Vollautomatisierte Produktionszelle für die Pharma-Industrie

Bild: Syntegon Technology GmbH

Vetter sah bereits 2019 den Bedarf an einer neuen, so am Markt noch nicht verfügbaren Lösung. „In Bezug auf kleine Chargengrößen sind flexible, voll automatisierte Produktionszellen eine sinnvolle und gesuchte Ergänzung zu unserem bestehenden Portfolio“, hieß es in einem der ersten gemeinsamen Gespräche zwischen Vetter und Syntegon. Besonderes Augenmerk legten Arno Schroff, Abteilungsleiter Werks- und Standortentwicklung bei Vetter, und das interdisziplinäre Team auf die kommenden Anforderungen des damals in Überarbeitung befindlichen Annex 1. „Vor allem aus regulatorischer Sicht erfüllten die bereits verfügbaren Anlagenlösungen unsere hohen Anforderungen nicht ausreichend. So wurde uns klar, dass wir gemeinsam mit einem Partner aus dem System- und Anlagenbau etwas ganz Neues auf die Beine stellen müssen“, erklärt Schroff. „Die Wahl fiel schnell auf Syntegon, da uns seit vielen Jahren eine gute Zusammenarbeit und gemeinsame Entwicklung verbindet. Tatsächlich war für uns der geeignete Partner einer der erfolgskritischen Faktoren.“ Das bestätigt auch Klaus Ullherr, Senior Product Manager bei Syntegon und ebenfalls von Beginn an in diesem Entwicklungsprojekt dabei: „Wir hatten uns natürlich schon Gedanken über die handschuhlose Abfüllung von Kleinstchargen gemacht. Wir brauchten jedoch unsererseits einen Partner aus der produzierenden Pharmaindustrie, der seine Erfahrung in der aseptischen Abfüllung und im Umgang mit Kunden- und Behördenanforderungen einbringt. Nur gemeinsam konnten wir eine so vorausschauende Entwicklung in Angriff nehmen.“

Bild: Syntegon Technology GmbH

Konkrete Anforderungen

Die erste Kurzspezifikation, die Vetter vorbereitet hatte, war bereits recht konkret und stellte die Weichen für die gemeinsame Entwicklungsarbeit. „Wir hatten uns intensiv mit den künftigen Marktanforderungen und den regulatorischen Rahmenbedingungen befasst – nicht nur hinsichtlich der damals laufenden Überarbeitung des Annex 1, sondern insgesamt mit Blick auf die sich stetig verschärfenden Anforderungen in der Pharmaindustrie weltweit“, bestätigt Arno Schroff. „Unsere etablierte Vetter CleanRoom Technology (V-CRT) gab den Anstoß zu einem Rüstprozess und mikrobiologischem Monitoring, welche durch ein handschuhloses Konzept vollständig automatisiert ablaufen. Weiterhin sollten die Primärpackmittel aufgrund der hohen Empfindlichkeit vieler Biopharmazeutika nicht mit H2O2 in Kontakt kommen.“

„Die größte Herausforderung bestand darin, die Produktionszelle basierend auf der Isolatortechnologie ohne Handschuheingriffe zu konzipieren“, erläutert Klaus Ullherr. Doch das ist nachweislich gelungen: Der handschuhlose Isolator mit integrierter Luftaufbereitung reduziert das Kontaminationsrisiko deutlich; manuelle Eingriffe durch das Bedienpersonal entfallen. Für Vetter stellte die Einbringung von sterilisiertem Equipment und Packmittel ohne Handschuhe nach erfolgtem H2O2-Dekontaminationszyklus von Beginn an ein wichtiges Kriterium dar. Der für Syntegon in vielen Abfüllanlagen und -linien typischerweise integrierte Isolator ist für Vetter in dieser Form Neuland. „Nur handschuhloses, automatisiertes Handling und Monitoring macht für Vetter den Betrieb in Reinraum Klasse C möglich“, erläutert Schroff.

Klein, kleiner, microBatch

Mit einer Länge von 3,5m, einer Breite von rund 2m und einer Höhe von 3m fügt sich die Maschine problemlos in vorhandene Produktionsumgebungen ein. Die Isolatorzelle selbst umfasst gerade mal 1,6 auf 1,5m. Darin befinden sich die Entsiegelstation der Tubs, die Füllstation sowie die kombinierte Stopfensetz- und Bördelstation. Schnittstellen zum Gebäude sowie technische Deckeneinbauten sind dank der integrierten Luftaufbereitung kaum erforderlich. Durch das Laminar-Flow-optimierte Design erreicht und umströmt der Luftstrom ungehindert die Behältnisse. Optionale Kameras gewährleisten die durchgängige Überwachung der Produktion im Isolator per Fernzugriff. Ein weiterer wichtiger Punkt in der Konzeptionierung war das verlustarme Befüllen, das gerade bei kleinen, kostspieligen Chargen besonders im Fokus der Kunden steht. Dies lässt sich mit Versynta microBatch dank 100% In-Prozess-Kontrolle (IPK) und kurzen Wegen für das Produkt umsetzen. Die Produktionszelle befüllt und verschließt pro Stunde zwischen 120 und 500 Behältnisse wie Vials, Spritzen und Karpulen aus Glas oder Kunststoff.

Im Oktober 2023 war es dann so weit: Syntegon stellte den Prototypen der Versynta microBatch live auf der CPHI Barcelona vor – und konnte gleich den Verkauf der ersten Anlage an Vetter vermelden. „Aktuell läuft das technische Implementierungsprojekt an, in dem weitere Spezifikationen und Anforderungen definiert und umgesetzt werden. Die Anlage soll am Ravensburger Produktionsstandort Schützenstraße zum Einsatz kommen“, so Schroff.

Für Arno Schroff und Klaus Ullherr steht eins fest: „Immer kleinere Chargengrößen sind und bleiben ein Trend. Sie werden in Zukunft benötigt, um neben Orphan Drugs und High-Value-Produkten auch die personalisierte Medizin mit noch geringeren Ausbringungen voranzubringen“, so Schroff. „Mit Versynta microBatch haben wir einen großen Schritt in die richtige Richtung getan. Weitere werden folgen“, ergänzt Ullherr. Damit sehen sich die Entwicklungspartner auch für kommende Entwicklungen oder regulatorische Veränderungen in der Pharmaindustrie gut gerüstet.

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