Der druckende Roboter

Weil der Extruder Platz braucht und die Druckteile groß werden, ist der Roboter auf einem Sockel positioniert.
Weil der Extruder Platz braucht und die Druckteile groß werden, ist der Roboter auf einem Sockel positioniert.
Der Comau-Roboter im AMEC kann Bauteile bis ca. 2m Höhe drucken.
Der Comau-Roboter im AMEC kann Bauteile bis ca. 2m Höhe drucken. Bild: TeDo Verlag GmbH

Weniger Aufwand, mehr Genauigkeit

Doch warum lässt sich der 3D-Druck nicht aus der klassischen Robotersteuerung realisieren? Christoph Anding, Vertriebsleiter bei Comau in Deutschland, erklärt: „Prinzipiell lässt sich das schon auch mit einem Roboter-Controller lösen. Aber der Programmieraufwand wäre um ein vielfaches höher.“ Denn über den CNC-Workflow lässt sich das spezifische G-Code-Programm aus dem 3D-Modell des zu druckenden Bauteils erzeugen. „Damit spart der Anwender über die klassische CAD-CAM-Kette Tage an Zeit“, so Anding weiter. Ein zweiter Unterschied sei die deutlich höhere Genauigkeit. „Je nach Applikation ist ein optimierter CNC-Roboter um den Faktor 5 bis 10 genauer als ein Standardroboter.“ Durch die vollständige Integration ist keine weitere Steuerungsinstanz oder Blackbox-Lösung dazwischengeschaltet. Die Sinumerik greift über die Sinamics-S120-Umrichter aktiv und direkt auf die Motoren des Roboters zu. Roboter über die CNC anzusteuern ist an sich kein neuer Ansatz. Siemens sammelt schon seit einigen Jahren Erfahrungen mit verschiedenen Roboteranbietern. „Hier ging es aber ursprünglich nur um Schnittstellen zwischen Roboter-Controller und CNC-Steuerung“, blickt Markus Obermeier zurück. Anwendungsbereiche sind dann etwa die Be- oder Entladung von Werkzeugmaschinen. Die Signale aus der CNC werden über die Robotersteuerung zur Kinematik durchgeschleust. Umgekehrt greift die CNC auf die Motion-Daten im Roboter-Controller zu, nicht aber direkt auf die Motoren des Roboters. Dieser Ansatz ist natürlich kostenintensiver – schließlich braucht der Anwender zwei Steuerungssysteme – und geht im Zweifel zu Lasten der Performance.

Offenheit in Sachen Steuerungstechnik

In der Technologiepartnerschaft zwischen Siemens und Comau geht man deshalb einen anderen Weg. „Comau ist einer der ersten Hersteller auf dem Markt, der seine Roboter-Controller geöffnet hat“, erläutert Anding. Kurz gesagt: Man akzeptiere, dass sich der Anwender den Controller spart. „Comau hat zwar eine sehr hohe eigene Wertschöpfung in der Steuerungssoftware, bei der Hardware ist sie aber verhältnismäßig gering.“ Hier setzt der Roboterhersteller seit rund acht Jahren auf Standard-IPC-Technik. Neben der Partnerschaft mit Siemens gibt es bei Comau auch ähnliche Kooperationen mit anderen Steuerungsherstellern. „Jeder Automatisierer ist hier aber in eine eigene Richtung unterwegs, sodass es nicht zum direkten Wettbewerb kommt“, unterstreicht Anding. Siemens zielt mit der CNC-Funktionalität auf ein außergewöhnliches Leistungslevel ab. „Hier kommt man mit einer Standard-Roboterlösung nicht weit“, so Obermeier. „Zumindest nicht, ohne in wochenlange Programmierarbeit oder aufwändige Adaptionen zu investieren. Ein echtes Ready-to-Run-Konzept für den 3D-Druck mit Roboter gibt es nur bei Siemens und Comau.“ Das Anwendungsspektrum geht über die additive Fertigung allerdings weit hinaus. Auch Lösungen zum Fräsen, Entgraten oder zur Maschinenbeschickung sind problemlos umsetzbar. Selbst besonders anspruchsvolle Aufgaben wie das Auslegen von Carbon-Bahnen im Flugzeugbau lassen sich auf diese Weise realisieren.

Gemeinsam zu Mehrwert

In der Partnerschaft ergänzen sich die beiden Firmen gut: Siemens ist mit seiner Steuerungs- und Antriebselektronik zwar Platzhirsch in Europa, aber kein Anbieter von Roboterhardware. „Unser Schwerpunkt liegt in der Automatisierung – die nötige Mechanik liefert dann unser Partner Comau passgenau dazu“, beschreibt Obermeier die Rollenverteilung. Die Kombination führt den Kunden dann unkompliziert, vorkonfiguriert und modular zur individuellen Komplettlösung. Weder bei der Programmierung noch bei der Elektroplanung ist großer Aufwand nötig. „Selbst den komplett konfektionierten Schaltschrank bekommt der Kunde von uns“, so Obermeier. Christoph Anding ergänzt: „Auch hier ist die Kooperation exakt abgestimmt. Comau liefert alle Kabel und Leitungen für den Anschluss des Roboters so, dass sie im Sinne einer Plug&Play-Lösung direkt an den jeweiligen Schaltschrank passen.“ Interessierte Maschinen- und Anlagenbauer können sich an beide Partner wenden: „Egal, ob der erste Kontakt über Comau oder Siemens zustande kommt – es werden unmittelbar beide Seiten ins Boot geholt“, versichert Anding. „Im Rahmen einer Vertriebskooperation stimmen wir uns bei jedem Projekt zwischen den jeweiligen Teams ab – um passend auf die spezifischen Anforderungen des Kunden einzugehen.“ Letztlich kauft der Kunde die verschiedenen Teile der Lösung aber auf beiden Seiten – die Elektronik bei Siemens und den Roboter bei Comau.

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