Lager ohne Lichtschalter

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Das höchste Niveau der Lagerautomatisierung ist die Migration zu einem vollständig automatisierten Warenlager. Ein solches wird häufig auch als ASRS (Automated Storage and Retrieval System) bezeichnet. In diesen Lagerhallen arbeiten keine Menschen, sondern sind allenfalls am Ein- oder Ausgang zu finden. Für sie wäre der Aufenthalt im Lager gefährlich, weil die Maschinen dort davon ausgehen, dass ihnen nichts im Weg steht und sie mit Höchstgeschwindigkeit fahren können. Diese Lager bezeichnet man als Dark Warehouses, da sie im Normalbetrieb ohne Beleuchtung auskommen.

Einige Unterschiede

Um Vorteile aus diesen Automatisierungssystemen zu ziehen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. So müssen in einem Dark Warehouse die Verpackungen der Waren standardisiert sein und sich auf wenige unterschiedliche Packungsgrößen verteilen. Roboter haben nur eine begrenzte Anzahl an Greifern und können keine beliebigen Gegenstände sicher fassen. Gibt es also eine Vielzahl an verschiedenen Waren (eventuell sogar lose, also ohne Verpackung oder normiertem Behälter), ist eine vollständige Automatisierung eventuell nicht zielführend. Außerdem darf es in einem vollständig automatisierten Warenlager keine unvorhergesehenen Ereignisse geben, da es dort keine Menschen gibt, die solche Situationen unkompliziert lösen können. Bei der Konzeption eines Dark Warehouses müssen daher alle möglichen Ausnahmesituationen im Vorfeld ermittelt und automatisiert werden. Dies ist die größte Herausforderung bei der Planung, die besonderes Know-how verlangt und von Unternehmen häufig unterschätzt wird.

Tests und Optimierung nötig

Noch in der Planungs- und Konzeptionsphase des Lagers ist daher ein ausgiebiges Testing aller Workflows und Abläufe, inklusive möglichst aller Ausnahmesituationen, in einer Simulationsumgebung notwendig. Diese muss ein vollständiges Abbild der künftigen Logistikhalle sein. Der digitale Zwilling beinhaltet also auch die Hardware und verhält sich exakt so wie das später aufgebaute Dark Warehouse. Dies ermöglicht intensive Tests, auch wenn noch keine physischen Maschinen im Einsatz sind. Steht das Dark Warehouse, müssen sich Unternehmen außerdem auf eine mehrmonatige Optimierungsphase einstellen. Dabei werden Abläufe erfasst, analysiert und kritisch betrachtet, um beispielsweise Bottlenecks zu ermitteln und die Steuerung bei verschiedener Auslastung des Lagers zu bewerten. Üblicherweise kommt es bei einer Lagerauslastung von 85 Prozent zu einem anderen Verkehrsaufkommen der Transportmaschinen als bei 15 Prozent.

Digitaler Zwilling spart Zeit

Der digitale Zwilling ist bei der Planung eines Dark Warehouses ein zentrales Werkzeug, um später die Implementierungs- und Startphase zu verkürzen und Change Requests zu reduzieren. Er lässt sich nicht nur bei Unit-Tests von einzelnen Funktionsmodulen einsetzen, sondern auch bei komplexen Abläufen und verschiedenen Lager-Füllgraden. Eine besondere Aufgabe kommt ihm zu, wenn es darum geht, auf außergewöhnliche Situationen zu reagieren. Diese lassen sich mit einem digitalen Zwilling leicht erzeugen und dann testen, ob die geplanten Workflows reibungslos funktionieren. Das virtuelle Abbild der künftigen Realität sorgt somit für ein umfassendes Verständnis der Abläufe. Befehlsanpassungen lassen sich ausprobieren und zeigen, welche Geräte und Güter sich physisch wo befinden.

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