Wie mehr Tempo reinkommt

Bild: Rittal GmbH & Co. KG

Der Anteil manueller Arbeit ist im Steuerungs- und Schaltanlagenbau bis heute sehr hoch – was die Branche für aktuelle Entwicklungen wie den Fachkräftemangel besonders anfällig macht. Gerade die Verdrahtung kostet viel Arbeit und vor allem Zeit, die man oft nicht hat. Doch was sind echte Tempomacher in der Praxis und wie fängt man richtig an?

Bild 2 | Wire Terminal WT C: 
Mit dem neuen DrahtkonfektionierVollautomaten können bis zu 36 
unterschiedliche Drähte in den 
Querschnitten 0,5 bis 6 mm2 
vollautomatisiert produziert werden.
Bild 2 | Wire Terminal WT C: Mit dem neuen DrahtkonfektionierVollautomaten können bis zu 36 unterschiedliche Drähte in den Querschnitten 0,5 bis 6 mm2 vollautomatisiert produziert werden.Bild: Rittal GmbH & Co. KG

Gleich richtig anfangen

„Die Basis für einen effizienten Steuerungs- und Schaltanlagenbau ist ein hundertprozentig korrekter Stromlaufplan“, erläutert Uwe Harder, Leiter Eplan Consulting. „Alle weiteren Schritte bauen auf dieser digitalen Basis auf – allerdings wird heute oft nur ein logischer Stromlaufplan erstellt, der nicht bis auf die Drahtebene hinuntergeht. Dann fehlen Details wie Farbe und Durchmesser eines Drahts oder die genaue Klemmenzahl. Diese Lücken wirken sich dann vor allem in der Fertigung aus, wo viel Fachwissen notwendig ist, um trotz unvollständiger Unterlagen einen funktionierenden Schaltschrank zu fertigen. Dass auf einer solchen Basis Automatisierung nur eingeschränkt möglich ist, ist logisch.“ Die Mitarbeitenden im Eplan Consulting besitzen breites Fachwissen und viel Erfahrung aus einer Vielzahl von Projekten und Branchen in allen Firmengrößen. Harder zählt die wichtigsten Faktoren für einen effizienten Prozess auf: „Das beginnt mit der Entwicklung von Konstruktionsmethoden und -standards – und das übergreifend über alle Disziplinen. Integrierte Systeme ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf das Produkt und sind die Voraussetzung für eine wirklich umfassende digitale Abbildung – einen digitalen Anlagenzwilling. Wir beraten zudem bei der Anbindung der Konstruktionsumgebung in Systemlandschaften wie ERP, PLM und andere IT-Systeme.“ Die Arbeit für die Consultants beginnt mit einer sorgfältigen und umfassenden Prozessanalyse, bei der der Ist-Zustand aufgenommen wird. Daraus entsteht ein Angebot, das bereits eine ROI-Betrachtung enthält, sodass der Kunde sehr genau weiß, welche Maßnahmen notwendig sind, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Harder weiter: „Da geht es nicht nur um die Anbindung an andere Abteilungen, beispielsweise mit SAP, sondern auch ganz konkret im Engineering selbst, etwa an die Klemmenkonfiguratoren der Hersteller. So lassen sich viele Prozesse und Abläufe, die heute noch manuell ablaufen, digitalisieren und damit automatisieren. Gleichzeitig entstehen hier in Eplan die vollständigen Unterlagen, die später in der Fertigung als Basis zur Automatisierung dienen.“

Bild 3 | Bis zu 80 Meter können Drähte über Teflonschläuche an Arbeitsplätze geschossen werden.
Bild 3 | Bis zu 80 Meter können Drähte über Teflonschläuche an Arbeitsplätze geschossen werden.Bild: Rittal GmbH & Co. KG

Potenzial liegt im Prozess

Dass diese Automatisierung großes Potenzial für Optimierungen bietet, zeigen Zahlen von Matthias Schüler, Abteilungsleiter Value Chain Consulting bei Rittal. Dort hat man im Rahmen einer Benchmark-Studie einen vorher definierten Schaltschrank integrieren lassen – manuell, teil- und vollautomatisiert. Erforderte die Integration ohne weitere Hilfsmittel von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung 58 Stunden, konnte die Fertigungszeit mit einfachen Automatisierungslösungen auf 34 Stunden gesenkt werden. Im vollautomatisierten Prozess war der Schrank dann in nur noch 24 Stunden fertig – zweieinhalbmal so schnell wie im manuellen Prozess. Schüler bewertet das Ergebnis: „Ein großes Einsparpotenzial liegt im Prozess, nicht im Produkt! Der manuelle Prozess wird zum Ende hin immer arbeitsintensiver, hierbei investiert man typischerweise weniger Zeit in die Konstruktion und Erstellung der digitalen Daten. Automatisierte Prozesse erfordern dagegen mehr Vorbereitung, während sich der Zeitbedarf im Verlauf des Prozesses verringert – Vorbereitung zahlt sich also aus.“ Auch in diesem automatisierten Prozessschritt lässt sich die Erstellung der digitalen Daten verbessern, beispielsweise indem bei der 3-D-Schaltschrankplanung in Eplan Pro Panel die Komponentendaten aus dem Eplan Data Portal eingesetzt werden, statt auf Step-Daten der Hersteller zurückzugreifen. Zwar enthalten die Step-Daten genaue Geometrien der Komponenten, die auf der Montageplatte positioniert werden sollen, aber eben nicht mehr. Der Datensatz einer Komponente im Eplan Data Portal enthält neben der Außengeometrie die Position und Bedeutung der Anschlüsse, die Position und Art der Befestigungspunkte sowie weitere Informationen beispielsweise für die thermische Analyse des Schaltschranks.

Bild 4 | Perforex LC 3030: Das Lasercenter wurde speziell für die automatisierte, 
mechanische Modifizierung von Standard-Schaltschränken aus Edelstahl, Stahlblech und pulverbeschichteten Blechen entwickelt.
Bild 4 | Perforex LC 3030: Das Lasercenter wurde speziell für die automatisierte, mechanische Modifizierung von Standard-Schaltschränken aus Edelstahl, Stahlblech und pulverbeschichteten Blechen entwickelt.Bild: Rittal GmbH & Co. KG

Zeit sparen durch richtige Daten

Ein Datensatz im Eplan Data Portal ist quasi der digitale Zwilling einer Komponente, mit allen Informationen, die im weiteren Prozess noch benötigt werden – von der automatisierten Herstellung der Montageplatte mit Bohrungen, Gewinden und Ausbrüchen bis zur Verdrahtung. Im Data Portal stehen 2,5 Millionen Datensätze für Komponenten von 400 Herstellern bereit – es bedeutet also keine Einschränkung, diese Daten zu nutzen. „In einer Studie brachte die Nutzung des Data Portals allein sieben Stunden Zeitersparnis gegenüber der Nutzung von Step-Daten im Layout“, verdeutlicht Schüler die Vorteile. Sind alle Komponenten platziert, kann die Software die Drähte vollautomatisch routen. Anhand der Drahtdurchmesser lässt sich der Füllgrad der Kabelkanäle berechnen. Klemmen und Komponenten können an Konfektionierungsprogramme und ERP-Systeme zur Bestellung übergeben werden.

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