Solide Flexibilität

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Um Treibstoffverbrauch und Schadstoffausstoß der Verbrennungsmotoren zu begrenzen bzw. die Reichweite der Traktionsbatterien zu erhöhen, setzen Automobilhersteller immer öfter Strukturbauteile aus Aluminiumlegierungen ein. Diese sind leicht und lassen sich schneller als solche aus Stahl spanabhebend fertigen. Zu den relevanten Herstellern von Aluminiumbauteilen für die Automobilindustrie gehört Hammerer Aluminium Industries (HAI) mit Hauptsitz in Ranshofen bei Braunau, Österreich. Dort erzeugte und verarbeitete ein staatlicher Konzern bereits seit 1939 Aluminium, ehe das unabhängige Familienunternehmen 2007 dessen Bereiche Extrusion und Casting übernahm. Hammerer Aluminium ist seitdem kontinuierlich gewachsen und verfügt über sieben weitere Standorte in Deutschland, Rumänien und Polen.

In Ranshofen erfolgte vor allem der Ausbau der mechanischen Weiterverarbeitung. Die hier entstehenden Produkte gehen zu je einem Drittel an Kunden im Baubereich, der Industrie sowie in den Bereich Transportation/Schienenfahrzeug und Automobilindustrie, dabei vor allem an Tier1-Zulieferer in aller Welt.

Neben Bodenplatten für Traktionsbatterien fertigt das Unternehmen in Ranshofen für die Automobilindustrie vor allem tragende Fahrwerksteile. Diese entstehen aus rund 200 bis 250mm breiten, im Haus hergestellten Strangpressprofilen. „Um die geforderte Produkt- und Lieferqualität über lange Produktionszyklen gewährleisten zu können, ist es essentiell, die gesamte Prozesskette unter einem Dach zu haben“, sagt Hermann Kaineder, CIO/CDO der HAI-Gruppe. „Zudem schätzen unsere Kunden den schlanken ökologischen Fußabdruck, den unsere Produkte durch den Entfall langer Transportwege zwischen den Prozessen aufweisen.“

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Fertigungsauftrag mit langfristiger Bindung

Fertigungsaufträge für solche Teile werden von den Automobilherstellern oder Tier1-Zulieferern immer dann neu vergeben, wenn eine neue Baukastenplattform die vorherige ablösen soll. Ihre Laufzeiten erstrecken sich typischerweise über neun Jahre. Das rechtfertigt die Investition in auf die Anforderungen des Kunden bzw. des Projektes angepasste Maschinen und Anlagen. Die dem Angebot zugrunde gelegten Fertigungsstrategien und -techniken sowie die Investition in den Maschinenpark bestimmen gemeinsam mit den Kosten der Werkzeuge die Stückkosten der fertigen Teile. Diesen gegenüber stehen die Prozessstabilität und Verfügbarkeit der Produktionsmittel und die langjährige, zuverlässige Einhaltung der Qualitätsvorgaben. Beides gemeinsam entscheidet darüber, wer den Fertigungsauftrag erhält. So war es auch beim Auftrag für Längs- und Querträger für die neue Plattform eines deutschen Automobilherstellers. „Um ihr Risiko zu reduzieren, prüfen unsere Kunden nicht nur die angebotenen Konzepte sehr genau auf Plausibilität, sondern führen auch eine Abnahme der Maschinen und Anlagen durch“, erklärt Hassan Lahchaychi, Gruppenleiter Fertigungstechnologie bei HAI. Der Maschinenbauingenieur mit Spezialisierung auf Qualitätsmanagement hat als Projektmanager vom Lastenheft des Kunden weg den Fertigungsauftrag vorbereitet.

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Herausforderung Profilbearbeitung

Innerhalb dieses Auftrags fertigt HAI eine Anzahl unterschiedlicher Träger. Dazu werden die ca. 1.000 bis 2.300mm langen Profilstücke in zahlreichen Bearbeitungsschritten abgelängt, in Form gefräst und mit mehreren, zum Teil komplexen, Bohrungen versehen, gespindelt und entgratet. Je nach Ausführung sind dafür 30 bis 60s Taktzeit vorgesehen. Das entspricht einem Ausstoß von 400 bis 800 Stück pro Schicht. Die Stückzahlprognosen für die einzelnen Ausführungen variieren sehr stark. Deshalb war eine Anforderung an die Maschine oder Anlage die Möglichkeit der Umrüstung auf einen anderen Träger innerhalb von 30min. „Diese Anforderungen waren mit den damals bestehenden Maschinenkonzepten nicht ohne einen extrem hohen Aufwand zu erfüllen“, erinnert sich Lahchaychi. „Ich musste daher einen Hersteller mit der Fähigkeit und Bereitschaft suchen, sowohl bei der Maschine selbst als auch bei der Automatisierungslösung dazu neue Wege zu gehen.“

Hatte er zunächst mehrere Anbieter ins Auge gefasst, konzentrierte er sich bereits nach wenigen Runden auf Fill. Das 1966 gegründete Maschinenbauunternehmen mit Sitz in Gurten, Österreich, ist ein langjähriger Partner der Automobilindustrie. In diesem Industriezweig zählt es zu den führenden Herstellern von Maschinen und Anlagen für die Metallzerspanungstechnik. Auch bei HAI waren bereits einige Fill-Maschinen im Einsatz.

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Maschinenkonzept mit Parallelverarbeitung

Im Jahr 2011 stellte Fill mit Syncromill erstmals ein Bearbeitungszentrum für die Bearbeitung von großvolumigen Werkstücken, wie Längsträger, Vorder- und Hinterachsträger, Fahrwerksteile, Fahrzeugstrukturbauteile und Batteriewannen, vor. Mittlerweile ist die Produktfamilie auf zehn verschiedene Typen angewachsen. Die jüngste Entwicklung aus dieser erfolgreichen Serie ist die Syncromill Q42-63/600. Das modular aufgebaute Bearbeitungszentrum wurde speziell für die Zerspanung von länglichen Werkstücken entwickelt, bei denen hohe Produktivität gefordert ist. Die Syncromill Q ist als Einzelmaschine (Q21/Q31) oder als Doppelmaschine (Q42/Q62) verfügbar. In jedem Maschinenraum sind zwei (Q21/Q42) oder drei (Q31/Q62) horizontale Bearbeitungsspindeln angeordnet. Diese bearbeiten parallel die auf vierten Achsen aufgespannten Werkstücke. So kann die Maschine eine Vielzahl unterschiedlicher Bearbeitungen abdecken. Ein seitlich neben jedem Maschinenraum angeordnetes Werkzeugmagazin ermöglicht Span-zu-Span-Zeiten unter 3,9s und bietet eine gute Zugänglichkeit.

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