Digitale Servicemodelle einfach realisieren

Bild: Schneider Electric GmbH

Gegenüber klassischen Servicemodellen, bei denen OEMs erst nach einem aufgetretenen Schadensfall zu einer Anlage gerufen wurden, bieten digitale Angebote klare Vorteile. Dabei folgt die Idee dahinter einer denkbar einfachen Logik: In der Maschine verbaute, IoT-fähige Geräte oder Sensoren erfassen Daten und übermitteln diese via Cloud an den OEM. Bei diesem werden die Daten mithilfe geeigneter Softwarelösungen ausgewertet und Kunden im Bedarfsfall informiert. Damit müssen Anlagenbetreiber kein eigenes Personal oder Ressourcen in das Monitoring der Anlage investieren, sondern erhalten durch speziell ausgebildete Fachkräfte des Maschinenbauers regelmäßig Auskunft über den Anlagenzustand und können Wartungen vorausschauend planen.

Verschiedene Möglichkeiten bieten sich an, die erforderlichen Daten zu erheben. Einen niedrigschwelligen Zugang ermöglichen beispielsweise handelsübliche Frequenzumrichter, die heutzutage den meisten Motoren vorgeschaltet sind. Über diese lassen sich relevante Motordaten – etwa Veränderungen beim Motorstrom – erfassen und über entsprechende Gateways zur softwarebasierten Auswertung an den OEM überstellen.

Zu den Vorreitern auf diesem Gebiet zählt etwa Schneider Electric. Bei der Lösung des Tech-Konzerns werden die über den Frequenzumrichter erfassten Messwerte nicht einfach unsortiert über ein Feldbus-Register weitergegeben, sondern automatisch geordnet und in bereits strukturierter Form an die Analysesoftware übermittelt. Herstellerunabhängige Schnittstellenspezifikationen wie das Field Device Tool (FDT) sowie spezielle Geräte-DTM (Device Typ Manager) unterstützen dabei das erforderliche Datenmapping. Die spätere Datenanalyse wird damit bereits von vorneherein erheblich vereinfacht und ermöglicht eine prinzipiell herstellerunabhängige Kommunikation zwischen Hardware und Software.

Bild: Schneider Electric GmbH

Die Daten bleiben sicher

Bei cloudbasierten Lösungen führt jedoch an einem Thema kein Weg vorbei: die Datensicherheit. Das weiß auch Niels Wessel, der bei Schneider Electric als Business Development Manager für Antriebstechnik verantwortlich ist: „Unsere Frequenzumrichter sind deshalb unter anderem „Achilles Level 2″ zertifiziert und geben ihre Daten nicht unmittelbar an ein öffentliches Netzwerk weiter.“ Noch besser ist es jedoch, sensible oder geschäftskritische Daten gar nicht erst zu erheben. Auch unter diesem Aspekt bieten sich die Motorstromdaten an. „Über unsere Lösung werden ausschließlich Informationen erfasst, die für die Instandhaltung relevant sind“, so Wessel. Zwar ließen sich mit Hilfe der Frequenzumrichter sowie der intelligenten Softwarelösung indirekt Rückschlüsse auf das Prozessgeschehen und den Anlagenzustand ziehen, doch das nur indirekt. „Ohne den passenden Interpretationsschlüssel – also die Zuordnung von Wertveränderungen zu Ereignissen in der Maschine – sind die Messwerte vollkommen uninteressant“, weiß der Manager.

Bild: Schneider Electric GmbH

Einfache Motordaten intelligent interpretieren

Hier kommen Softwarelösungen ins Spiel, wie sie beispielsweise Schneider Electric anbietet. Ausgehend von den Daten der Motorüberwachung können mithilfe einer Analyse der Motorstromsignatur (Motor Current Signature Analysis) Rückschlüsse auf den Zustand und den Betrieb von Maschinen und Anlagen gezogen werden – nicht jedoch auf geschäftskritische oder sensible Informationen. Messwerte, wie die erfassten Rückwirkungen des Motors auf das Strommuster des Frequenzumrichters, lassen sich mit speziellen Algorithmen auswerten und für das technische Personal in sinnvolle Informationen übersetzen.

Am Beispiel eines Getriebelagers lässt sich das gut illustrieren: Gewisse Änderungen beim Motorstrom lassen sich zu einem Fehlerbild aufsummieren, das mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf den Verschleiß eines mechanischen Bauteils, wie eines Lagers, hindeutet. Denn wird durch Abrieb die Bewegungsfähigkeit eines Lagers über längere Zeit beeinträchtigt, muss auch vom Motor mehr Energie für die Überwindung des mechanischen Widerstands aufgewendet werden. Diese und andere Veränderungen (auch Abweichungen vom optimalen Betriebspunkt) lassen sich granular aufzeichnen und permanent mit voreingestellten Schwellenwerten vergleichen. Sind diese überschritten, generiert die Software – je nach Grad der Überschreitung unterschiedliche – Benachrichtigungen, die etwa über eine kritische Abnutzung oder Alterung des eingesetzten Equipments informieren. Das gilt auch für die eingesetzten Antriebe selbst. Denn wird etwa eine kritische Auslöseschwelle in puncto elektrischem Widerstand überschritten, kann dies ein Anzeichen für mögliche Überhitzung sein. Mit diesen Informationen kann der Maschinenbauer den Anwender der Maschine über den gesamten Anlagenlebenszyklus bei zustandsorientierter oder sogar vorausschauender Wartung unterstützen.

Wichtige Voraussetzung für eine möglichst gewinnbringende Auswertung der Motordaten: Der Interpretationsschlüssel muss jedes Mal individuell und exakt festgelegt werden. Denn nicht in jedem Anwendungsszenario bedeuten bestimmte Motorstromwerte dasselbe. Bei einer Zerkleinerungsmaschine etwa gehören einzelne Strom-Peaks zum normalen Betriebsbild, während diese im Fall einer Pumpe auf einen kritischen Zustand hindeuten würden. Daher sind spezifische Feinjustierungen, insbesondere was das Verhältnis von Messwerten und deren Bedeutung angeht, bei der Inbetriebnahme essentiell für das Gelingen.

Auswertung von Betriebsdaten ist eine Investition in die Zukunft

Das beschriebene Servicemodell auf Grundlage der Auswertung von Motorströmen ist deshalb so attraktiv, weil es einen besonders leichten Einstieg in das Service-Thema erlaubt. Zwar lassen sich mit den daraus ableitbaren Erkenntnissen nicht sämtliche Anlagenausfälle vorhersagen, dennoch ist das wirtschaftliche Potenzial dieser vergleichsweise leicht umsetzbaren Methode groß. Nicht zuletzt, da die Kosten für die Inanspruchnahme einer solchen Serviceleistung in der Regel in keinem Verhältnis zu den entstehenden Kosten eines einzigen, ungeplanten Anlagenstillstands stehen. Wird auch nur ein einziger Stillstand vermieden, hat sich die Investition in das Servicemodel meist schon mehr als gelohnt.

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