Mit Drive und KI sortiert

Die Aufnahmen werden per KI ausgewertet und der Ball entsprechend typisiert.
Die Aufnahmen werden per KI ausgewertet und der Ball entsprechend typisiert.
 Die Aufnahmen werden per KI ausgewertet und der Ball entsprechend typisiert.
Die Aufnahmen werden per KI ausgewertet und der Ball entsprechend typisiert.Bild: Easy Lakeballs

Jeder Golfer kennt die Situation, dass ein unglücklich getroffener Ball nicht auf dem Fairway oder Grün landet, sondern im nächstgelegenen Wasserhindernis. Dort sammeln sich sehr schnell viele tausend Golfbälle, die teilweise nur ein oder wenige Male gespielt wurden und in makellosem Zustand sein können. Besonders in den USA und Großbritannien, wo der Golfsport weit verbreitet und die Golfplatzdichte viel höher als in Deutschland ist, schlummern Unmengen an Bällen in den Seen und Tümpeln. Professionelle Taucher sind weltweit auf den Golfplätzen unterwegs, um diese Bälle zu bergen.

Die Firma Easy Lakeballs aus Wiesbaden hat sich darauf spezialisiert, diese Golfbälle zu sammeln, zu reinigen, zu sortieren und anschließend wieder in den Verkauf zu bringen. Bis zu 3,5 Millionen Bälle werden auf diesem Wege einer weiteren Verwendung zugeführt. Insbesondere bei Low-Handicap-Spielern oder bei Anfängern sind die Bälle sehr beliebt, verabschiedet sich doch gerade bei den ersten Golfrunden immer wieder ein Ball im Wald oder eben erneut im Wasserhindernis, was auf Dauer mit erheblichen Kosten verbunden sein kann.

Gerade der Sortierprozess nach Marken und anschließend markenspezifischer Typen ist ein sehr personalintensiver Prozess. Um hier dem auch in diesem Bereich vorherrschenden Arbeitskraftmangel entgegenzuwirken, hat sich Easy Lakeballs dazu entschieden, mit der Aufgabenstellung des automatischen Sortierens den Markt zu sondieren. Letztlich fand man mit Meprovision, einem Sonderlösungsanbieter im Bereich optischer Prüfung und Identifikation aus dem saarländischen Dillingen, den passenden Partner, um das Projekt von Seite der Erkennung umzusetzen.

 Separierter Transport via Fördergurt und per Blasedüse ab ins richtige Rohr
Separierter Transport via Fördergurt und per Blasedüse ab ins richtige RohrBild: Easy Lakeballs

Automatisierung mit Bildverarbeitung und KI

Nach intensiver Studie und langen Abwägungen hinsichtlich der Machbarkeit war klar, dass dieses Projekt nur unter Einsatz einer projektspezifischen künstlichen Intelligenz lösbar sein wird. Hinzu kam die Herausforderung, die Bälle den Kameras so zu präsentieren, dass die entsprechenden Merkmale (Marken- oder Typeninformation) mit hoher Wahrscheinlichkeit auch sichtbar sein werden. Nachdem man mit Zebra Aurora Vision Studio das richtige Produkt zum Umsetzen der KI gefunden hatte, war schnell klar, dass Minitec, als langjähriger Partner von Meprovision, den Zuschlag zur Entwicklung und zum Bau der notwendigen Automatisierungstechnik und Mechanik erhält.

Gemeinsam wurde ein Transportkonzept entwickelt, welches die Bälle mit Hilfe eines Segementförderers auf einer Schiene entlangführt. Drei 12MP-Farbkameras erfassen von jedem Ball insgesamt neun Bilder, aus denen dann das Einzelergebnis je Ball ermittelt wird. Nach diesem Verfahren entstand eine KI auf Basis von rund 50.000 Bildern, die projektspezifisch erfasst und in aufwendigem Verfahren trainiert wurden. Die Anlage ist damit in der Lage, insgesamt rund 20 Marken und je Marke wiederum bis zu 30 unterschiedliche Typen zu erkennen.

Herausfordernder Sortierprozess

Der Sortierprozess verläuft in zwei Stufen. Zunächst werden die Bälle, deren Zusammensetzung je Prüfauftrag völlig unbekannt ist, nach Marken sortiert. Nachdem die Markenreinheit über diesen Sortierschritt sichergestellt ist, werden dann die einzelnen Marken nach Typen, Farben oder Typenmix sortiert. Die Anlage verfügt über insgesamt 32 Sortierstellen zzgl. eines NIO-Auslasses und ist in der Lage, pro Stunde bis zu 7.000 Bälle zu verarbeiten.

Über ein Rohrsystem werden die Bälle von der Bandstrecke ausgeschleust und in unterschiedlich großen Behältertypen gesammelt. Durch einen vorgeschalteten Steigförderer mit einem Bunkervolumen von bis zu 15.000 Bällen kann die Anlage etwas mehr als zwei Stunden autark arbeiten.

Die größte Schwierigkeit in Verbindung mit der Aufgabenstellung ist die Typenvielfalt selbst innerhalb einer Klasse. So gibt es z.B. allein zehn unterschiedliche Logodarstellungen des Markenzeichens von Nike, welche sich durch Größe sowie die Kombination mit anderen Zeichen unterscheiden. Aufgrund der Vielfalt ist eine Erkennung der Logos mit regelbasierten Ansätzen undenkbar. Auch das Trainieren der KI ist sehr aufwändig, da nicht nur die Unterschiede innerhalb der Klassen sondern auch die Tatsache, dass es viele Bälle mit Logos- und Logozusätzen gibt, die nicht bekannt sind, enorm herausfordernd ist.

Konstruktion mit zahlreichen Besonderheiten

Die Konstruktion und Automation der Anlage musste Minitec auf die besondere Aufgabenstellung hin anpassen. So verfügt der Fördergurt über 88 angeschraubte Nocken, um die Golfbälle beim Transport zu separieren. Sobald ein Golfball bezüglich Hersteller und Typ identifiziert ist, wird er in den entsprechenden Behälter geblasen. Dazu wird jede Blasdüse einzeln angesteuert (32 Ventile). Die Ausschleuse-Stelle für nicht erkannte Golfbälle wird per Sensor überwacht. Dieser dient sowohl zum Zählen der „schlechten“ Bälle, als auch als Überlaufschutz, wenn die Kiste voll ist und die Bälle nicht mehr abtransportiert werden können.

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