Steigende Anforderungen an die Lagerhaltung technologisch lösen

Bild: Franz Binder GmbH & Co. Elektrische Bauelemente KG

Die Anforderungen an Warenlager haben sich im letzten Jahrzehnt verändert und bisher hat sich nicht der eine richtige Lösungsweg herauskristallisiert. Die perfekte Lösung für alle Lager kann wohl nie gefunden werden, denn nicht nur die logistischen Abläufe sind im Wandel, sondern auch die Technologien, die diese am Laufen halten. Es kann sich also lohnen, auf die technische Modernisierung anderer Lager zu schauen, um einzuschätzen, welche Lösungsansätze auch im eigenen Fall Sinn ergeben. Im Folgenden soll daher ein Neubauprojekt in Bezug auf seine Lösungsansätze beschrieben werden.

Bilder: Franz Binder GmbH & Co. Elektrische Bauelemente KG

Wände einreißen

Bei Binder, einem der Anbieter im Bereich Rundsteckverbinder für die Industrie- und Automatisierungstechnik, entsteht am Hauptsitz in Neckarsulm in zwei Bauphasen ein neues Werk mit Produktion, Logistik, Büros und Sozialräumen. Wie für nahezu alle Lagerbetreiber ging es auch hier darum, Effizienz und Qualität zu steigern und die Kosten zu senken. Kunden erwarten heutzutage schnellere Lieferungen. Zugleich werden die Logistikprozesse im Zuge der Globalisierung komplexer. Einzelteile oder Waren werden aus verschiedensten Teilen der Welt ins Lager befördert, um von dort im fertigen und verpackten Zustand wieder eine Reise in alle Welt anzutreten. Das hat auch deutliche Auswirkungen auf die Intralogistik, sodass der Anspruch war, sowohl auf Hard- als auch auf Softwareebene dem Warenfluss die Komplexität zu nehmen. Um dies zu bebildern, lohnt ein Blick auf die Bauprozesse.

Zum Ende des ersten Bauabschnitts konnte die Produktion und der neue Logistikbereich mit Hochregallager für Paletten und Kleinteilelager für Behälter sowie umfangreicher Fördertechnik planmäßig in Betrieb genommen werden. Das neue Zentrallager vereint die zuvor baulich und räumlich getrennten Versand- und Teilelager. In der zweiten Bauphase werden dann schrittweise die drei Werke zusammengeführt und zugleich direkt ans Zentrallager angebunden. Durch die Konzentration der Warenströme wird die Komplexität der logistischen Abläufe signifikant reduziert werden. Möglich macht das eine Logistikanlage mit dem höchsten Automatisierungsgrad der Binder-Unternehmensgeschichte.

Bild: Franz Binder GmbH & Co. Elektrische Bauelemente KG

Wenn Kapazitäten an Grenzen stoßen

Verfolgt wurden u.a. zwei Lösungsansätze, die auf andere Lager übertragbar sind – Platzoptimierung und Automatisierung. Eine der größten Herausforderungen in Warenlagern ist die effiziente Nutzung des verfügbaren Platzes. Das hieß im Fall von Binder, dass Räumlichkeiten zusammengelegt oder enger miteinander verbunden wurden. Platzoptimierung kann aber auch die Maximierung der Lagerkapazität bedeuten, die im Zuge steigender Nachfrage nach Produkten erforderlich wird. Hier können Technologien wie automatische Regalsysteme und vertikale Lagerung zum Einsatz kommen. Vollautomatisierte Lager, wie bei Binder, können heute dreimal so hoch gebaut werden wie manuelle Lager. Durch die Nutzung der Höhe lagern mehr Produkte auf kleinerer Fläche, nicht zuletzt, wenn man wie in diesem Use-Case noch auf doppeltiefe Lagerung setzt.

Der zweite Lösungsansatz, Automatisierung, ist für Lagerbetreiber omnipräsent. Automatisierte Systeme wie fahrerlose Transportsysteme und Roboter ermöglichen eine effiziente und präzise Lagerverwaltung. Sie bewegen Waren schneller und genauer, was zu einer Reduzierung von Fehlern und einer Steigerung der Produktivität führt. Gibt es gutlaufende manuelle Prozesse, kann eine Kombination von manuellen und automatisierten Prozessen im Lager sinnvoll sein. Vorausgesetzt, es sind genügend Arbeitskräfte vorhanden. Denn Automation kommt nicht nur zur Effizienzsteigerung zum Einsatz, sondern auch um den bestehenden Fachkräftemangel zu begegnen. Dabei ersetzen Automationssysteme nicht nur manuelle Prozesse, sondern vereinfachen z.B. mit Step-by-Step-Anweisungen an den Arbeitsplätzen Prozesse so weit, dass auch ungelernte Mitarbeiter diese ausführen können.

Wachstumsbedingt stießen die die Kapazitäten bei Binder an ihre Grenzen. Mit Blick auf die Zukunft hatte sich das Unternehmen daher für ein vollautomatisiertes Lager entschieden, nicht zuletzt, da es eine Doppelnutzung gibt. Der Neubau ist sowohl Nachschublager für die Produktion als auch Fertigwarenlager für den Versand. Automatisierung hilft Prozessfehler, die bei so einer Doppelnutzung auftreten können, zu verhindern.

Technologien orchestrieren mittels SAP

Möglich ist dies, wenn die Software-Seite – in diesem Fall SAP-Software – alles gut aussteuert. Das Lager besteht aus einem automatischen Palettenlager (APL) mit doppeltiefer Lagerung und einer Kapazität von rund 1.500 Stellplätzen sowie einem 4-fach tiefem Shuttlelager für Behälter mit rund 45.000 Behälterplätzen in drei Gassen und 58 Ebenen. Die Ein- und Auslagerung der Paletten im APL erfolgt über ein vollautomatisches Regalbediengerät und einer Leistung von 35 Doppelspielen pro Stunde. Im Shuttlelager kommen pro Gasse vier besonders dynamische Shuttlefahrzeuge zum Einsatz, die eine Leistung von 450 Doppelspiele pro Stunde erbringen. Das ermöglichte eine Verdreifachung der Kapazität im Vergleich zum alten Lager. Über die Zahl der Shuttlefahrzeuge kann die Leistung der Anlage mit dem perspektivisch weiter zunehmenden Bedarf sogar noch wachsen.

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