„Digitalisierung ist kein Selbstzweck“

dhf Intralogistik – Herr Strüwing, welche Strategie verfolgt Interroll im Bereich der Digitalisierung?

Jens Strüwing: Für uns handelt es sich zunächst einmal um kein neues Thema. Vor Jahren haben wir bereits für die Homogenisierung unseres unternehmensweiten Informationsaustausches durch den Aufbau unseres global vernetzten ERP-Systems gesorgt. Wir besitzen also eine sehr tragfähige Basis, um die Digitalisierung in den unterschiedlichsten Bereichen und auf allen Ebenen nutzen zu können. Gleichzeitig haben wir das Thema seit jeher nicht als ein Projekt unter vielen, sondern als zentrale Aufgabe der höchsten Management-Ebene angesehen. Wir haben uns früh konkrete Ziele gesetzt und dann Leuchtturmprojekte definiert, die konzernweit implementiert werden. Dabei betrachten wir bei Interroll die Digitalisierung nicht als Selbstzweck, sondern als wirksamen Hebel, um die eigenen Stärken weiter auszubauen, und zusätzlichen Wert für unsere Kunden zu schaffen. Kurz gesagt: Wir integrieren die Digitalisierung konsequent in unsere übergreifende Unternehmensstrategie. dhf Intralogistik – Wie sieht diese Integration aus?

Strüwing: Interrolls Ziel ist es, die eigene Führungsposition in den nächsten Jahren weltweit deutlich auszubauen und dabei profitabel zu wachsen. Für die Produktion bedeutet dies, dass wir derzeit unsere Kapazitäten in Nordamerika, Europa und Asien erweitern und dafür in den nächsten Jahren rund 150 Millionen Franken in die Hand nehmen. Um unseren Kunden und Endanwendern kurze Lieferzeiten zu bieten, setzen wir aber nicht allein auf zusätzliche Fabriken. Wir konzentrieren uns ebenso sehr auf die kontinuierliche Verbesserung unserer Effizienz, z.B. auf die Erhöhung unserer Produktivität durch einen höheren Automatisierungsgrad. Zudem schauen wir uns in Pilotprojekten an, welche Vorteile neue Fertigungstechnologien wie etwa die Robotik und das Additive Manufacturing für uns bringen. Ein wichtiges Thema ist außerdem der Einsatz neuer, digitaler Prozessinnovationen im Fertigungsbereich – und das nicht nur in den neuen Werken.

dhf Intralogistik – Zum Beispiel?

Strüwing: Vor dem Hintergrund der Vorteile, die Smart-Factory-Konzepte bieten, haben wir entschieden, unser Kaizen-basiertes Interroll-Produktionssystem (IPS) in einem ersten Schritt papierlos zu machen und es so zu einer IPS-Version 2.0 weiterzuentwickeln. Hierzu haben wir an unserem Standort in Wermelskirchen ein Leuchtturmprojekt der Digitalisierung aufgesetzt, das wir mittlerweile erfolgreich abgeschlossen haben und sukzessive weltweit implementieren werden. Mit dieser Prozessdigitalisierung werden unsere Fertigungsmaschinen nun z.B. automatisch für den nächsten Auftrag umgerüstet. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Produktionslinien und in den Fertigungszellen benötigen keine Auftragszettel mehr, sondern bekommen die nötigen Informationen auf Displays angezeigt. Das beschleunigt die Abläufe und eliminiert Fehlerquellen. Gleichzeitig sind wir nun in der Lage, Funktionen aus unserem ERP-System oder unserer Cloud, z.B. für unsere WebShop-Anwendungen, durchgängig vernetzt zu nutzen – also alle Abläufe zwischen Bestellung, Auftragsbearbeitung, Produktion, Versand und Abrechnung zu digitalisieren und zu automatisieren.

dhf Intralogistik – Abgesehen von effizienteren Abläufen: Welche Vorteile versprechen Sie sich noch von der Digitalisierung im Produktionsumfeld?

Strüwing: Auch die Flexibilität ist ein sehr wichtiger Aspekt: Deshalb arbeiten wir mit Nachdruck daran, die Flexibilisierung unserer Produktion mithilfe digitaler Technologien weiter zu erhöhen. Durch flexible Arbeitszeitkonzepte verfügen wir zwar schon heute über ‚atmende‘ Fabriken, die sich verändernden Marktsituationen anpassen können. Allerdings lässt sich diese Flexibilität durch die digitale Vernetzung unseres weltweiten Produktionsverbundes, etwa für den Kapazitätsausgleich zwischen unterschiedlichen Standorten, weiter erhöhen. Hierzu gehört auch, dass wir Projekte vorantreiben, die es uns auf Basis künstlicher Intelligenz erlauben werden, unsere Produktionsplanung wesentlich zu optimieren. Statt ‚aus dem Bauch‘ heraus zu planen, wollen wir künftig digitale Prognoseinstrumente mit hoher Vorhersagekraft einsetzen, die auf sogenannten Big-Data-Anwendungen, also der Analyse historischer Datenbestände, basieren.

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