Eine Semantik für die branchenübergreifende Entwicklung

Prozesse werden per Software virtualisiert
Prozesse werden per Software virtualisiert
Prozesse werden per Software virtualisiert
Prozesse werden per Software virtualisiertBild: Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen

Prototypen in skalierbare Produkte zu überführen, ist in allen Branchen eine Herausforderung. Sogenannte Smart Textiles (ST) bilden keine Ausnahme: Sensoren und Aktoren erweitern die Funktion der Textilstruktur, sodass Anwender mit ihrem ST interagieren und über Softwareapplikationen auf Services zugreifen können. Medizin, Sport und Mensch-Maschine-Schnittstellen sind Beispiele für Anwendungsbereiche. Germany Trade & Invest prognostiziert für 2022 einen Markt von fünf Milliarden Euro gegenüber 1,3 Milliarden Euro in 2017. Doch bislang werden die meisten Produkte nur als Prototypen oder Kleinserien gefertigt. Prozesse der industriellen Produktion fehlen. Vor allem KMU stellen sich ungern der komplexen Wertschöpfungskette von ST: Neben Textil- und Elektronikzulieferern müssen auch Softwareentwickler, Designer und Systemintegratoren koordiniert und technische Schnittstellen definiert werden.

Bild: Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen

Anforderungen an Entwickler

Um dies zu adressieren, hat das Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University (ITA) einen plattformbasierten Ansatz zur Entwicklung vernetzter Prozessketten mit folgenden Zielen definiert:

  • hohe Kundenorientierung im Designprozess,
  • schnellere Entwicklung und Markteinführung durch strukturiertes Zusammenspiel aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette,
  • geringere Produktionskosten durch skalierbare Prozesse zur Integration von Textilien und Elektronik.

Die Basis des plattformbasierten Ansatzes bildet eine Modularisierung von Smart-Textile-Komponenten und Prozessen, die als semantische Webontologie formalisiert sind. Diese Struktur fungiert als gemeinsame Sprache und hilft Nutzern, die Wechselwirkungen zwischen Textil und Elektronik zu navigieren. Es wird die Methode ‚Set-Based Concurrent engineering‘ eingesetzt, um Produkt und Prozess gemeinsam zu entwicklen und den Fit zu den Nutzeranforderungen sicher zu stellen. Die technologische Effizienz wird durch die Auswahl textiler und elektronischer Komponenten, die die Produktanforderungen erfüllen und zu kompatiblen Sets kombiniert werden, erreicht. Anschließend werden Technologien zur Kontaktierung und Integration der Komponenten ins Textil hinzugefügt. Schließlich wird daraus eine vernetzte und skalierbare Prozesskette definiert, simuliert und bewertet.

Skalierbare Fertigung

Dieser Ansatz kam bereits zum Einsatz: Auf der Texprocess 2019 zeigte das ITA mit verschiedenen Partnern in der Smart Textile Microfactory wie ein ST vom Design bis zum fertigen Produkt entwickelt und hergestellt werden kann. Dabei wurde FlexSim Simulation der Firma FlexSim Software Products, Inc. verwendet, um die Prozessreihenfolge sowie Flexibilität und den Automatisierungsgrad zu untersuchen. Im Zusammenspiel von Simulation und einer realen Microfactory ließen sich die Herstellkosten im skalierten Produktionsszenario um bis zu 40 Prozent senken konnte. Erreicht wurde das durch einen höheren Automatisierungsgrad und eine verbesserte Sequenzierung sowie Ressourcenauslastung.

Bild: Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen

Plattform für Koinnovation

Die Microfactory ist das Ergebnis eines Koinnovationsprozesses, der in Zukunft mit dem plattformbasierten Ansatz über die GeniusTex-Plattform realisiert werden soll. Die Plattform wird im Rahmen der Smart Service Welt II vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Die Grundlage (Modularisierung und Ontologie) ist bereits implementiert. Ontologien unterstützen als gemeinsame Sprache zwischen beteiligten Akteuren die Integration entlang der Wertschöpfungskette. Dazu strukturieren sie Wissensdomänen in Klassen mit Eigenschaften und Beziehungen. Da Ontologien erweitert und angepasst werden können, sind sie für Wissensbereiche mit starkem technologischem Fortschritt wie ST gut geeignet. Für die ST-Ontologie werden Klassen von Prozessen, Materialien und Komponentenmodulen wie Sensoren, Aktoren, Daten-, und Verbindungsmodule sowie textile Träger beschrieben. Innerhalb der Prozesse liegt der Fokus auf der Klasse Fügen, da diese kritische Prozessschritte zur Integration und Kontaktierung von Komponenten mit dem Textil umfasst. Das ST-spezifische Domänenwissen wird über Relationen, die Wechselwirkungen zwischen Materialien, Komponenten und Prozessen beschreiben, kodifiziert: zum Beispiel ist die Elastizität von Bauteilen eine kritische Eigenschaft. Das Softwaretool Eccenca Ontology Pipeline überführt die Informationen in eine ontologische Websprache und einen Wissensgraphen.

Bild: Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen

Merkmale von GeniusTex

Als Online-Koinnovationsplattform ermöglicht GeniusTex den Beteiligten entlang der ST-Wertschöpfungskette, gemeinsam Produkte und Services zu entwickeln. Die Hauptmerkmale der Plattform sind:

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