Optimierter Brauprozess per Data Mining

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7,50€, so viel könnte ein halber Liter Pils laut Brauereiverband Berlin-Brandenburg am Jahresende im Biergarten kosten – vorausgesetzt alle Mehrkosten würden vollständig an die Verbraucher weitergegeben. Diese sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen: Nicht nur Gas und Strom, sondern auch Braumalz und Verpackungsmaterialien haben sich deutlich verteuert, während sich die Preise für Kronkorken sogar mehr als verdoppelt haben. Diese Entwicklung stellt viele, vor allem mittelständische Brauereien vor Herausforderungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig den Fortbestand des deutschen Bieres als kulturelles Erbe sicherzustellen, müssen sie die Mehrkosten decken, ohne die eigenen Bierpreise so weit zu erhöhen, dass sie ihre Kunden verlieren.

Daten auswerten

Die Kosten für Rohstoffe und Gehälter lassen sich kaum beeinflussen. Umso wichtiger ist zu prüfen, inwiefern sich Produktionsprozesse optimieren lassen. Ein Faktor ist hierbei die Aus- und Bewertung der Produkt- und Prozessdaten. In der Getränkeindustrie sind bereits enorme Datenbestände vorhanden, dank einem hohen Automatisierungsgrad und dem umfangreichen Einsatz von IT-Systemen. Bisher war es jedoch gerade aufgrund der Größe des Datenvolumens kaum wirtschaftlich, diese Quellen auszuwerten. Fortschritte im Bereich Data-Mining, also bei der systematischen Anwendung statistischer Methoden auf große Datenbestände (Big Data), vereinfachen dies. Durch die Analyse der Daten können Verbesserungspotenziale in Herstellungsprozessen aufgedeckt und Produktionskosten dadurch gesenkt werden. Werden Daten aus der gesamten Wertschöpfung herangezogen, steigen die Chancen, von ökonomischen und ökologischen Vorteilen zu profitieren.

Standardmodule für Big-Data-Analysen

Die Aufbereitung und systematische Analyse großer Datenmengen ist vor allem für kleine und mittlere Fertigungsbetriebe aufwendig. Deshalb hat das Projekt DaPro, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des Technologieprogramms ‚Smarte Datenwirtschaft‘ gefördert wurde, am Beispiel der Getränkeindustrie Standardmodule für die Big-Data-Analyse erarbeitet. Mit Fokus auf Brauprozesse entwickelten die Projektbeteiligten zunächst einen ‚Werkzeugkoffer‘ mit Data-Mining-Modulen. Diese decken typische Anwendungsfälle in Brauereien ab. Ein Modul enthält etwa Methoden für die Analyse von Rohstoffdaten. Dabei haben sich die DaPro-Beteiligten in einem Anwendungsszenario mit der Vorhersage der Malzausbeute beschäftigt. Diese Produktivitätskennzahl wird stark von den Rohstoffparametern des Malzes beeinflusst und unterliegt somit starken Schwankungen. Mithilfe von Machine-Learning-Anwendungen lässt sich die Malzausbeute zuverlässig vorhersagen. Ein weiteres Modul widmet sich der Auswertung des kompletten Brauprozesses und leitet daraus beispielsweise Empfehlungen für die Anpassung der Rezeptur ab. Durch die Feststellung von Strom-Lastspitzen zur Reduzierung des Energieverbrauchs lässt sich die Produktion zudem nachhaltiger gestalten. Erprobt wurde darüber hinaus eine datenbasierte Überwachung von Anlagen, die Prognosen über Störungen und Instandhaltungsmaßnahmen zulässt. Anhand solcher Anwendungsbeispiele können nicht nur Brauereien, sondern Unternehmen der gesamten Getränkeindustrie eigene Prozess- und Datenanalysen einfacher, kostengünstiger und ohne externe Unterstützung umsetzen. Zu den Konsortialpartnern, die die verschiedenen Tools erprobt haben, zählen etwa die Bitburger Braugruppe sowie Augustiner-Bräu Wagner.

Werkzeugkoffer einsatzbereit

Die im Rahmen des Projekts entwickelten Demonstratoren sind bereits im Einsatz. Der Werkzeugkoffer mit seinen Data-Mining-Modulen und die Referenzarchitektur stehen zur Verfügung und können von Unternehmen der Getränkeindustrie genutzt werden. n in der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH.

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