Mehrwerte mittlerweile klar erkennbar

Nach zwei nahezu messefreien Jahren: Welchen Stellenwert hat die Hannover Messe noch für Schneider Electric?

Pierre Bürkle: Die Hannover Messe hatte für uns schon immer eine wichtige strategische Bedeutung, um unser branchenübergreifendes Ökosystem für das Energiemanagement und die Automatisierung zu präsentieren. In diesem Jahr geschieht dies etwa in Verbindung mit Partnern wie Microsoft oder Aveva. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

In diesem Jahr steht bei Ihnen die Weiterentwicklung des Engineering-Tools EcoStruxure Automation Expert. Was war hier der Grundgedanke?

Bürkle: Bei der Weiterentwicklung haben wir uns vor allem die Frage gestellt: Wie können wir den Maschinenbau und die Automatisierung neu denken, um mehr Effizienz zu erzielen. Von Seiten unserer Kunden kommen dabei drei Aspekte besonders zum Tragen: Vernetzung/Digitalisierung, Fachkräftemangel sowie Nachhaltigkeit. Die ersten beiden Punkte sind wir angegangen, indem wir gewisse Bereiche von Automation Expert geclustert haben. Nehmen wir als Beispiel die Raumsteuerung: Hierbei sind viele Grundfunktionen, die beispielsweise in einer Messehalle wie dieser hier oder in einem industriellen Produktionsbetrieb benötigt werden, weitgehend gleich. Gewünschte Zusatzfunktionen, die sich im Einzelnen je nach Anwendung durchaus unterscheiden, können wir bequem skalieren und über Apps anbieten. Zusätzlich können die Daten, die beim Engineering generiert werden, ganz einfach zum Beispiel in die Bereiche Instandhaltung oder Service überführt werden, was ebenfalls ein deutliches Plus in Sachen Effizienz bedeutet. Beim Thema Nachhaltigkeit bieten wir für rund 70 Prozent unserer Hardware bereits heute fertige Bibliotheken an, die Informationen zum CO2-Fußabdruck der Produkte enthalten.

Ein weiteres großes Thema für Maschinen- und Anlagenbauer ist die weitestgehende Offenheit von Automatisierungsplattformen. Diese setzt die Kooperation von Marktbegleitern im Hinblick auf die Schaffung gemeinsamer Datenstandards voraus. Wie stellt sich Schneider Electric diesem Thema?

Bürkle: Mit EcoStruxure Automation Expert bieten wir eine mit Blick auf die Hardware komplett herstellerunabhängige Automatisierungsplattform. Dies war auch für uns ein Lernprozess, denn natürlich gibt es ein Risiko, dass Kunden zu anderen Hardwarelösungen greifen. Wir sind dennoch davon überzeugt, dass wir so einen Vertrauensvorschuss erzielen können, der letztendlich auch uns zugute kommt. Die Entwicklung einer Daten-Standardisierung ist ein langer Weg und um hier Tempo aufzunehmen, ist die Kooperation mit Marktbegleitern unbedingt erforderlich. Sonst haben wir alle das Nachsehen. Und noch etwas: Gerade in Deutschland gibt es für zahlreiche Nischenanwendungen in der Industrie unterschiedliche Expertenlösungen. Umso wichtiger ist es, auch solchen kleineren Anbietern die Möglichkeit zu geben, ihre Lösungen in die Ökosysteme der großen Automatisierer einbringen zu können. Auch hierfür bedarf es der Standardisierung.

Nachhaltigkeit und digitale Transformation sind seit Jahren nicht nur Themen in Hannover, sondern auch für große Player wie Schneider Electric. Auf der anderen Seite haben Maschinen- und Anlagenbauer gerade mit Material- und Fachkräftemangel zu kämpfen und empfinden beides als ihr dringlichstes Problem. Wie gelingt es Ihnen, Ihre Kunden davon zu überzeugen, sich den erstgenannten Themen trotzdem jetzt zu widmen?

Bürkle: Am Ende trennt sich hier meiner Meinung nach die Spreu vom Weizen. Denn trotz aller Widrigkeiten wie Material- oder Fachkräftemangel werden sich langfristig nur solche Maschinen- und Anlagenbauer am Markt behaupten können, die sich intensiv mit dem Thema Digitalisierung beschäftigen. Wie ich vorhin schon betonte: In der Digitalisierung liegen häufig sogar die Lösungen für ebensolche Probleme. Nämlich indem ich mir zum Beispiel als Maschinenbauer darüber Gedanken mache, wie ich künftig mein Engineering-System ausgestalte oder ob meine Entwickler vielleicht dezentral über die Republik verteilt sitzen, weil ich sie an meinem Standort schlicht nicht mehr bekomme. Hierfür sind grundlegende strategische Entscheidungen notwendig, die mir sicherlich nicht kurzfristig helfen, die aber mittelfristig wirksam werden. Meiner Erfahrung nach gibt es da sehr viele OEMs, die dies bereits verstanden haben. Digitalisierung ist nicht mehr nur ein Trendthema, sondern mittlerweile sind die Mehrwerte klar erkennbar.

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