Virtuelle Zwillingeim After Sales

Bild: Dassault Systemes Deutschland GmbH

Häufig fokussieren Hersteller auf den Verkauf neuer Maschinen an den Kunden, verlieren aber aus den Augen, was im Feld passiert. Dabei bildet der Zeitraum bis zur Einführung eines neuen Produkts nur einen kleinen Teil des Lebenszyklus ab, während die Maschine meist mehrere Jahrzehnte im Betrieb ist. Um das volle Potenzial der Aftermarket-Aktivitäten zu nutzen, könnte der komplette Produktlebenszyklus betrachtet und der technologische Wandel auch im Serviceangebot vorangebracht werden. Bei Digitalisierungsprojekten im After Sales-Bereich können spezifische digitale Zwillinge den Eckpfeiler bilden: Diese Modelle vermitteln Maschinenbetreibern ein individuelles Bild einer spezifischen Anlage oder Maschine. Für Hersteller eröffnen sich hierdurch potenziell neue Geschäftsmodelle, während Betreiber eine effizientere Wartung und Reparatur erwarten können.

Herausforderungen im Service

Obwohl die Bedeutung des Servicegeschäfts für den Maschinenbau anhaltend steigt, ist der Bereich für viele Firmen noch eine Herausforderung. Grund hierfür ist häufig eine Kommunikationsbarriere. Wenn sich beispielsweise das Installations- und das Serviceteam nicht ausreichend miteinander abstimmen und mit isolierten Daten arbeiten, bleiben Erkenntnisse aus dem Service schnell ungenutzt. Zudem verlangsamt das unter Umständen Arbeitsschritte und kann Redundanzen auslösen. Diese Probleme will Softwarehersteller Dassault Systèmes mit seiner Virtual-Twin-Anwendung auf der Datenplattform 3DExperience aus der Welt schaffen. Dieses Systerm ermöglicht es Teams, auf Basis aktuelle Arbeitsgrundlagen zusammenzuarbeiten. Dadurch sind aktuelle Projektstatus stets offenkundig. Parallel dient die Plattform dem Austausch, damit Feedback aus dem Serviceteam in die Entwicklung und Installation einfließen kann.

Den nächsten Schritt gehen

Der französische Engineering-Softwarespezialist sieht im virtuellen Zwilling eine Erweiterung des digitalen Zwillings. Dieser sei zwar das digitale Abbild eines Produktes, lasse sich später aber nicht mehr aktualisieren. Dieser Logik folgend, nutzen einige Unternehmen bereits digitale Zwillinge, die sich eben nicht updaten lassen, wenn sich Anpassungen am Produkt ergeben. Dem Serviceteam bleibt zur Vorbereitung auf einen Wartungs- oder Reparatureinsatz nur das unveränderte digitale Modell der Maschine oder Anlage. Nach zahlreichen Modifizierungen bildet dieses allerdings in vielen Fällen nicht mehr die Realität ab. Das hat drei entscheidende Nachteile: Zum einen kann es sein, dass sich das Serviceteam vor Ort mit unerwarteten Problemen konfrontiert sieht und deshalb improvisieren muss. Zum anderen lassen sich Ausfälle mangels aktueller Daten zumeist lediglich ungenau prognostizieren und präventiv verhindern. Zudem lässt sich ein vorrausschauendes Ersatzteilmanagement oft nur schwer umsetzen. Auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlern und Verzögerungen steigt, wenn Arbeitskräfte auf einen nicht-aktuellen virtuellen Zwilling als Orientierungshilfe zurückgreifen müssen. Wenn der digitale Zwilling laufend aktualisiert wurde, lassen sich diese Stolperfallen vermeiden.

Potenzial für Verbesserungen

Virtual Twin-Systenme bieten den Anwendern viele Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle wie Equipment-as-a-Service (EaaS). Zudem bieten entsprechende Integrationen die Gelegenheit, interne Datensilos aufzulösen und Unternehmensbereiche besser zu vernetzen. Ob Konstruktions- oder Serviceteam – mit einem 3D-Modell der Maschine sprechen alle dieselbe Sprache, um daran zu arbeiten. Spezifische Abbilder bieten Arbeitskräften außerdem die Möglichkeit, Wartungsarbeiten oder Probleme zum Teil vorab in der virtuellen Welt zu identifizieren. So lassen sich Lösungsansätze früh erarbeiten, um Probleme vor Ort schneller zu lösen. Hinzu kommt eine oft bessere Planbarkeit des Produktverschleißes, sodass Unternehmen Ersatzteile passend nachbestellen können. Insgesamt können Maschinenbetreiber erwarten, dass der Einsatz eines digitalen Zwillings positiven Einfluss auf die Gesamtanlageneffektivität (OEE) ausübt.

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