Bremsen für schwebende Blütenblätter

Die Installation 'Petalclouds' ist das künstlerische Highlight des neuen Terminal 4 am Changi Airport in Singapur.
Die Installation 'Petalclouds' ist das künstlerische Highlight des neuen Terminal 4 am Changi Airport in Singapur.

Sanfte Musik ertönt. Langsam setzen sich hoch über den Betrachtern 96 Aluminiumelemente in Bewegung – die Ringe sind der Form von Orchideenblättern nachempfunden. Im Rhythmus der Musik bewegen sie sich weich und präzise aufeinander abgestimmt, bilden immer neue Formen. Klingt nach Kunst? Ist es auch. Allerdings ist die Installation ‚Petalclouds‘ nicht in einem Museum zu bestaunen, sondern im Terminal 4 des Changi Airports in Singapur. Der Flughafen hat das neue Gebäude im Oktober 2017 eröffnet, seit 2018 ist auch das bewegliche Kunstwerk als Herzstück des künstlerischen Konzepts in Betrieb. Ein stilisiertes Orchideenblütenblatt zieht sich als roter Faden durch die Gestaltung des gesamten Terminals. Daher stammen auch die Form der Elemente und der Name des Kunstwerks, der übersetzt so viel heißt wie ‚Wolken aus Blütenblättern‘.

Künstlerisches Schwergewicht Was in der Central Galleria des neuen Terminals leicht und luftig aussieht, ist technisch gesehen ein Schwergewicht: Bei einer Länge von 200m und einem Gewicht von immerhin 40kg pro Element bewegen sich insgesamt rund 4t Stahl und Aluminium über den Fluggästen. Jedes Element ist an vier dünnen Stahlseilen aufgehängt. Pro Blütenblatt sorgen zwei Servomotoren mit Seilwinden für die fließenden Bewegungen nach einer vorgegebenen Choreografie. Die Steuerung ist im regulären Betrieb auch Sache der Motoren – dennoch ist jeder einzelne für alle Fälle mit einer Not-Stopp-Bremse ausgerüstet. Hier kommt die Roba-Stop-M-Baureihe von Mayr Antriebstechnik zum Einsatz, zwei Bremsen pro Seilwinde. Für eine reibungslose Ansteuerung wird jede Seilwinde von einem Roba -SBCplus Steuermodul versorgt. Die SBCplus Module sind hier besonders geeignet, da sie für Sicherheitsanwendungen ausgelegt sind. Es kommt also nicht zu einem Kulturbruch, wenn sie mit speziellen Sicherheits-SPS kombiniert werden. Durch die vollelektrische Funktionsweise verzichtet die SBCplus auf mechanische Bauteile – ein großes Plus für die Zuverlässigkeit. Außerdem machen die Module eine kompakte Bauweise möglich. Jede SBCplus steuert bei den Petalclouds zwei Bremsen an, damit sind ihre beiden Kanäle voll ausgenutzt. Das Ergebnis: Wenig Volumenbedarf im Schaltschrank und ein platzsparender Aufbau der Steuerelektrik. Ein weiterer Vorteil der Module: Sie können die Lüftüberwachung der Bremsen auswerten und liefern so jederzeit Informationen darüber, ob die Bremsen geöffnet oder geschlossen sind. Die Motoren laufen nur, wenn die Bremsen geöffnet sind, teure Schäden am Antrieb lassen sich so von vorne herein vermeiden.

Der Entwurf für die Installation stammt von den Berliner Art+Com Studios. Die MKT AG aus Olching bei München hat die Vision von Art+Com in eine TÜV-geprüfte Anlage umgesetzt und die gesamte Fertigung, Montage und Inbetriebnahme durchgeführt. Die nötigen Stahlbauten, um die kinetische Skulptur ins Gebäude zu integrieren, wurden von der Takenaka Corporation aus Japan übernommen. Diplom-Ingenieur Werner Riebesel, bei MKT AG verantwortlich für das Projekt, schildert eine der größten Herausforderungen: „Wir haben in den Petalclouds hunderte von Sicherheitselementen verbaut. Die Schwierigkeit dabei war, die Anlage stabil laufen zu lassen, ohne dass die Safety-Komponenten mit Fehlalarmen alles stilllegen. Das war besonders wichtig, weil wir das Projekt ja in Singapur installiert haben – da kann man nicht wegen jedes kleinen Problems einfach hinfahren.“

Keine Kompromisse bei der Sicherheit Die Sicherheitselemente müssen für diesen Fall also ganz besonders zuverlässig sein. Das ist auch deshalb dringend nötig, weil die Installation nicht in einem abgeschirmten Bereich montiert ist. Sie schwebt über den Passagieren unter der 25m hohen Decke der Central Galleria. Sollte eines der Blütenblätter außer Kontrolle geraten und abstürzen, wäre die Verletzungsgefahr in dem hoch frequentierten Bereich enorm. Daher setzte MKT AG bei seinem Sicherheitskonzept auf Bremsen von Mayr Antriebstechnik – schließlich gibt es bei der Sicherheit keine Kompromisse.

Die elektromagnetischen Roba-Stop-M-Federdruckbremsen arbeiten nach dem Fail-Safe-Prinzip, das bedeutet, sie sind ausfallsicher. Sie sind im stromlosen Zustand, also auch bei Stromausfall oder Not-Aus, geschlossen. Wird der Strom eingeschaltet, baut sich in den Bremsen ein Magnetfeld auf. Die Ankerscheibe wird dadurch gegen den Federdruck an den Spulenträger gezogen. Der Rotor ist damit frei, d.h. die Bremse ist gelüftet. Der Motor kann frei durchlaufen, der Seilzug kann ohne Behinderung in beide Richtungen arbeiten. Bei Fehlerzuständen wie Stromausfall oder Not-Aus greifen die Roba-Stop-M-Bremsen sofort ein und bringen den Seilzug innerhalb kürzester Zeit zuverlässig zum Stillstand. Ein weiterer Vorteil für sicherheitskritische Anwendungen: Auch bei einer Beschädigung der Bremse, verursacht beispielsweise durch Kabelbruch oder Ausfall der Magnetspule, bleibt das Bremsmoment erhalten.

Kompakt und funktionssicher Die Roba-Stop-M-Bremsen können auch in Bezug auf Betriebssicherheit und Wartungsfreundlichkeit im Vergleich zu zahlreichen anderen Federdruckbremsen entscheidend punkten. Sie zeichnen sich durch eine geschlossene Bauform und die damit verbundene hohe Schutzart IP54 bzw. IP65 in abgedichteter Ausführung aus. Ausgelegt für eine Einschaltdauer von 100 Prozent sind die Roba-Stop-M-Bremsen wartungsfrei auf Lebensdauer der Reibbeläge. Ihr kompakter und funktionssicherer Aufbau ermöglicht eine schnelle und kostengünstige Montage. Durch den konstruktiv vorgegebenen, geprüften und unveränderbaren Arbeitsluftspalt werden zudem Montage- und Einstellfehler vermieden. Die variable Federbestückung für verschiedene Drehmomente macht die Sicherheitsbremsen darüber hinaus besonders flexibel.

Bremsentechnologie 4.0 schützt Fluggäste Bremsen müssen zuverlässig höchste Betriebssicherheit gewährleisten. Dafür achtet das Mayr auf eine sorgfältige Qualitätskontrolle: Dazu gehören qualitätssichernde Maßnahmen während des Konstruktionsprozesses sowie eine umfassende Endprüfung. Vor Auslieferung werden alle Bremsen ausführlich auf Prüfständen getestet und funktionsrelevante Werte dokumentiert. Eine elektronische Datenbank, in der die Messwerte zusammen mit den dazugehörigen Seriennummern eines Produkts archiviert werden, gewährleistet dabei eine 100-prozentige Rückverfolgbarkeit. Sorgfältige Tests und Kontrollen sind zentraler Bestandteile des Sicherheits-Verständnisses des Allgäuer Unternehmens: Sie stellen sicher, dass im Katalog angegebene Werte auch zuverlässig erreicht werden. Zusammen mit dem technologisch führenden Reibsystem und der sicheren Ansteuerung entsteht so ein perfekt abgestimmtes Gesamtsystem – eben Bremsentechnologie 4.0. www.mayr.com

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