Reparieren statt neu kaufen

Bild: Kuka AG

Fair Fashion, Slow Fashion, lokale Produktion, Kreislaufwirtschaft statt Tonnen von Textilien auf dem Müll. Nicht nur Umweltschützer fordern Veränderungen in der ressourcenintensiven Textilbranche, auch neue EU-Richtlinien sollen zur nachhaltigen Entwicklung der globalen Textilwertschöpfungskette beitragen. Doch der Weg dorthin ist nicht einfach, berichtet Christiane Luible-Bär. Die ausgebildete Modedesignerin arbeitete 2007 als junge Forscherin in Genf und war gerade dabei, ihr Doktorat abzuschließen: „Gemeinsam mit 35 Projektpartnern aus Industrie und Wissenschaft haben wir versucht, einen Anzug mit einem Roboter zu nähen. Wir sind jedoch daran gescheitert, weil Material und Schnitte im Herstellungsprozess sehr komplex sind“, erzählt Luible-Bär. Bis heute ist Automatisierung nur beim Nähen einfacher Kleidungsstücke möglich, deshalb werden Kleider immer noch personalintensiv in Billiglohnländern produziert.

Roboter drucken Kleidung, schneiden zu und nähen

Johannes Braumann, der im Bereich Creative Robotics an der Kunstuniversität Linz forscht, sagt: „Das Neue bei unserem Forschungsansatz ist, dass wir zuerst einen Schritt zurückgehen: Statt einen bestehenden Prozess durch Automatisierung möglichst effizient zu machen, versuchen wir, den Prozess neu zu denken.“ Dieser Ansatz wurde das Herzstück des PEEK-Projekts ‚Fashion and Robotics‘, gefördert vom Wissenschaftsfonds FWF: Anstatt Textilien und zweidimensionale Schnitte sowie den herkömmlichen Herstellungsprozess zu verbessern, sollten 3D-Prozesse und neue Materialien für die Modeindustrie geschaffen werden. „Wir wollten damit vom alten Denken ,Ich brauche ein Textil, einen Schnitt und eine Nähmaschine‘ wegkommen“, erklärt Projektleiterin Luible-Bär. In einem ersten Schritt startete das Team mit Robotern, die mittels 3D-Druck ein Kleidungsstück erzeugten. Ebenso entwickelte man Roboterarme, die dreidimensional zuschneiden oder nähen können.

Löcher stopfen neu gedacht

Doch im Lauf des fast vier Jahre dauernden Projekts gewann die Diskussion über nachhaltige Mode an Bedeutung und das interdisziplinäre Team suchte nach neuen Ansätzen. So entwickelte man das Electro-Spinning für Reparaturen als Ersatz für das klassische Stopfen. Braumann erklärt das so: „In einem Hochspannungsfeld wird von einem Roboterarm ein Polymer auf die zerrissene Stelle eines Kleidungsstücks gesprüht, dieses bildet Nanofasern und die verbinden sich mit dem Textil.“ Mit dieser Automatisierung sollen Reparaturkosten auf etwa 2€ sinken, wodurch erreicht werden soll, dass auch Reparieren leistbar und wieder interessant wird. Derzeit ist es oft billiger, sich ein neues Kleidungsstück zu kaufen. Auch aus Sicht der Logistik entstehen weitere Vorteile, betont Braumann: „Einerseits ist Robotik in großen Fabriken einsetzbar und Stückzahlen von Hunderttausenden bewirken viel in puncto Nachhaltigkeit. Andererseits funktioniert so ein Roboterarm auch in urbanen Räumen als Micro-Factory.“

Diese Möglichkeit wiederum führt vom 3D-Repair zum 3D-Redesign: Wenn jemand seine fünf Jahre alte Hose in einer Änderungsschneiderei reparieren lässt, so können Designer in Zusammenarbeit mit dem Roboter Designvorschläge machen, um die Hose einem aktuell modischen Schnitt anzupassen. So würde Bekleidung länger getragen werden. Außerdem würden sich Berufsbilder weiterentwickeln. Etwas, was Luible-Bär durchaus unterstützt, da sie als Lehrende an der Kunstuniversität Linz ihren Studierenden auch neue Perspektiven mitgeben möchte.

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