Stockt die Industrie 4.0?

Bild: Staufen.AG Beratung.Akademie.Beteiligung

Im ersten Corona-Lockdown hat die deutsche Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit in den Krisenmodus umgeschaltet und viele Unternehmen wurden vom heimischen Küchentisch aus gelenkt. Schnell war vom ‚Coronakatalysator‘ die Rede, der eine Agilität im Alltag freigelegt hat. Aber stimmt diese Beobachtung überhaupt? Wie steht es um die Wandlungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, und wie kann diese gemessen werden? Um das herauszufinden, hat die Staufen AG den Change Readiness Index (CRI) erhoben. Dieser spiegelt wider, wie veränderungsfähig die deutschen Unternehmen in den Bereichen Strukturen, Prozesse, Führungs- und Unternehmenskultur sowie Mitarbeitende und Qualifikationen sind. Der Fokus liegt dabei auf Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektroindustrie sowie dem Automotive-Sektor.

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Index steigt

Für 2022 kletterte der Index im Vergleich zu 2019 um einen Punkt auf 56 Zähler. Abseits der Zahlen konnte festgestellt werden, dass der technologische Fortschritt – abgesehen vom Sondertreiber Corona – der mit Abstand größte Motor für den Wandel war. Als Bremse entpuppten sich veraltete Führungsmethoden und ein überholtes Karriereverständnis. Zudem richteten viele Unternehmen laut Studie nur den Blick nach innen und waren mehr mit sich selbst und nicht mit dem Markt beschäftigt. Dadurch wurden Prozesse zwar perfekt dokumentiert, aber nicht ausreichend hinterfragt. Die anfängliche Homeoffice-Euphorie und die erzielten Fortschritte geben einen Eindruck davon, welches Innovationspotenzial in den Unternehmen geweckt werden kann. Gleichzeitig seien viele Chancen liegen geblieben und die Industrie bleibe hinter ihren Möglichkeiten zurück, so die Studienautoren. Viele Baustellen, die schon vor Corona hätten angepackt werden müssen, seien nur aus dem Fokus gerückt, bislang aber nicht erfolgreich abgeschlossen worden. „Vor allem der Know-how-Aufbau in Sachen Digitalisierung kommt nicht voran“, analysiert Frank Krüger, Senior Partner bei der Unternehmensberatung Staufen. „Der deutschen Wirtschaft droht beim Thema Industrie 4.0 eine harte Spaltung in digitale Vorreiter und digitale Nachzügler.“ Die Studie zeige, so Krüger weiter, dass Wandlungsfähigkeit und eine digitale Offenheit ganz klar korrelieren.

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Oftmals Einzelprojekte

Dies zeigt sich beim Aufbau der Smart Factory. Jedes zweite Unternehmen verfolgt laut Studie operative Einzelprojekte im Rahmen einer Industrie 4.0-Strategie. 11 Prozent haben sich mit diesem Top-Thema noch gar nicht beschäftigt, und 17 Prozent befinden sich erst in der Beobachtungs- und Analysephase. Jedes zehnte Unternehmen hat das Thema intern in die Planungs- und Testphase gesetzt. Eine wirklich umfassende Umsetzung von Industrie 4.0 haben jedoch erst 7 Prozent der befragten Unternehmen geschafft. Die Folgen dieser Einstellung: Erstmals seit seiner ersten Erhebung stagniert Industrie 4.0-Index. Von nur 16 Punkten im Jahr 2014 kletterte dieser Index auf 45 Punkte in 2019 – und verharrt auf diesem Niveau bis heute.

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Spaltung in Vorreiter und Nachzügler

Die Staufen-Experten gehen davon aus, dass sich die Spaltung in digitale Vorreiter und digitale Nachzügler künftig noch verschärfen wird, da die Unternehmen auch hinsichtlich ihrer Produktphilosophie stark unterschiedliche Ansätze verfolgen würden. Immer mehr Unternehmen digitalisieren beispielsweise ihre Produkte und Dienstleistungen oder entwickeln neue Geschäftsmodelle. Von denjenigen Umfrage-Teilnehmern, die bereits Industrie 4.0-Projekte planen oder operativ umsetzen, bieten lediglich 11 Prozent keine Produkte oder Dienstleistungen mit solchen Eigenschaften an. 24 Prozent entwickeln gerade Produkte oder Dienstleistungen mit solchen Eigenschaften. Die große Mehrheit hingegen setzt mit ihrem Produkt und Dienstleistungsportfolio laut Studie bereits auf diese Zukunfts-Geschäftsmodelle. Der seit 2018 zusätzlich erhobene Smart Business-Index, der als Unterkategorie digitalisierte Produkte und Dienstleistungen abbildet, legte in den vergangenen drei Jahren zu: von 35 Prozent in 2018 auf 44 Prozent in 2022. Wandlungsfähigkeit kenne also keinen Endpunkt, sondern löse eine positive Kettenreaktion aus, so die Staufen-Experten. mst/Staufen AG

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