Kontaktlose Daten- und Energieübertragung

Kontaktlose Kommunikation zwischen SPS und Profinet-Ventilinsel: An diese sind Sensoren und Aktoren zum Spannen der Werkstücke angeschlossen.
Kontaktlose Kommunikation zwischen SPS und Profinet-Ventilinsel: An diese sind Sensoren und Aktoren zum Spannen der Werkstücke angeschlossen.
Kontaktlose Kommunikation zwischen SPS und Profinet-Ventilinsel: An diese sind Sensoren und Aktoren zum Spannen der Werkstücke angeschlossen.
Kontaktlose Kommunikation zwischen SPS und Profinet-Ventilinsel: An diese sind Sensoren und Aktoren zum Spannen der Werkstücke angeschlossen. Bild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

SHL hat sich als Spezialist für ausgezeichnete Oberflächenbehandlungen etabliert. Zu den seit 1989 erstellten Anlagen zählen flexible Einzelroboterzellen, Schleif-, Polier- und Entgratzellen sowie komplette Fertigungszellen inklusive des gesamten Materialhandlings für werkstück- und werkzeuggeführte Anwendungen. Daraus ergibt sich der Vorteil für die Kunden, dass sie in puncto Oberflächenbehandlung alles aus einer Hand erhalten. Der Hauptsitz von SHL liegt in Böttingen. Die Gemeinde befindet sich in Baden-Württemberg und gehört dort zum Landkreis Tuttlingen. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich Böttingen zu einem Industriestandort mit dem Schwerpunkt Metallverarbeitung.

Mit einer Fertigungstiefe von 95 Prozent beliefert SHL Anwender aus unterschiedlichen Branchen. Ob Armaturen und Möbelgriffe für Bad und Küche, Kurbelwellen für die Automobilindustrie oder Titan- und Keramikimplantate für die Medizin: Sämtliche Werkstücke müssen während ihres Produktionsprozesses geschliffen, poliert und entgratet werden. Aufgrund des Einsatzes von Robotertechnologie, die sich durch eine hohe Flexibilität und schnelles Umrüsten auszeichnet, lassen sich die Kosten der Fertigungsabläufe wegen der besseren Taktzeiten senken. Doch die kürzeren Taktzeiten und die Bewegungsvorgänge führen zu mehr Verschleiß, beispielsweise bei Schleifring-Übertragern, die für die Weiterleitung der Ethernet-Daten zwischen den beweglichen Anlagenelementen zum Einsatz kommen. Daraus resultieren Stillstandzeiten, die nicht voraus- oder einplanbar sind.

Bislang stör- und verschleißanfälliger Datenaustausch

Zur Oberflächenbearbeitung müssen die Werkstücke um 360 Grad schwenkbar sein. Zu diesem Zweck kommen Rundtische mit Schwenkeinheiten zur Anwendung. Eine solche Anlage besteht aus drei Bereichen für die verschiedenen Bearbeitungsschritte: das Einlegen des Werkstücks auf den Träger sowie zunächst die Bearbeitung des Werkstücks durch Schleifroboter mit grober Körnung und abschließend durch Schleifroboter mit feiner Körnung. Der Rundtisch mit einem Durchmesser von etwa sechs Metern dreht das Werkstück entsprechend zur nächsten Bearbeitungsstation. Die Profinet-Daten der Sensoren und Aktoren zum Spannen der Werkstücke auf den Trägern wurden bislang über Schleifringe in den drei endlos drehenden Achsen übertragen.

Als Bereichsleiter Konstruktion verantwortet Bernhard Mattes den Anlagenbau im Werk Böttingen: „Für die Konstruktion eines neuen Rundtisches habe ich mich nach Alternativen zum herkömmlichen stör- und verschleißanfälligen Datenaustausch per Schleifring umgesehen. Schleifringe haben die Eigenschaft, dass gerade bei der Ethernet-Übertragung Kommunikationsstörungen auftreten. Wolfgang Züfle, unser Ansprechpartner bei Phoenix Contact, hat mich auf die neue kontaktlose NearFi-Technologie zum funkbasierten Datenaustausch aufmerksam gemacht und sie mir vorgestellt. Dabei habe ich schnell erkannt, dass sich die NearFi-Koppler bestens für unsere Anwendung eignen.“

An jeder Drehachse des Rundtisches für die drei endlos drehenden Schwenkeinheiten ist nun je ein NearFi-Koppler-Paar montiert. Die Geräte versorgen Profinet-Ventilinseln, an die Sensoren und Aktoren zum Spannen des Werkstücks angeschlossen sind, mit der nötigen Energie. Darüber hinaus leiten sie das Profinet-Protokoll latenz- und verschleißfrei über einen Luftspalt an die Steuerung weiter.

Einfache Inbetriebnahme ohne Konfigurationsaufwand

Zur kontaktlosen Übertragung von Daten und Energie bedarf es stets zweier Geräte – einen Base- und einen Remote-Koppler. Diese lassen sich aus beliebigen Richtungen ebenso wie rotierend zueinanderführen. Des Weiteren kann der Anwender auf eine exakte Zentrierung der Geräte verzichten; sie können sich mit einem Versatz oder einem tangentialen Winkel gegenüberstehen. Das verringert die Präzisionsanforderungen an die mechanische Bewegung von zwei unabhängigen Anlagenteilen erheblich. Im Gegensatz dazu sind bei einem Steckverbinder Buchse und Stecker genau zu positionieren, da die empfindlichen Stifte ansonsten schnell beschädigt werden. Die umlaufende optische Signalisierung mit leuchtstarken LEDs zeigt die Betriebsbereitschaft der Koppelstrecke aus jedem Raumwinkel an.

Durch die Nutzung der NearFi-Koppler reduzieren sich folglich Serviceeinsätze und Wartungskosten entfallen; das wiederum die Anlagenverfügbarkeit erhöht. Sinkende Aufwände und optimierte Produktionsprozesse verkürzen die Amortisationszeit der Geräte deutlich. „Ein weiterer Vorteil der NearFi-Lösung liegt in der einfachen Inbetriebnahme ohne Konfigurationsaufwand. Die Geräte müssen lediglich mit einer 24-V- und Profinet-Leitung angeschlossen werden und schon baut sich die Verbindung in wenigen Millisekunden auf“, erklärt Bernhard Mattes. Die NearFi-Koppler kommunizieren das Ethernet-Protokoll mit 100Mbit/s vollduplex und transparent.

Protokollunabhängige Ethernet-Kommunikation

In der industriellen Automatisierung basiert der Datenaustausch heute in aller Regel auf Ethernet mit einer Datenrate von 100Mbit/s. Bei einigen Übertragungsstandards (z.B. Profinet IRT oder Ethercat) handelt es sich um sogenannte Echtzeitprotokolle, die eine Datenweiterleitung mit besonders niedriger Latenz erfordern. Die NearFi-Technologie gestattet hingegen eine kontaktlose und protokollunabhängige Ethernet-Verbindung ohne nennenswerte Latenzzeiten. Da die funkbasierte Datenkommunikation im Nahfeldbereich über einen geringen Abstand erfolgt, entsteht kein Störspektrum im Umfeld der Geräte. Infolgedessen lassen sich zahlreiche NearFi-Systeme parallel verwenden – auch in Koexistenz mit vorhandenen Funktechnologien wie Bluetooth oder WLAN. Die Koppler übertragen 50W Energie (24V, 2A) sowie Echtzeit-Ethernet-Daten über einen Luftspalt im Zentimeterbereich. NearFi erlaubt eine kontaktlose Energie- und Datenweiterleitung sogar durch nicht-metallische Materialien hindurch.

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