Agile Produktions-IT bei -40C°

Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation

Westfleisch ist einer der führenden Fleischverarbeiter im Bundesgebiet. Das Unternehmen ist bestrebt, die anfallenden Maschinendaten für die Umsetzung und Visualisierung von Produktionsprozessen zu nutzen „Mit den bestehenden IT-Prozessen und Dritt-Systemen war das allerdings immer nur mit recht viel externer Unterstützung und hohem Entwicklungs und Anpassungsaufwand zu realisieren“, sagt Tobias Schlamann, Projektleiter Automatisierung/MES bei Westfleisch zuständig für die digitale Transformation der Produktionsprozesse.

Tobias Schlamann ist Projektleiter Automatisierung / MES bei der Westfleisch SCE mbH.
Tobias Schlamann ist Projektleiter Automatisierung / MES bei der Westfleisch SCE mbH.Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation

Shopfloor im Standard

Mit SAP als Konzern-Software war das Ziel also zunächst, den Shopfloor nah am SAP-Standard in die Prozesse einzubinden. Dies soll helfen, die gewachsenen Strukturen an Eigenentwicklungen zu reduzieren und Prozesse schneller umsetzen und ausrollen zu können. Für SAP entschied sich das Unternehmen wegen der Investitionssicherheit, bezogen auf Unternehmensstabilität und Produktentwicklung. Trebing + Himstedt war als Beratungs- und Implementierungspartner mit im Boot. Als SAP Systeme kamen primär SAP Manufacturing Integration and Intelligence (SAP MII) und für die Maschinenanbindung der SAP Plant Connectivity (SAP PCo) zum Einsatz. „In den ersten Proof of Concepts ging es zunächst einmal darum, zu lernen und zu verstehen. Was geht mit SAP auf dem Shopfloor? Und was ist an den Maschinen an Daten vorhanden?“, so Schlamann. Die Projektphase wurde dann sehr zügig in sechs Sprints anhand von drei Use Cases als Meilensteine umgesetzt.

Klar definierte Use Cases

Im ersten Use Case wurden die Auftragsdaten mittels IDoc vom ERP-System in den Shopfloor übermittelt. Somit stand ein durchgängiger, digitaler Kommunikationskanal in der SAP-Software als Basis für die papierlose Produktion und Auftragsabwicklung.

Im zweiten Use Case setzte das Unternehmen die Einlagerung der fertig portionierten Fleischwaren auf Paletten als Handling-Unit in die Tiefkühler um. Hierbei gibt die ERP-Software die Gefrierzeit und auch die Bahn, auf der das Gefriergut durch den -40C° kalten Froster läuft, vor. Wenn eine Bahn, etwa durch eine Störung, nicht zur Verfügung steht, kann der Prozess nun verändert werden. Dann wird automatisch eine andere Bahn ausgewählt und gegebenenfalls werden die Gefrierzeiten angepasst. „Vor allem hier ist die Entlastung der Beschäftigten besonders zu spüren. Die Produktionsplanung gibt vor, Palette draufstellen und fertig“, resümiert Schlamann. Mehr Transparenz hat Westfleisch hier auch bezüglich Planzeit aus dem ERP-System und der Restzeit in Echtzeit. Jederzeit ist klar, wann eine Palette fertiggefroren ist und weiterverarbeitet werden kann.

Der dritte Use Case beschreibt mit der Auslagerung den Prozess nach der vorgeschriebenen Gefrierzeit. Die elektronische Waage löst ‚Prozess abgeschlossen‘ aus und gibt automatisiert Rückmeldung an die ERP-Software. Die Ware wird dann entweder im eigenen Warehouse Management vereinnahmt oder direkt an den Kunden geschickt. Früher war in diesem Prozess viel Handarbeit und Papier notwendig, was die Rückmeldungen fehleranfällig machte. Nun werden Mengen und Zeiten automatisiert erfasst und verbucht.

Fähigkeiten erlangt

Schlamann zeigt sich insgesamt mit dem Stand sehr zufrieden. Durch den projektbegleitenden Wissenstransfer und die zusammenarbeit mit Trebing + Himstedt kann Westfleisch nun auch eigene Maschinenverbindungen hinzufügen oder Änderungen am Dashboard vornehmen. Auch kleineres Customizing ist ohne Entwickler möglich. Als weitere Schritte stehen zum einen die Vergleichbarkeit von Kennzahlen dank erhöhter Transparenz oder auch die leichtere Erfüllung von einzelnen Kundenwünschen auf der Wunschliste. Die Migration in die Cloud für noch mehr Skalierbarkeit ist ebenfalls eine realistische Option. Dafür gilt es aber auch noch mehr Maschinen konnektierbar zu gestalten, wofür Westfleisch auch die Maschinenhersteller hinzuziehen muss.

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