MES für zukunftsgewandtes Qualitätsmanagement

Bild:©hedgehog94/Adobestock.com

Der Blick in den Rückspiegel beim herkömmlichen Qualitätsmanagement ist aufwendig und verursacht hohe Kosten. Jedes Ausschussteil verringert die Produktivität und auch die KVP-Initiativen zur Qualitätssteigerung von Produkten und Fertigungsprozessen erfordert laufend Zeit- und Personaleinsatz. Wüssten jedoch Fertigungsplaner, Schichtleiter oder Werker schon im laufenden Fertigungsprozess, wie die Produktqualität ausfallen wird, könnten sie rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um sich anbahnende Abweichungen zu korrigieren, bevor es zu Ausschussteilen kommt. Hier setzt Predictive Quality an.

Das digitale Abbild

Angenommen ein Unternehmen aus der Kunststoffindustrie produziert täglich eine hohe Zahl Kleinteile, die ausgeliefert und weiter verbaut werden. Die Produktqualität wird anhand einer Quality Rate (PPM) ermittelt. Dies zu kontrollieren, ist aufwendig und für höhere Transparenz müsste die Frequenz der Qualitätskontrollen erhöht werden, wodurch der Aufwand weiter steigt. Die Qualitätskontrolle wird durch den Kosten-Nutzen-Faktor limitiert. Predictive Quality soll dieses Spannungsfeld zwischen qualitativen Anforderungen und Kosten aufbrechen, indem zur Qualitätsanalyse historische Produkt- und Prozessdaten in Echtzeit herangezogen und extrapoliert werden. So kann anhand produkt- und prozessspezifischer Daten ein digitales Abbild entstehen, das permanent überwacht wird, um Abweichungen zu erkennen. Die datengetriebene Qualitätsprognose dient als Grundlage für die Entscheidungen von Fertigungsplanern und Schichtleitern. Maschinenbediener können in den laufenden Fertigungsprozess eingreifen, statt die Qualität eines Teils am Prozessende nachzuprüfen.

Muster erkennen

Mit künstlicher Intelligenz lassen sich aus historischen Daten Vorhersagen über die zukünftige Produkt- und Prozessqualität ableiten. So kann aus einer beschreibenden eine vorhersagende Analyse werden. Dafür rechnen Computer die Daten von digitalen Abbilder statistisch hoch, um Muster zu erkennen, die auf künftige Qualitätsabweichungen hinweisen. An diesen Hochrechnungen wurde im Projekt Quality Data based Risk Assessment for Industry 4.0 (Quadrika) geforscht, an dem auch der MES-Hersteller GBO Datacomp beteiligt war. Im Rahmen dieses vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts wurde ein Quality-Data-Modul (QDM) entwickelt, das als Addon eines MES Prozesse online überwacht, um Prozess- und Produktrisiken zu vermeiden, bevor sie auftreten. Dadurch sollen Prozess- und Produktqualität verbessert und Ausschüsse reduziert oder wenigstens früh ausgeschleust werden.

Realistisches Bild entwickeln

Ohne einen Onlineaustausch von Daten ist Predictive Quality aktuell unmöglich. Je mehr, desto besser: Mit einem steigenden Grad an Realismus des digitalen Abbilds steigt die Wahrscheinlichkeit für zutreffende Qualitätsprognosen. Dafür müssen nicht nur das zu fertigende Produkt anhand zahlreicher Daten digital abgebildet werden, sondern auch die einzelnen Fertigungsprozesse. Dazu braucht es Daten wie über die Verfügbarkeiten von Maschinen, Werkzeugen, Rüstzeiten, Temperaturen, Geschwindigkeiten, Drücken und so weiter. Viele produzierende Unternehmen speichern solche Daten bereits, oft aber in einzelnen Anwendungen. So liegt die Herausforderung weniger in der Größe der Datenmenge, als in ihrer Auswahl, der Aufbereitung und der Datenintegration.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert