Die Dynamik des Wandels ist atemberaubend

Bild 1 | "Viele Schaltanlagensysteme sind am Ende ihres Produktlebenszyklus' angekommen. Demografischer Wandel, Digitalisierung, Sicherheitsthemen sowie neue Normen besiegeln deren Laufzeit endgültig", meint Dirk Seiler.
Bild 1 | "Viele Schaltanlagensysteme sind am Ende ihres Produktlebenszyklus' angekommen. Demografischer Wandel, Digitalisierung, Sicherheitsthemen sowie neue Normen besiegeln deren Laufzeit endgültig", meint Dirk Seiler.

Wie bewältigen Sie als eher ‚junger‘ Hersteller von Schaltanlagen diese Herausforderungen?

Seiler: Unsere ‚Jugend‘ hilft uns da sogar, denn wir waren ja schon immer die Querdenker ohne Erbhöfe und mussten stets durch Innovationen und clevere neue Lösungen überzeugen, was uns mit Vamocon in den letzten zwölf Jahren wunderbar gelungen ist. Betrachten wir die Digitalisierung: Sie verändert Geschäftsmodelle. Die klassische, oft hermetische Abschottung der verschiedenen Gewerke der Blech-, Elektrotechnik- und Softwarehersteller wird durchlässiger. Es findet eine Entgrenzung statt. Statt horizontal denkender Experten sind vertikal denkende Generalisten gefragt. Das heißt jetzt aber nicht, dass Blechhersteller plötzlich Software programmieren werden – nein, keinesfalls. Aber alle müssen offener miteinander umgehen, sich austauschen und zusammenarbeiten. Abschottung, sei es aus Angst vor Knowhow-Diebstahl, aber auch aus Machtdenken, wie es die Großen seit jeher und immer noch praktizieren, hilft nicht weiter. Die Zukunft gehört Herstellern, die mit durchgehenden Systemen, die Probleme der Kunden schnell und zielgerichtet lösen – und ich bin mir nicht sicher, ob das immer nur die ‚Großen‘ sein werden.

Wie muss man sich das in der täglichen Arbeit vorstellen?

Seiler: Stichwort digitaler Zwilling. Unsere Kunden, die Planer, Schaltanlagenbauer, Installateure oder Anwender erwarten, dass wir ihnen Daten liefern, die sie in ihre Systeme integrieren können. Das sind beispielsweise 3D-Daten, die sie in ihr BIM (Building Information Modeling = Bauwerksdatenmodellierung, Anm. d. Redaktion) integrieren können. Aus unserer Konfigurationssoftware können wir hierfür Daten bereitstellen. Das spart häufig Doppelarbeit und verkürzt den Planungs- und Dokumentationsaufwand. Wir nutzen die digitalen Informations- und Kommunikationstechniken aber auch intern und verbessern dadurch unsere Abläufe, indem wir das Geschäftsprozess-Management mit der Automatisierung verbinden. Dies beinhaltet neben anderem das Lean Management, Schnittstellen, die Dokumentation und auch Softwarelösungen. Hier haben wir mit meinem Geschäftsführungskollegen Frank Guckau einen tatkräftigen Initiator und Treiber des Themas, der unsere Weiterentwicklung maßgeblich voranbringt. Wir haben die Digitalisierung in unserer Unternehmensstrategie fest verankert.

Sedotec arbeitet im Arbeitsfeld Energy der DKE Technology in Gremien zur Entwicklung neuer Normen für Schaltgerätekombinationen mit. Warum?

Seiler: Na eben deshalb. Mitarbeiter von uns arbeiten als Fachleute und ehrenamtlich seit vielen Jahren im DKE (Deutsche Komission Elektrotechnik, ein Organ des Deutschen Instituts für Normung – DIN – und des Verbands für Elektrotechnik – VDE) an der Normung mit. Sie bringen ihre Erfahrungen und ihr Wissen ein, teilen es mit den anderen Mitgliedern und arbeiten so an neuen Normen mit. Ziel ist dabei stets die Erstellung sicherer und zukunftsfähiger Branchenstandards. Sehen Sie, die Anforderungen an Schaltanlagen werden immer weiter steigen. Dabei sind Sicherheitsanforderungen und Haftungsfragen treibende Faktoren, auch, weil immer weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen. Da ist es umso wichtiger, dass Sicherheitsstandards in Normen festgelegt werden. Lassen Sie mich als Beispiel Geräte oder Stromkreise im Schaltschrank nennen, die gewechselt werden können, obwohl die Hauptsammelschiene Spannung führt. Diese Anforderung wird in der nächsten Edition der DIN EN61439-2 künftig so beschrieben sein, dass ein Entfernen der Module ausschließlich im lastfreien Zustand möglich sein darf. Unsere neuen Vamocon Steckmodule sind heute schon auf diese kommende Normenänderung ausgelegt. Ferner wird dieses Jahr erstmalig die Integration aktiver Störlichtbogenschutzsysteme in Schaltgerätekombinationen normativ geregelt und in Kraft treten. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf einer sicheren Funktion sowie der Sicherheit vor Fehlauslösung. Auch diese kommende Norm haben wir bereits in unserem Kit-System Vamocon berücksichtigt, und wir haben alle wesentlichen Prüfungen erfolgreich durchgeführt.

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