Innovative Antriebstechnik nachhaltig fertigen

Jürgen Siefert, CEO von Schneider Electric Automation in Lahr (links) zeigt [me]-Chefredakteur Frank Nolte den Innovation Hub.
Jürgen Siefert, CEO von Schneider Electric Automation in Lahr (links) zeigt [me]-Chefredakteur Frank Nolte den Innovation Hub.

Welche Bedeutung hat der Standort in Lahr für Schneider Electric?

Jürgen Siefert: Als Herzstück der Maschine spielen die Motoren und die Robotik von Schneider Electric eine entscheidende Rolle in der Automatisierungsbranche. Deshalb sind die Antriebstechnik und der Standort Lahr von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Unternehmens. Der Standort Lahr ist nicht nur eine Produktionsstätte, sondern ein vielseitiger Standort, der alles umfasst, von der Forschung und Entwicklung über das Marketing und die Produktion bis hin zum After-Sales-Service. Als Anerkennung für die digitale Transformation, die wir in den vergangenen Jahren hier umgesetzt haben, wurde der Standort 2018 zu einer der Smart Factories Europas ernannt. Seitdem ist zum Beispiel ein fahrerloses Transportsystem in Betrieb, das die Waren autonom von einem Ort zum anderen transportiert. Dank seiner guten Vernetzung und Struktur konnte der Standort auch während der Covid-19-Krise weiter Motoren produzieren, wenn auch in geringerem Umfang. Jetzt werden wieder 16.000 verschiedene Varianten in kleinen Losgrößen produziert, wobei der Schwerpunkt weiterhin auf innovativer Produktion und Digitalisierung liegt. Augmented und Virtual Reality-Tools sowie ein Lean Digitalization System werden zur Überwachung der Produktivität in den Produktionslinien eingesetzt.

Schneider Electric hat sich schon lange der Energieeffizienz und der Nachhaltigkeit verschrieben. Wie wird das hier in Lahr umsetzt?

Das stimmt, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit liegen uns sehr am Herzen, das zeigt sich auch im Betrieb des Standorts Lahr. Das Unternehmen nutzt konsequent die Digitalisierungs-Tools von Schneider Electric, wie den EcoStruxure Resource Advisor, um den Energieverbrauch zu senken. So können wir zum Beispiel unnötigen Energieverbrauch identifizieren und korrigieren, was zu erheblichen Energieeinsparungen führt. Schneider Electric DACH hat zudem Schritte unternommen, um die Firmenwagenflotte zu elektrifizieren. Auf dem Ladepark wurden Photovoltaikmodule installiert, um Strom zu erzeugen. Wegen der Last können wir leider keine PV-Module auf das Dach unserer Gebäude setzen.

Und wie sieht es mit Ihren Produkten aus?

Auch rund um unsere Produkte achten wir auf Nachhaltigkeit. Das fängt bei der Verpackung an. So haben wir 2023 die Kartonverpackungen auf ungebleichte Kartonagen umgestellt. In diesem Jahr wollen wir die komplette Folienverpackung der Motoren substituieren.

Aber auch unsere Produkte fertigen wir so, dass sie recycelt werden können. Wir reparieren hier in Lahr schon seit mehr als 30 Jahren Motoren. Anschließend werden sie von uns pulverbeschichtet und sind quasi wie neu. Auch das war übrigens ein Pluspunkt für uns in der Lieferkrise.

Zudem setzen wir konsequent auf Kreislaufwirtschaft und recyceln viele Komponenten. Dementsprechend ist unsere Entwicklung angehalten, möglichst viele nachhaltige Komponenten zu verwenden und die Produkte so zu designen, die man reparieren und recyceln kann.

Der Standort hier in Lahr ist ohne Kurzarbeit durch die Coronakrise gekommen. Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit Ukraine-Krieg, Lieferengpässen, Energiekosten immer noch recht herausfordernd. Was erwarten Sie für die nähere Zukunft?

Bezüglich des wirtschaftlichen Umfelds erwarten wir, dass im zweiten Halbjahr eine Besserung eintritt. Zudem ist die Zukunftssicherung durch neue Produkte ein großes Thema bei uns. Wir befinden uns gerade in einem Innovationszyklus, bei dem wir viele unserer Produkte erneuern, wie Antriebe mit integrierter Elektronik, aber auch eine neue Motorgeneration.

Unsere Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsteams arbeiten eng zusammen, um schnell und flexibel auf Kundenwünsche reagieren zu können. Die meisten unserer Kunden sind Erstausrüster (OEMs), und unsere Losgrößen sind mit durchschnittlich zehn Einheiten relativ klein. Tatsächlich entfallen 40 Prozent unserer Aufträge auf Losgrößen von nur einer Einheit. Um unseren Entwicklungsprozess zu rationalisieren, verwenden wir 3D-Drucker, um Prototypen zu produzieren und ihre Machbarkeit zu prüfen, bevor wir fortfahren.

Außerdem haben Sie hier einen Innovation Hub. Was hat es damit auf sich?

Richtig, hier in Lahr wurde der erste Innovation Hub in Deutschland angesiedelt. Hier werden praktische Anwendungen gezeigt, die die Fähigkeiten unseres breiten Produktportfolios demonstrieren, von Klemmen und Sensoren über Antriebs- und Steuerungstechnik bis hin zu Software. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Museum oder Ausstellungsraum ist der Innovation Hub ein aktiver Raum, in dem Besucher die neueste Technologie in der Praxis sehen, anfassen und mit ihr interagieren können. In Kürze werden wir eine Demo des Multi-Carrier zeigen, der hier hergestellt wird.

Was ist so besonders an dem Produkt?

Der Multi-Carrier Lexium MC12 ist ein hochmodernes lineares Transportsystem, das für die Umsetzung einer sehr flexiblen und wandelbaren Produktion entwickelt wurde. Hierzu bewegen sich die Transportwagen (die ‚Carrier‘) unabhängig voneinander auf Führungsschienen und ermöglichen so die Realisierung individueller und flexibler Bewegungsprofile, kürzere Durchlaufzeiten und kompaktere Maschinenkonstruktionen. Allein das Magnetfeld hält die Wagen mit einer Anziehungskraft von 380N auf der Schiene und sorgt für eine Präzisionspositionierung von 0,03mm auf geraden Linien und 0,05mm in Kurven. Sämtliche Carrier können zudem mit je einem individuellen Bewegungsprofil über den Track bewegt werden und sind dazu in der Lage, bis zu 2,2kg an Nutzlast zu tragen. Lexium MC12 ist Bestandteil der Automatisierungsplattform PacDrive 3 und damit vollständig in die IIoT Architektur EcoStruxure Machine von Schneider Electric integriert. Für Planung, Simulation, Programmierung und Inbetriebnahme steht die einheitliche Softwareplattform EcoStruxure Machine Expert zur Verfügung, mit der es möglich ist, bereits zu einer sehr frühen Phase der Entwicklung ein virtuelles Abbild der Maschine zu erhalten.

Was tut sich denn sonst noch produkttechnisch in der Antriebstechnik bei Schneider Electric?

Ende des Jahres werden wir eine ganz neue Generation an Servoantrieben auf den Markt bringen. Sie basiert auf einem Baukastensystem, welches viele Varianten zulässt, aber die Komplexität reduziert. Leider können wir zu diesem Zeitpunkt noch keine technischen Details bekanntgeben. Jedenfalls ist sicher, dass wir auch beim Thema Antriebstechnik unsere gesamte Innovationskraft investieren, um die Grenzen des technisch Möglichen im Sinne unserer Kunden beständig zu erweitern.

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