Mehr ERP aus der Cloud

Bild: ©tadamichi/stock.adobe.com

Die Corona-Krise hat viele Unternehmen kalt erwischt und ihnen vor Augen geführt, wo es in Sachen Digitalisierung, IT-Sicherheit und Collaboration mangelt. Wer bereits seine ERP-Software und andere Operativsysteme über die Cloud bezog, hatte allerdings weniger Einschränkungen in seinem gewohnten Arbeitsumfeld zu befürchten, so die Autoren der ERP-Studie 2020, die von der Unternehmensberatung Softselect veröffentlicht wurde. Darin hat das Beratungshaus mehr als 100 ERP-Lösungen untersucht. „Zu beobachten ist, dass die hierzulande in den letzten Jahren immer noch latent spürbare Skepsis gegenüber Cloud-Lösungen und Daten außerhalb der Unternehmensgrenzen seither spürbar rückläufig ist. Tatsächlich ist bei Softwareauswahlprojekten eine deutliche Zunahme der Cloud-Fähigkeit als Kernanforderung zu verzeichnen“, so SoftSelect Geschäftsführer Michael Gottwald. Die Notwendigkeit, Kosten zu senken, zwinge viele Unternehmen dazu, die vorhandenen IT-Infrastrukturen auf den Prüfstand zu stellen. Auch seien Unternehmen eher dazu bereit, Prozesse zu verändern und Kompromisse einzugehen.

Die Integration von IoT-Devices, IoT-Daten oder IoT-Workflows in das ERP wird bislang von gut einem Drittel der Lösungen ermöglicht.
Die Integration von IoT-Devices, IoT-Daten oder IoT-Workflows in das ERP wird bislang von gut einem Drittel der Lösungen ermöglicht.Bild: SoftSelect GmbH

Vielfältiges Angebot

Das Angebot an ERP-Lösungen ist durch neue Cloud-, Mobil- und Branchenlösungen vielfältiger als je zuvor, auch die Frage nach der optimalen Technologie und das individuell passende Bereitstellungsmodell beschäftigt heute Anwenderunternehmen, die vor Investitionsentscheidungen stehen. 89 Prozent der in der Softselect-Studie untersuchten ERP-Systeme werden klassisch als Inhouse-Variante angeboten, während 76 Prozent der Lösungsangebote über die Cloud als Software-as-a-Service (SaaS) bereitgestellt werden – 11 Prozent mehr als in der Vergleichsstudie 2018. SaaS gilt als Nachfolger des Application Service Providing (ASP) und gehört somit zu den On-Demand-Verkaufsmodellen. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass beim ASP eine Lösung für einen Anwender extern gehostet und bereitgestellt wird, während beim SaaS eine Plattform vielen unterschiedlichen Anwendungsunternehmen zur Verfügung gestellt wird, was den Serviceaufwand und Kosten, aber auch die Individualisierbarkeit reduziert. Abgerechnet wird dabei nur die tatsächliche Nutzung und die Lösung ist leichter skalierbar. Zu den Nachteilen zählen jedoch die Abhängigkeit vom Anbieter, etwaige Infrastrukturprobleme (langsame Internetverbindung) oder auch Sicherheitsbedenken. Wie aus der Studie jedoch hervorgeht, wächst bei IT-Verantwortlichen die Akzeptanz von SaaS-Lösungen. 2016 zeigten sich im Softselect-Report nur 7 Prozent aufgeschlossen, in der aktuellen Studie ist dieser Wert auf 34 Prozent gestiegen – die Voraussetzung dafür ist laut Studie jedoch eine Datenverarbeitung innerhalb der EU. Viele der untersuchten Lösungen sind zudem auf spezifische Branchensegmente wie Industrie (71 Prozent), Handel (65 Prozent) oder Dienstleistungen (63 Prozent) fokussiert. Im industriellen Anwendungsumfeld werden zudem eine Vielzahl von Fertigungsarten unterstützt – von der Einzelfertigung, Kleinserienfertigung, und Variantenfertigung über die Losgrößenfertigung und Serienfertigung bis zur Fließfertigung, Prozessfertigung und Kanban-Fertigung. 62 Prozent der ERP-Systeme sind laut Anbieterangaben branchenunabhängig einsetzbar.

Einen gewissen Leistungsumfang, beispielsweise CRM-Möglichkeiten, bieten nahezu alle der untersuchten Systeme.
Einen gewissen Leistungsumfang, beispielsweise CRM-Möglichkeiten, bieten nahezu alle der untersuchten Systeme.Bild: SoftSelect GmbH

Von CRM bis PPS

Zu den gängigsten Kernbereichen, die von den untersuchten ERP-Systemen abgedeckt werden, gehören u.a. die Waren- und Materialwirtschaft (98 Prozent), CRM (92 Prozent), DMS (88 Prozent) und Business Intelligence (82 Prozent). Während Personalverwaltung (66 Prozent), Personalabrechnung (55 Prozent) oder das Advanced Planning & Scheduling (54 Prozent) zur Optimierung der Ressourcenplanung noch von mehr als der Hälfte der Lösungen abgebildet werden, werden Entwicklung/Konstruktion (34 Prozent), MES-Lösungen (29 Prozent) und das Computer Integrated Manufacturing (CIM, 24 Prozent) nur von wenigen Systemen unterstützt.

Bild: SoftSelect GmbH

ERP-Systeme für die Industrie

Für die verarbeitende Industrie sind die Funktionen im Bereich Fertigungssteuerung von besonderem Interesse. Durch die Überwachung von Produktionsabläufen schaffen sie Transparenz in der Produktion und ermöglichen es, den Unternehmen ihre Planungsstrategien flexibel an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Dafür bieten ERP-Systeme eine breite Palette an Fertigungsfunktionalitäten wie Chargenverfolgung, Ressourcenbelegung und Kapazitätsplanung an. Von den in der Studie genannten ERP-Lösungen, die Fertigungsfunktionalitäten abdecken, haben 96 Prozent eine Chargenverfolgung, mit der sich der Weg eines Produkts zurückverfolgen lässt. Für Fertigungsunternehmen ist es zudem wichtig, über die Ressourcenbelegung im Bilde zu sein. Welche Maschinen sind ausgelastet, wie viel Kapazität ist noch vorhanden, mit welchen vorhandenen Kapazitäten kann das Unternehmen planen? Dafür bieten die meisten der untersuchten Systeme eine Einzelauftragsfreigabe mit Anzeige der Material- (96 Prozent) und der Kapazitätsverfügbarkeit (88 Prozent) an. Zudem können rund sieben von zehn Lösungen in der Auftragsfreigabe auch die Betriebsmittelverfügbarkeit (78 Prozent) oder Personalkapazität (68 Prozent) ermitteln. Zudem deckt die Mehrheit der ERP-Systeme PPS-Funktionalitäten ab. PPS-Lösungen werden zur Planung, Steuerung und Überwachung der Produktion eingesetzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert