderungen der neuen Gesetzgebung für die deutsche Industrie sind gravierend. Allerdings fangen die meisten Unternehmen nicht bei Null an. Die vielfach vorhandenen ERP- oder PLM-Software-Systeme sind schon einmal eine gute Grundlage für das Datenmanagement. Der Schlüssel liegt nun darin, einen digitalen Zwilling managen zu können – von Produkten, von Materialien, aber auch von dynamischen Prozessen, und dies über den gesamten Lebenszyklus. Der digitale Schatten eines Produktes muss immer mit dem realen Produkt Schritt halten können.“ Für die Erstellung dieses digitalen Schattens oder Zwillings gibt es unterschiedliche Konzepte. Der bekannteste und wohl auch ausgereifteste Ansatz ist derjenige der Plattform Industrie 4.0., der auf der sogenannten Verwaltungsschalen (oder Englisch Asset Administration Shell) basiert. Im Baubereich etabliert hat sich zudem das Building Information Modelling, kurz BIM. Dabei stelle die Existenz unterschiedlicher Konzepte nicht das eigentliche Problem dar. „Es wird darauf ankommen, dass diese unterschiedlichen digitalen Zwillinge untereinander insofern kompatibel sind, dass sie relevante Informationen und Wissensbestände über die Produkte, die sie repräsentieren, mit Hilfe einer gemeinsamen Semantik untereinander austauschen können. Ohne diese Kompatibilität wird es es zu Silolösungen kommen, die dann in komplexen Wertschöpfungsketten zu Chaos führen und hohe Transaktionskosten verursachen. Genau deshalb gibt es Normen und Standards, die dafür sorgen, dass die Beschreibungssystematiken und Modelle für die unterschiedlichen digitalen Zwillinge eineinheitlich genutzt werden“, so Reigl weiter. Eclass ist ein solcher Standard, mit dem Merkmale wie Gewicht, geometrische, elektrische und mechanische Eigenschaften, Funktionseigenschaften, Zertifikate, aber eben auch umweltkennzifferbezogene Merkmale wie der CO2-Fußabdruck eineindeutig festgelegt werden können.

Chancen- statt Problembetonung

Bei Siemens gebe es mittlerweile mehr als 30 Mitarbeitende, die sich nur damit beschäftigten, wie die Datenlandschaft entsprechend diesen Anforderungen aufbereitet werden kann. Markus Reigl: „In den letzten ein bis zwei Jahren sind wir bei Siemens dazu übergegangen, statt der Probleme die Chancen der neuen Berichtspflichten zu fokussieren. Denn es bestehen dadurch durchaus Möglichkeiten, am Markt und im Wettbewerb bessere Angebote machen zu können. In Zukunft wird ein entscheidender wettbewerbsrelevanter Faktor sein, nicht nur hochwertige Produkte zu einem vernünftigen Preis anzubieten, sondern auch einen digitalen Zwilling mitzuliefern, der Kunden die zuvor genannten Informationen bereitstellt. Wer das zukünftig nicht kann, scheidet aus dem Wettbewerb aus.“

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