Nahwärmenetz intelligent visualisiert und gesteuert

Die Hackschnitzel-Anlage im Heizhaus verfügt über eine Gesamtleistung von etwa 1MW, aufgeteilt auf drei Brennwert-Kessel mit je 330kW Leistung.
Die Hackschnitzel-Anlage im Heizhaus verfügt über eine Gesamtleistung von etwa 1MW, aufgeteilt auf drei Brennwert-Kessel mit je 330kW Leistung.
Die Hackschnitzel-Anlage im Heizhaus verfügt über eine Gesamtleistung von etwa 1MW, aufgeteilt auf drei Brennwert-Kessel mit je 330kW Leistung.
Die Hackschnitzel-Anlage im Heizhaus verfügt über eine Gesamtleistung von etwa 1MW, aufgeteilt auf drei Brennwert-Kessel mit je 330kW Leistung.Bild: Danfoss GmbH

Im Wittelsbacher Land nahe Augsburg ist ein Nahwärmenetz auf Basis einer Hackschnitzel-Anlage entstanden, das als Musterlösung für die Wärmewende im ländlichen Raum gelten kann. Was in vielen Debatten Theorie bleibt, die vielbeschworene Verbindung von Klimaschutz und regionaler Wertschöpfung, ist hier Realität: Verantwortlich für Planung, Errichtung und Betrieb des Netzes ist ein Heizungsbauer aus dem Nachbarort, als Brennstoff-Lieferant fungiert ein ortsansässiger Hackschnitzel-Produzent, das Holz stammt aus dem Gemeindeforst. Für überregionales Flair sorgen hier lediglich die heiztechnischen Lösungen – darunter Übergabestationen sowie Visualisierungs- und Steuerungssoftware von Danfoss. Als 2018 nach einer Heizungslösung für den Erweiterungsbau der Kindertagesstätte gesucht wurde, stand für die kommunalpolitischen Entscheidungsträger von vorneherein fest, dass nur eine Heizung auf Basis Erneuerbarer Energien in Frage kam. Die Wärmepumpe sei dabei ‚kein Thema‘ gewesen, erinnert sich Bürgermeister Paul Reithmeir. „Im Gemeinderat ist vielmehr relativ schnell die Entscheidung gefallen: Wir gehen auf Hackschnitzel“. Ein Wärmenetz war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geplant – doch als das Vorhaben bekannt wurde, so Reithmeir, seien von Bürgerseite rasch die ersten Anfragen gekommen, ‚ob man sich an so eine Hackschnitzel-Heizung nicht anschließen könne‘. Tatsächlich gab es auch in vielen Haushalten Bedarf an einer neuen Heizungslösung, da die bestehenden Ölheizungen in die Jahre gekommen waren und ausgetauscht werden mussten.

Im größeren Gebäuden wie dem Eurasburger Rathaus wurden Übergabestationen vom Typ Danfoss DSA1 Mini verbaut.
Im größeren Gebäuden wie dem Eurasburger Rathaus wurden Übergabestationen vom Typ Danfoss DSA1 Mini verbaut.Bild: Danfoss GmbH

Nahwärme mit Hackschnitzel-Anlage

So reifte die Idee, das Konzept zu erweitern und ein Nahwärmenetz mit zentraler Hackschnitzel-Anlage in Angriff zu nehmen. Ein Infoabend im Rathaus zeigte dann, dass großes Interesse an der geplanten Dorfheizung bestand. Tatsächlich passte das Vorhaben sehr gut zu Eurasburg, dessen Gemeindefläche zu annähernd 60 Prozent von Wald bedeckt ist. „Der Rohstoff“, so Reithmeir, „kann uns eigentlich nie ausgehen“. Die Bedenken, ob es möglich sein könnte, die Bestandsgebäude des Ortes mit Wärmepumpen zu beheizen, waren demgegenüber weitaus größer. Woher diese Bedenken rührten, erläutert Heiztechniker Michael Gail aus dem benachbarten Friedberg: „Die bestehenden Gebäude sind überwiegend recht alt und wurden nie saniert; sie haben veraltete Heizkörper, und es gibt oft weder eine Dämmung noch moderne Fenster. Hier kann man aktuell keine Wärmepumpen empfehlen – sie wären kaum wirtschaftlich zu betreiben, weil der Heizwärmebedarf zu hoch ist“. Vom Eurasburger Gemeinderat als Heizungsexperte konsultiert, sprach sich deshalb auch Gail – dessen Firma schon mehrere biogasbasierte Wärmenetze realisiert hatte – für ein Nahwärmenetz auf Basis einer Hackschnitzel-Anlage aus.

Danfoss ECL Comfort 310 Regler zur Steuerung der DSA1 Mini Übergabestation
Danfoss ECL Comfort 310 Regler zur Steuerung der DSA1 Mini ÜbergabestationBild: Danfoss GmbH

Umsetzung in lokaler Eigenregie

Der Eurasburger Gemeinderat entschied sich nach Absage eines überregionalen Energieversorgers für eine Umsetzung in lokaler Eigenregie. Michael Gail und seine Heizungsfirma erklärten sich bereit, das geplante Wärmenetz auf eigene Rechnung zu realisieren und zu betreiben und erhielten Anfang 2020 grünes Licht für das Vorhaben – unter der Bedingung, alle öffentlichen Gebäude der Gemeinde mit anzuschließen. Die Vorfinanzierung des Projekts gelang dann u.a. mithilfe einer BAFA-Förderung für das Heizhaus mit Hackschnitzel-Anlage und einer KfW-Förderung für das Verteilnetz. Rund ein Drittel der Projektkosten konnte so letztlich über Fördermittel gedeckt werden. Gemeinsam mit lokalen Planern und Bauunternehmern realisierte die Fa. Gail binnen weniger Monate das komplette Netz – von der Grundplanung über den Bau des Heizhauses und die Verlegung der Rohrleitungstrassen bis zur Installation der Übergabestationen bei den einzelnen Anschlussnehmern. Schon Ende 2020 konnte dann der erste und mit etwa 300kW Heizlast auch größte Abnehmer – die nahe dem Heizhaus gelegene Grundschule samt Mehrzweckhalle – über eine Direktleitung mit Wärme versorgt werden. Mitte 2021 waren die Rohrleitungen komplett verlegt und alle Netzanschlüsse vorhanden. Da manche Teilnehmer zunächst noch Restölmengen verheizten, wurden die Anschlüsse jedoch erst nach und nach aktiviert, bis Anfang 2023 alle Anschlussnehmer am Netz waren. Für den Netzbetrieb wurde mit der MG Energie GmbH eine eigene Betreibergesellschaft gegründet, die mit allen Anschlussnehmern die zunächst auf zehn Jahre befristeten Abnahmeverträge schließt.

 In kleineren Gebäuden mit bis zu 30kW Heizlast (hier im Haus eines privaten Anschlussnehmers) sind Danfoss VXe Solo Stationen im Einsatz.
In kleineren Gebäuden mit bis zu 30kW Heizlast (hier im Haus eines privaten Anschlussnehmers) sind Danfoss VXe Solo Stationen im Einsatz. Bild: Danfoss GmbH

Erweiterungen bereits in Planung

Aktuell versorgt das Eurasburger Nahwärmenetz insgesamt 60 Gebäude, darunter neben Grundschule und Mehrzweckhalle noch weitere Großabnehmer wie Feuerwache, Rathaus und Kindertagesstätte. Eine Erweiterung um 20 zusätzliche Anschlussnehmer ist bereits in Planung und kann auf Basis der bestehenden Hackschnitzel-Anlage im Heizhaus realisiert werden. Diese verfügt über eine Gesamtleistung von etwa 1MW, aufgeteilt auf drei Hackschnitzel-Kessel mit je 330kW Leistung und Laufzeitabgleich sowie drei Pufferspeicher mit je 10.000l Fassungsvermögen, die zu einem einzigen Speicher zusammengeschaltet sind und Bedarfsspitzen abfedern können. Die Aufteilung auf drei Kessel plus Puffersystem stellt auch bei Ausfall eines der Kessel die Versorgung sicher. Die Auslastung der Anlage liegt aktuell bei etwa 70 Prozent, was Spielraum für die geplante Erweiterung lässt. Für die Zukunft wird darüber hinaus noch über die Ergänzung durch eine Solaranlage nachgedacht. Ein entscheidender Aspekt des Eurasburger Wärmenetzes: Die angeschlossenen Gebäude müssen keine speziellen Voraussetzungen in puncto Effizienzklasse erfüllen. Das gibt den Eigenheimbesitzern Zeit, energetische Sanierungen Schritt für Schritt zu realisieren. „Wir können die Temperatur so gestalten, dass es auch für nichtsanierte Gebäude funktioniert“, unterstreicht Martin Gail, Juniorchef der Fa. Gail und der MG Energie. An kalten Wintertagen fahren die Betreiber mit 85 bis 90°C VLT (Vorlauftemperatur) in die Leitungen, bei komfortablerer Witterung genügen 75 bis 78°C – bei einem Nenndruck von jeweils 3 bar und einer Pumpenfördermenge von durchschnittlich 25 bis 30m3/h (maximal wären bis zu 40m3/h möglich). Der Nenndruck im Rücklauf beträgt 2 bar, der Differenzdruck somit 1 bar. Gut sind die Spreizungsparameter des Netzes: Die Rücklauftemperatur liegt im Schnitt nur bei etwa 48 bis 50°C, bei hoher VLT bei maximal 55°C. Transportverluste bereits eingerechnet, wird also eine Spreizung von etwa 30 Kelvin erreicht.

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