Eine Kollegin namens KI

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Damit ein Industriebetrieb rund läuft, ist viel prozedurales Wissen nötig: So werden die Handgriffe und Prozesse bezeichnet, die es für die korrekte Bedienung und Wartung von Maschinen braucht – und die im Arbeitsalltag meistens wie automatisch passieren. Wie viel Knowhow hinter jedem Arbeitsschritt steckt, wird erst klar, wenn Beschäftigte ausfallen oder neu angelernt werden müssen: „Dieses Knowhow ist oft schwer zu erklären und nicht immer dokumentiert“, sagt Marta Sabou, Leiterin des Institute for Data, Process and Knowledge Management an der WU. „Und selbst wenn es irgendwo aufgeschrieben wurde, ist die Frage, ob man es auch findet, wenn man es braucht.“ Dieses Knowhow besser zu dokumentieren und es einfacher verfügbar zu machen, ist das Ziel des europäischen Forschungsprojekts Perks. Der Plan: die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz nutzen, um die Arbeit in Industriebetrieben einfacher, produktiver und sicherer zu machen.

Natural Language Processing

Wie genau das funktionieren soll, erklärt Marta Sabou anhand eines Beispiels aus der Weißware-Fabrik von Projektpartner Whirlpool in Italien: „Die riesigen Maschinen, die dort in der Produktion eingesetzt werden, müssen korrekt abgeschaltet werden, wenn man sie reinigt, wartet und repariert. Dafür gibt es die sogenannte LOTO-Prozedur, also Log-Out-Tag-Out, bei der eine genaue Abfolge von Arbeitsschritten eingehalten werden muss, um die Sicherheit der Beschäftigten zu garantieren.“ Die Anleitungen für dieses Prozedere seien manchmal auf Papier dokumentiert, manchmal in PDFs oder in anderen Dateien – und entscheidende Details sind oft nur im Kopf der Mitarbeitenden gespeichert. Die Projektbeteiligten entwickeln eine KI, die mittels Natural Language Processing (NLP) alle diese Informationen sammelt und ordnet – ähnlich ChatGPT. Im nächsten Schritt soll dieses Wissen in möglichst einfacher Form verfügbar gemacht werden. Das österreichische Unternehmen Onlim entwickelt dafür etwa einen Chatbot, den neue Beschäftigte befragen können, wenn sie bei der Bedienung einer Maschine Hilfe brauchen.

Der Mensch im Mittelpunkt

Damit gehört das Projekt Perks zu einem neuen Forschungsgebiet, das mit dem Schlagwort ‚Industrie 5.0‘ bezeichnet wird: „Als vor etwa zehn Jahren die Industrie 4.0 ausgerufen wurde, ging es vor allem um Automatisierung und Effizienzsteigerung – also darum, den Menschen möglichst aus den Prozessen herauszunehmen“, sagt Marta Sabou von der WU. Industrie 5.0 will das Gegenteil erreichen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Das Ziel von Perks ist also nicht nur besserer Wissenstransfer und damit höhere Effizienz. Es geht auch darum, die Unfallgefahr stark zu reduzieren und lästigen Papierkram zu vermeiden: „Wir wollen Technologie nutzen, um den Menschen zu unterstützen und seine Arbeit sicherer und angenehmer zu machen.“ Ob diese Ziele erreicht werden können, wird sich am Ende der 30-monatigen Projektdauer zeigen. Mit ersten Ergebnissen ist also im Jahr 2025 zu rechnen.

www.wu.ac.at

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