Die neue Robotiknorm ISO10218

Markus Winter, Keba
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Markus Winter, KebaBild: Keba Industrial Automation GmbH

Wer ist eigentlich genau von der Norm betroffen? @Interview_Grundschrift:Markus Winter: Die Norm gliedert sich auch wie ihr Vorgänger in zwei Teile, und zwar 10218-1 und 10218-2. Die ISO10218-1 , also der erste Teil, behandelt den Roboter als unvollständige Maschine und betrifft vorwiegend die Hersteller von Industrierobotern und Cobots. Der zweite Teil 10218-2 behandelt vollständige Maschinen und Anlagen mit integrierten Robotern. Sie betrifft jeden, der Industrieroboter in eine Gesamtlösung integriert, wie z.B. Maschinenhersteller oder Systemintegratoren. Warum war es nötig, die Norm zu aktualisieren? @Interview_Grundschrift:Christian Leng: Die ISO10218-1 und ISO10218-2 wurden 2012 publiziert. Ein Update folgte 2016 mit dem heute verfügbaren Teil der Cobot-Spezifikationen (ISO/TS15066). Seitdem hat sich der Einsatz von Industrierobotern fast verdoppelt: Heute sind nahezu 3,5 Millionen im Einsatz. Ein Update und eine Anpassung waren also definitiv nötig und auch absehbar. Weitere Marktanforderungen hinsichtlich Cybersicherheit und kollaborierende Robotik sind in den letzten Jahren hinzugekommen. @Interview_Grundschrift:Winter: Aktuelle Bedrohungen und damit einhergehend Themen wie der EU-Cybersecurity-Act sowie auch die Haltung der US-Regierung bei kritischer Infrastruktur (z.B. Mobilfunk und Energieversorgung) zeigen Auswirkungen auf die 10218-1. Die Bedrohung einer Cybersecurity-Attacke schwingt ebenfalls bei mittleren wie kleineren Maschinen- wie Roboterherstellern mit – gerade wenn man den aktuellen Lebenszyklus vieler Robotiklösungen betrachtet. Mit Sicherheit werden wir in den nächsten Jahren noch viele Veränderungen am Markt erleben. Was sind die wesentlichen Inhalte bzw. Änderungen, die auf die Roboter- bzw. Maschinenhersteller zukommen? @Interview_Grundschrift:Winter: Neben vielen kleineren Anpassungen sind die folgenden wesentlichen Änderungen hervorzuheben:

  • Integration der ISO/TS 15066:2016 – vor allem in die ISO10218-2, Stichwort: kollaborierender Betrieb zwischen Mensch und Roboter
  • Klassifizierung der Roboter in zwei Klassen in Bezug auf die funktionalen Sicherheitsanforderungen
  • Klärung der Anforderungen an die Funktionssicherheit
  • und neu hinzugekommen: Cybersicherheit

Welche Neuerung in der Norm ist Ihnen besonders positiv aufgefallen? @Interview_Grundschrift:Leng: Der Umgang mit Geschwindigkeiten in der manuellen Betriebsart mit reduzierter Geschwindigkeit (auch bekannt als Betriebsart manuell reduzierte Geschwindigkeit, T1 oder Teach) wurde deutlich präzisiert. So heißt es nun z.B., dass die Geschwindigkeit von Robotern der Klasse II in der genannten Betriebsart sicher überwacht werden muss. @Interview_Grundschrift: @Interview_Grundschrift:Winter: Besonders begrüßen wir auch die Klarstellung der erforderlichen Sicherheitsfunktionen im neuen Anhang C. Darin finden alle Betroffenen eine exakte Auflistung sowie Beschreibung, welche Normen verpflichtend oder nur optional sind und wie diese aufgebaut sein müssen. Damit wird einfach Klarheit geschaffen. In welchem Zeitraum müssen die Bestimmungen umgesetzt werden? @Interview_Grundschrift:Leng: Zuerst wird in Europa die Harmonisierung von Normen im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gegeben. Dabei wird auch der Termin festgelegt, ab dem die Anwendung der Norm, und damit Konformität mit den Anforderungen, möglich ist. Da viele der Begriffe aus der neuen Maschinenverordnung abgeleitet sind, liegt die Vermutung nahe, dass die Norm zeitgleich mit der EU-Maschinenverordnung aktiv werden wird, also dem 20. Januar 2027. Was sollten die, die es betrifft, jetzt schon in die Wege leiten? @Interview_Grundschrift:Winter: Gerade die Anforderungen an die Funktionale Sicherheit und vor allem Cybersecurity sind nicht zu unterschätzen. Entwicklungszeiträume von mehreren Jahren inklusive Zertifizierung durch eine akkreditierte Stelle sind nicht unüblich. Den Roboterherstellern und -integratoren ist empfohlen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, sobald der Final Draft International Standard, kurz FDIS, veröffentlicht ist.

„Eine Überarbeitung der Norm war längst überfällig. Die neuen Richtlinien bieten klarere Definitionen und differenzieren zwischen den Gefahrenpotenzialen verschiedener Roboter. Dadurch können spezifische Sicherheitsmaßnahmen präziser umgesetzt werden, was letztendlich dem Kunden zugutekommt. Die Einbeziehung und Regulierung neuer Technologien wie KI ist ein notwendiger Schritt, um den aktuellen Anforderungen der Industrie gerecht zu werden. Obwohl Hersteller und Integratoren sich in einigen Bereichen anpassen müssen, ist die Überarbeitung insgesamt positiv zu bewerten, da sie die Sicherheit und Effizienz in der Robotik verbessert.“

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