Interoperable Nutzung des Digital Twin

Um Produktions- und Geschäftsprozesse mit realen Produkten zu vernetzen, wird bei Wittenstein jedes Serienprodukt mit einem unverwechselbarem Data-Matrix-Code gekennzeichnet.
Um Produktions- und Geschäftsprozesse mit realen Produkten zu vernetzen, wird bei Wittenstein jedes Serienprodukt mit einem unverwechselbarem Data-Matrix-Code gekennzeichnet.
 Um Produktions- und Geschäftsprozesse mit realen Produkten zu vernetzen, wird bei Wittenstein jedes Serienprodukt mit einem unverwechselbarem Data-Matrix-Code gekennzeichnet.
Um Produktions- und Geschäftsprozesse mit realen Produkten zu vernetzen, wird bei Wittenstein jedes Serienprodukt mit einem unverwechselbarem Data-Matrix-Code gekennzeichnet. Bild: Wittenstein SE

Die Nutzung, Verwertung und skalierbare Vernetzung des Digital Twin, wie ihn Wittenstein konzipiert hat, setzt ein nicht-proprietäres, interoperables Kommunikationskonzept voraus. Nur mit einem standardisierten Datenaustausch ist es möglich, neue Leistungsangebote zu machen und neue Geschäftsmodelle ohne Medienbrüche und hinderliche Datenschnittstellen umzusetzen. Nur so können einmal erzeugte Daten entlang des Produktlebenszyklus und zugleich über Unternehmensgrenzen hinweg auf effiziente Weise wiederverwendet werden. Um das zu erreichen, engagiert sich Wittenstein aktiv in der IDTA. Das Unternehmen will auf diesem Weg die Asset Administration Shell (AAS) als standardisierten digitalen Zwilling in die Anwendung bringen. Hierzu werden nicht nur die Datenmodelle vereinheitlicht, sondern auch Infrastrukturen und Services, die für den Datenaustausch benötigt werden. Aktuelle, abgestufte Implementierungsformen ermöglichen zum einen den Offline-Datenaustausch statischer Inhalte sowie in der nächsten Ebene den aktiven Online-Datenaustausch dynamischer Inhalte. Die nächste Evolutionsstufe, die künstliche Intelligenz sowie Peer-to-Peer-Abläufe zur Kommunikation von DTs untereinander nutzt, ist aktuell Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte, an denen auch Wittenstein beteiligt ist. Neben Interoperabilität soll die AAS Investitionssicherheit gewährleisten, in dem sie den Identification Link gemäß Norm IEC61406 nutzt und auf industrieweiten, inhaltlichen abgestimmten Spezifikationen fußt. Sie sind in Verbänden wie VDMA, ZVEI oder Bitcom sowie den Mitgliedern der IDTA als Nutzerorganisation anerkannt.

 Eindeutige Produktkennzeichnung verknüpft 
Produktdaten mit fertigungsbegleitenden Messdaten.
Eindeutige Produktkennzeichnung verknüpft Produktdaten mit fertigungsbegleitenden Messdaten.Bild: Wittenstein SE

Praxisbeispiel 1: Typenschild wird digital und smart

Bislang gibt es vor allem zwei Arten von Typenschildern: das analoge Typenschild als von Personen und Maschinen lesbare Kennzeichnung am Produkt sowie die elektrische Variante, die nur maschinell lesbar ist und auch nur dann, wenn das Produkt mit Spannung versorgt wird. Im Rahmen des digitalen Zwillings hat Wittenstein das digitale Typenschild realisiert. Hierzu stattet das Unternehmen Produkte bereits seit 2019 mit einem IEC-konformen Identification Link aus. Er fungiert nicht nur als Produkt-ID, sondern zugleich auch als Web-Adresse, die online direkt zum digitalen Typenschild führt. Dieses kann dann weltweit ausgelesen werden – zum einen durch Personen am Bildschirm über das Afterservice-Portal, zum anderen stellt der Digital Twin im Portal auch die maschinenlesbare Version des digitalen Typenschildes bereit. Und diese kann nun auf Seriennummernebene um beliebige Informationen erweitert werden, z.B. Individualisierungsoptionen, Messdaten und -protokolle, Übergabedokumente, passgenaue Ersatzprodukte im Fall von Abkündigungen, Zertifikate oder den künftig durch den Digitalen Produktpass der EU erforderlichen CO2-Fußabdruck des Produktes. Viele Funktionen und Möglichkeiten hat Wittenstein schon heute zukunftssicher in seinem digitalen Typenschild umgesetzt – und bietet damit wichtige Vorteile, etwa aus Inbetriebnahme- und Serviceperspektive.

 Der Anwender von Galaxie-Produkten kann unter anderem auf individuelle 
Vermessungsdaten oder die zugehörige Hysteresekennlinie zugreifen.
Der Anwender von Galaxie-Produkten kann unter anderem auf individuelle Vermessungsdaten oder die zugehörige Hysteresekennlinie zugreifen.Bild: Wittenstein SE

Praxisbeispiel 2: fertigungsbegleitend erhobene Messdaten

Eine fertigungsbegleitende Datenerfassung als Erweiterung des digitalen Typenschildes hat Wittenstein im Herstellungsprozess von Galaxie-Antriebssystemen umgesetzt. Der individuelle Identication Link wird für jedes einzelne Antriebssystem bereits vor Produktionsbeginn generiert und mit der Seriennummer verknüpft. Er begleitet das betreffende Getriebe durch alle Bearbeitungs- und Montagestationen, so dass für jedes einzelne Getriebe spezifische Eigenschaften wie Hysterese, Plan- und Rundlaufabweichungen, Leerlaufmomente oder innerhalb der Spezifikation liegende, mechanische Fertigungstoleranzen erfasst und – zusätzlich zu Produkteigenschaften und Leistungsdaten – als sogenannte erweiterte Daten digital bereitgestellt werden können. Das ersetzt bislang übliche, nicht-digitale Prüfprotokolle und ermöglicht es schnell und einfach, innerhalb einer Applikation das jeweils passende Getriebe, etwa einen Galaxie-Aktuator mit gemessenem Null-Spiel, auszuwählen oder mit Hilfe der Messwerte aus der Fertigung eine passgenaue Parametrierung durchzuführen. Bereitgestellt und für den Kunden freigeschaltet werden diese Informationen über das Wittenstein-Service-Portal.

Praxisbeispiel 3: digitale Wertschöpfung bei der Auslegung

Ein anderer Use Case des digitalen Zwillings, den Wittenstein bereits bei der IDTA und dem ZVEI initiiert hat, ist die interoperable Gestaltung von Engineering-Prozessen. Das Ziel ist es, den iterativen, interaktiven und interdisziplinären Prozess der Auswahl passender Antriebskomponenten für eine bestimmte Applikation, z.B. einen Bandantrieb, einen Linearantrieb oder einen Drehtisch, im Austausch zwischen Hersteller und Maschinenbauer effizient zu gestalten. Elektro-, Automatisierungs- und Mechanikexperten, die sich damit beschäftigen, sehen sich aktuell noch einer sehr fragmentierten Landschaft an Engineering- und Auslegungs-Tools gegenüber. Im Rahmen der Use-Case-Initiative bringt Wittenstein die Erfahrung der Auslegungssoftware Cymex 5 ein, welche bereits heute Produkte und Daten einer Vielzahl anderer Hersteller bereitstellt. Dieser Datenstrom in ein Sizing Tool erschließt bereits erste Effizienzpotenziale, die aber im Rahmen des Digital Twin weiter ausgebaut werden können. So beschäftigt sich der entsprechende Arbeitskreis zudem mit weiteren Themen des Datenaustauschs, z.B. mit standardisierten Informationsmodellen, um die Daten schneller Maschinenbauern und Anwendern bereitstellen zu können. Es wird an einem Datenmodell gearbeitet, das einmal Systemanforderungen, Umweltbedingungen oder Transformationsmechanismen im Rahmen einer Antriebsauslegung definieren und standardisiert darstellen soll. Geplant ist, dadurch beispielsweise das Erstellen sowie das Im- und Exportieren von Bewegungsprofilen als Teil der Auslegung über den digitalen Zwilling zu ermöglichen. Auch die Ergebnisse von Auslegungen – Stücklisten, komponenten- und systembezogene Auslastungsdaten und voraussichtliche Standzeiten im Feld – sollen in diesem Datenmodell standardisiert und damit interoperabel sowie hersteller- und lebenszyklusübergreifend dargestellt werden.

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