Hot & Cold

Bild 1 | Veränderte Umgebungstemperaturen können Einfluss auf das Abbildungsverhalten von Objektiven haben. Um dies zu vermeiden, hat Edmund Optics jetzt athermische Objektive entwickelt, die stabile Ergebnisse bei unterschiedlichen Temperaturen liefern.
Bild 1 | Veränderte Umgebungstemperaturen können Einfluss auf das Abbildungsverhalten von Objektiven haben. Um dies zu vermeiden, hat Edmund Optics jetzt athermische Objektive entwickelt, die stabile Ergebnisse bei unterschiedlichen Temperaturen liefern.
Bild 1 | Veränderte Umgebungstemperaturen können Einfluss auf das Abbildungsverhalten von Objektiven haben. Um dies zu vermeiden, hat Edmund Optics jetzt athermische Objektive entwickelt, die stabile Ergebnisse bei unterschiedlichen Temperaturen liefern.
Bild 1 | Veränderte Umgebungstemperaturen können Einfluss auf das Abbildungsverhalten von Objektiven haben. Um dies zu vermeiden, hat Edmund Optics jetzt athermische Objektive entwickelt, die stabile Ergebnisse bei unterschiedlichen Temperaturen liefern.Bild: ©Peteri/www.shutterstock.com / Edmund Optics GmbH

Sucht man in Datenblättern von Objektiven nach Angaben zum spezifizierten Temperaturbereich, so wird man feststellen, dass in einigen Fällen hierzu überhaupt keine bzw. nur Angaben zu einer Lagertemperatur gemacht werden. Darüber hinaus findet man bei einigen Objektiven Informationen zur Betriebstemperatur. Meist beziehen sich diese Informationen allerdings rein auf den Temperaturbereich, in dem das Objektiv nicht beschädigt wird. Ein quantitatives Maß, inwieweit sich die Bildqualität mit variierender Temperatur ändert findet sich kaum, obwohl gerade dies für viele Anwendungen entscheidend ist. Wie kommt das?

Bild 2 | Bei steigender Temperatur dehnt sich in der Regel die Metallfassung stärker aus als die optischen Gläser. Als Resultat können Verkippungen (Abb. A und B) und Dezentrierungen (Abb. C und D) einzelner Optiken oder auch optischer Baugruppen auftreten.
Bild 2 | Bei steigender Temperatur dehnt sich in der Regel die Metallfassung stärker aus als die optischen Gläser. Als Resultat können Verkippungen (Abb. A und B) und Dezentrierungen (Abb. C und D) einzelner Optiken oder auch optischer Baugruppen auftreten.Bild: Edmund Optics GmbH

Warum sind Objektive temperaturabhängig?

Auf der Suche nach einer Antwort hilft es, sich zunächst klarzumachen welche Aspekte eines Objektivs von der Temperatur abhängig sind. Ein Objektiv für die industrielle Bildverarbeitung besteht meist aus mehreren Linsen, gefertigt aus optischem Glas. Der erste Effekt, den man daher in Betracht ziehen muss, ist dass sich der Brechungsindex mit der Temperatur verändert. In welchem Maß dies geschieht, hängt von der verwendeten Glassorte ab. Der zweite Effekt steht mit der Ausdehnung des Glases mit höheren Temperaturen in Zusammenhang. Hier ändern sich Durchmesser, Dicke und insbesondere die Radien der einzelnen Linsen mit der Temperatur, wodurch sich auch die Brennweite jeder einzelnen Optik ändert. Besonders kritisch ist dieser Umstand für Achromate und Tripletts, sprich bei zwei oder drei zusammengekitteten Linsen. Wenn sich die thermischen Ausdehnungskoeffizienten der verbundenen Linsen zu stark unterscheiden, können die durch den Temperaturunterschied hervorgerufenen Spannungen nicht nur zu einer verminderten Abbildungsqualität, sondern sogar zum Bruch der Optiken führen.

Auch Metall dehnt sich mit steigender Temperatur zunehmend aus, in der Regel stärker als Glas. Dies führt zu einer Reihe von potentiellen Problemen bezüglich der Ausrichtung der Optiken (Bild 2). So kann sich eine einzelne Optik oder auch eine Gruppe von Optiken durch den Temperatureinfluss relativ zur optischen Achse verkippen (Bild 2a/b). Ebenso kann es zur Dezentrierung von Optiken oder ganzen Baugruppen kommen (Bild 2c/d), wenn sich die Fassung bedingt durch eine höhere Temperatur ausdehnt. Auch der Abstand zwischen einzelnen Optiken kann sich je nach Fassungslage ändern. Alle Effekte, ob Verkippung, Dezentrierung oder Abstandsänderungen, führen zu einer Reduktion der Bildqualität. Aber auch niedrigere Temperaturen führen im Zusammenspiel von Metall und Optik zu Problemen. Ähnlich wie schon bei den Achromaten beschrieben führt das stärkere Zusammenziehen der Metallteile zu höherem Druck auf die Optiken. Auch hier ist es möglich, dass Optiken dem Druck nicht gewachsen sind und es zu Abplatzungen am Rand oder sogar zum Zerspringen der gesamten Optik kommt. Letztlich sei noch darauf hingewiesen, dass nicht nur der absolute Wert der Temperatur eine Rolle spielt, sondern auch wie schnell sich die Temperatur ändert. Es gibt einige optische Gläser, die sehr empfindlich sind und bei zu großen Temperaturgradienten zerspringen. Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass sich mit der Temperatur nahezu jeder einzelne Parameter des Optikdesigns ändert.

Nun ist jedoch auch bei konstanter Temperatur die Frage schwer zu beantworten, inwieweit sich die simulierte Abbildungsqualität eines Optikdesigns unter definierten Herstellungstoleranzen auch tatsächlich bewahrheitet. Aufgrund der Vielzahl der Variablen und deren Korrelation lassen sich hierfür nur mit statistischen Methoden (Monte-Carlo-Simulationen) Aussagen treffen. Die Erweiterung einer solchen Analyse um die Einflüsse sich ändernder Temperaturen erhöht die Komplexität beträchtlich und führt zu einem Mehraufwand von mehreren Wochen bei der Entwicklung. Insofern ist es nachvollziehbar, dass sich in den Datenblättern von gewöhnlichen Objektiven keine quantitativen Aussagen zum Einfluss der Temperatur auf die Abbildungsleistung finden. Was aber, wenn dieser Aspekt für eine gegebene Anwendung von kritischer Bedeutung ist?

Bild: Edmund Optics GmbH

Athermische Objektive

Hier gibt es prinzipiell zwei Ansätze. Die wohl am weitesten verbreitete Methode besteht darin, nicht nur die Optik, sondern gleich das gesamte bildgebende System vom Einfluss der Umgebungstemperatur zu isolieren, die Temperatur also zu messen und aktiv zu regeln. Doch in manchen Fällen ist diese Vorgehensweise nicht möglich, und es bleibt nur der passive Weg: Man legt die Optik auf eine Art und Weise aus, dass sich die Auswirkungen der Temperatur auf die einzelnen Optiken in Summe aufheben und somit die Bildqualität nicht beeinträchtigt wird. Dies ist jedoch nur auf Kosten einer längeren Entwicklungszeit möglich, denn das Design muss dabei in mehreren iterativen Schritten diesbezüglich optimiert werden. Ebenso schränkt es die Auswahl der optischen Gläser ein, und es muss eventuell auch auf die Verwendung verschiedener Metalle zugegriffen werden, damit sich einzelne Effekte in Summe kompensieren.

Edmund Optics hat kürzlich entsprechende Objektive entwickelt. Exemplarisch sind in Bild 3 die MTF-Kurven (Modulationstransferfunktion) eines athermischen 100mm Objektives gezeigt. Alle einzelnen durch die Temperatur induzierten Änderungen heben sich über den gesamten Bereich von -10°C bis +50°C auf, d.h. es ist kaum eine Änderung in der MTF-Performance zu erkennen. Zuletzt sei noch die Herausforderung auf der Seite der Messtechnik erwähnt. Es gibt mittlerweile kommerzielle Instrumente, mit welchen die Abbildungsleistung von Objektiven in MTF-Form während eines Temperaturzyklus bestimmt werden kann. Sofern aber andere Parameter entscheidend sind, ist es durchaus möglich, dass sich hierzu noch keine kommerzielle Lösung finden lässt und ein entsprechender Prüfaufbau erst noch entwickelt werden muss.

Bild 3 | MTF-Kurven des 100mm athermischen Objektivs von Edmund Optics. Exemplarisch ist die MTF für -10°C(l.) und +50°C (r.) gezeigt. 
Über den gesamten Temperaturbereich sind kaum Änderungen in der Bildqualität festzustellen.
Bild 3 | MTF-Kurven des 100mm athermischen Objektivs von Edmund Optics. Exemplarisch ist die MTF für -10°C(l.) und +50°C (r.) gezeigt. Über den gesamten Temperaturbereich sind kaum Änderungen in der Bildqualität festzustellen.Bild: Edmund Optics GmbH

Fazit

Das Spiel zwischen abbildender Optik und wechselnden Temperaturen ist sehr komplex und sowohl die quantitative Analysen als auch die zugehörigen Messungen sind mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Doch nicht nur die Optik alleine ist ausschlaggebend – letztendlich zählt die Performance des Gesamtsystems und auch das Zusammenspiel der Optik mit der Kamera muss in Betracht gezogen werden. Fragen wie aus welchem Material das Kameragehäuse besteht, wie genau die Optik gehalten wird und wie sich die Position des Sensors relativ zum Optik-Mount verhält, müssen dabei diskutiert werden. Berücksichtigt man all diese Aspekte und kompensiert mögliche Einflüsse, kann eine gute Performance des Gesamtsystems erreicht werden – unabhängig von Wetter und Temperatur.

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