Überall verbunden

Allerding: Passende industrielle Komponenten fehlen derzeit. Der Smart-Sensor oder die SPS mit integriertem 5G-Chip lässt noch auf sich warten. Im Augenblick wagen sich die Automatisierer bestenfalls an 5G-Router oder andere Netzwerkbausteine. Was sicher auch daran liegt, dass die neuen Standards noch nicht ganz fertig bzw. in Arbeit und damit im Wandel sind. Analog zu TSN könnte es passieren, dass Early Adopter ihre Produkte nach finaler Verabschiedung des Standards nochmal anpassen müssten. Das macht vorsichtig.

Standards in Arbeit

Tatsächlich ist es so, dass viele auf Ultra-Reliable Low Latency Communications (URLLC) warten. Eine ultra-zuverlässige Kommunikation mit geringer Latenz erschließt schließlich eine neue Klasse von Anwendungsfällen. Den Einstieg in Richtung URLLC unternahm das 3GPP mit der 5G-Release 15 (Releases 16-18 sind derzeit in Planung). Das 3GPP (3rd Generation Partnership Project) vereint die Telekomunikationsverbände ARIB, ATIS, CCSA, ETSI, TSDSI, TTA und TTC und koordiniert die globale Standardisierung. Für Echtzeit-Kommunikation definierte besagtes 3GPP das New Radio Interface (NR) mit einer Latenzzeit von 1ms und einer Zuverlässigkeit von 99,999%. Auch die internationale Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, Radiocommunication, ITU-R) spezifiziert eine One-Way-Latenz von 1ms für die Benutzerebene in künftigen 5G-Standards. Allerdings ist Klarheit hier wohl erst Ende 2022 zu erwarten, wenn die Roadmap neue 5G-Releases vorsieht. Das 3GPP-Release V16 etwa definiert eine neue Ende-zu-Ende-5G-Stand-Alone-Architektur (SA). Die hat einen eigenen 5G-Kern und lässt sich damit auch ohne LTE betreiben. Außerdem bietet sie zwei wichtige Funktionen: Network Slicing und Mobile Edge Computing (MEC). Gerade das Network-Slicing ist nützlich, da Aufgaben innerhalb des Campusnetzes auf verschiedene Netzwerksegmente aufgeteilt und parallel bearbeitet werden können, ohne dass Rückwirkungen zu befürchten sind. Das kann die Zuverlässigkeit von Applikationen signifikant erhöhen.

Die Zukunft gibt es nicht kostenlos

Allerdings – und das wird in der Diskussion um 5G gerne weniger prominent behandelt – kostet der neue Standard auch Geld – laufende Kosten. Denn will man 5G im eigenen Unternehmen in einem Campusnetz betreiben, dann reicht die Anschaffung eines passenden Routers nicht aus. Es fallen, ähnlich wie beim Smartphone, regelmäßige Gebühren an. Die Bundesnetzagentur stellt zur Frequenzvergabe eine Formel bereit, mit der man die Anzahl der gewünschten Frequenzen, den Nutzungszeitraum, die Fläche und einiges Andere eintragen kann. Kurz gesagt kann das für einen Bauernhof jährlich 1.500€ bedeuten, für eine Fabrik aber auch einmal 50.000€. Hinzu kommen dann auch noch laufende Frequenznutzungsgebühren, die jeweils rückwirkend aufs Jahr berechnet werden. Kein ganz günstiger Spaß, für den man passende Use-Cases schon genau durchrechnen muss. Entsprechend sind es derzeit auch eher die großen Konzerne, die Anträge für Campus-Frequenzen gestellt haben oder gar eigene Testnetze betreiben.

Das dürfte sich allerdings bald ändern. Wenn sich 5G im Consumerumfeld verbreitet – und die aktuellen Premium-Smartphones haben es bereits – dann werden die 5G-Chips so preiswert, dass sie auch den Weg in die kostengünstigere Automatisierung finden werden. Und wenn die Provider erstmal Flatrates für Industriebetriebe anbieten, dann lohnt sich womöglich auch der Fünfjahresvertrag. Wer die Technologie vorab einmal ausprobieren möchte, der kann das in Hannover auf dem Messegelände. Die Deutsche Messe AG bietet Firmen außerhalb von Messen (viel freie Slots derzeit…) die Möglichkeit, eigene Versuche im Campusnetz auf dem Messegelände durchzuführen. (wok)

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