Wo früher eine alte Gärtnerei stand, sind in nur drei Jahren die Euskirchener Südstadtgärten entstanden – ein modernes Wohnquartier mit zwölf Mehrfamilienhäusern, die um fünf Tiefgaragen gruppiert sind. „Was wir hier umgesetzt haben, kann als Musterlösung für eine nachhaltige Wärmeversorgung betrachtet werden“, resümiert Jörg Wiskirchen, Geschäftsführer der G und S Baukunst GmbH & Co. KG. Das Quartier zeigt, wie moderne Heiztechniklösungen aussehen können: Gebäudehülle nach Effizienzhaus-55-EE-Standard, kaltes Nahwärmenetz, hocheffiziente Erdwärmepumpen zum Heizen und Kühlen sowie Photovoltaikstrom, der für den Betrieb der Haustechnik genutzt wird. Das Gesamtkonzept hinter den Südstadtgärten beschränkt sich jedoch nicht allein auf eine klimaneutrale Energieversorgung. „Ziel des Projekts ist es, lebenswerten Wohnraum für Jung und Alt zu schaffen. Das umfasst auch eine ruhige, begrünte Umgebung“, erklärt Wiskirchen. Die gesamte Außenanlage des Wohnquartiers besteht daher aus großzügig angelegten Grünflächen mit Kinderspielplätzen und Hochbeeten. Auch das Thema Mobilität hatte im Gesamtkonzept Priorität: Deshalb wurden hier von vorneherein ausreichend Parkmöglichkeiten mit Ladesäulenvorrichtungen für E-Autos eingeplant.
Kaltes Nahwärmenetz auf Basis von Erdwärme
Unterhalb der Park- und Grünflächen, eingelassen ins Erdreich, verbirgt sich das Herzstück der Wärmeversorgung: das kalte Nahwärmenetz. Über ein unterirdisches Rohrsystem wird Wärmeenergie auf einem sehr niedrigen Temperaturniveau an die umliegenden Gebäude verteilt. Die Umweltwärmeenergie in einem kalten Nahewärmenetz kann grundsätzlich aus einer Vielzahl möglicher Quellen stammen – darunter etwa Grundwasser, Abwärme oder Bioenergie. Im Fall des Neubauprojekts wird sie aus dem Erdreich bezogen. Um den erforderlichen Bedarf zu decken, wurden insgesamt 35 Erdsonden, verteilt auf zwei Sondenfelder, je 150m tief ins Erdreich eingelassen. Über eine Ringleitung, in der die Sole – ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel – zirkuliert, wird die Umweltwärme von den Sondenfeldern zu den insgesamt fünf Heizzentralen transportiert. Dort heben Erdwärmepumpen von Stiebel Eltron die Temperatur dann auf das zum Heizen benötigte Temperaturniveau an. Der große Vorteil dabei: Da das kalte Nahwärmenetz mit niedrigen Übertragungstemperaturen arbeitet, entstehen auch ohne oder nur mit geringer Rohrisolierung kaum Wärmeverluste, was eine hohe Systemeffizienz gewährleistet.
Was spricht für Erdwärmepumpen?
Dass als Wärmeerzeuger Erdwärmepumpen eingesetzt werden sollen, stand für die G und S Baukunst von vorneherein fest. „Wir setzen bevorzugt auf Erdwärmepumpen. Dabei sind für uns zwei Argumente ausschlaggebend: Zum einen die hohe Effizienz der Systeme, zum anderen die Möglichkeit der passiven Kühlung“, erläutert Wiskirchen. Von einem kalten Nahwärmenetz hingegen war anfangs noch nicht die Rede. Erst im Austausch mit der Hans Fischer GmbH aus Meckenheim kam diese Option ins Gespräch. Der Fachbetrieb für Sanitär und Heizung befasst sich seit Anfang der 2000er Jahre mit dem Bereich der Erneuerbaren Energien und zeichnete im Euskirchener Projekt u.a. für die Planung und Umsetzung der Wärmeversorgung verantwortlich. Dipl.-Ing. Wolfgang Fischer, der Geschäftsführer, erklärt, wie es letztlich zur Entscheidung für das kalte Nahwärmenetz kam: „Aufgrund der engen Platzverhältnisse und des besonderen Zuschnitts der Außenanlagen war schnell klar, dass nicht jede Heizzentrale eigene Erdsonden erhalten konnte. Genau für dieses Einsatzszenario sind kalte Nahwärmenetze prädestiniert: Die Wärmequelle wird nicht für jeden Abnehmer einzeln, sondern zentral erschlossen. Auf diese Weise lassen sich ganze Quartiere und Siedlungen in Sachen Wärme effizient mit regenerativer Energie versorgen.“
Entscheidung fiel auf Stiebel Eltron
Über den Installationsbetrieb kam schließlich auch der Kontakt zu Stiebel Eltron zustande: Schon in der Vergangenheit setzte die G und S Baukunst erfolgreich Projekte mit dem Wärmepumpenhersteller um. Ralf Breuer, der seit über 40 Jahren als Gebietsverkaufsleiter für die Region Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis bei Stiebel Eltron tätig ist, begleitete den Planungsprozess von Beginn an mit: „Wir haben die Firma Fischer mit allen planungsrelevanten Daten zu unseren Systemen versorgt und u.a. die Wärmepumpen sowie die Heizungspuffer- und Trinkwarmwasserspeicher entsprechend der Anforderungen dimensioniert.“ Abhängig von Gebäudegröße und Anzahl der Wohneinheiten wurden dann verschiedene Anlagenkonstellationen entwickelt. So besteht etwa die größte Anlage aus zwei kaskadierten Sole-Wasser-Wärmepumpen des Typs WPE-I 59 H 400 Premium, die in Kombination mit zwei Pufferspeichern des Typs SBP 1000E und drei Frischwasserspeichern des Typs SBS 1001W aufgestellt wurde. Die beiden Wärmepumpen liefern zusammen knapp 120kW Wärmeleistung.