80% bis 2030 im Visier

Anforderungen und Industrie 4.0-Technologien

Aus den oben beschriebenen Anwendungsfällen ergeben sich zwei zentrale Anforderungen an eine digitale Lösung für ein lebenszyklusbasiertes Nachhaltigkeitskonzept:

  • Asset-Lebenszyklusinformationen müssen während des Lebenszyklus im digitalen Zwilling gesammelt werden.
  • Die IT-Infrastruktur muss in der Lage sein, die Daten des digitalen Zwillings zu speichern, bereitzustellen und zu vernetzen.

Aus diesen Voraussetzungen und den vorgeschlagenen Industrie 4.0-Technologielösungen lassen sich weitere allgemeine Anforderungen bezüglich der Lebenszyklusinformationen ableiten:

  • eindeutige Identifikation eines Assets
  • Wissen über Art und Aufbau des Assets sowie andere semantisch angereicherte Informationen
  • Versionierung von Änderungen mit direktem Bezug zu einem Asset über den Lebenszyklus hinweg
  • Migration und Rückwärtskompatibilität von Updates des Industrie 4.0-Ökosystems, z.B. des Informations-Metamodells

Damit die Infrastruktur in der Lage ist, digitale Zwillinge zu speichern, bereitzustellen und zu vernetzen, müssen folgende Aspekte erfüllt sein:

  • Interoperabilität aller beteiligten Instanzen wie z.B. IT-, OT- und ET-Systeme verschiedener Unternehmen
  • Verbindungen zwischen physischen Objekten und digitalen Abbildern, z.B. mithilfe von industriellen IoT- und cyber-physischen Systemen (CPS)
  • lebenslange Verfügbarkeit der Informationen durch Langzeitspeicherung
  • Unveränderlichkeit und Konsistenz der Informationen

Technologien, die diese Anforderungen zum Teil erfüllen, gibt es bereits. So kann z.B. eine eindeutige Asset-Identifizierung wie in der IEC 61406-1 beschrieben über einen herstellerunabhängigen Identifizierungslink per QR-Code oder NFC-Tag verknüpft werden. Ein solcher Link ermöglicht sowohl eine stabile Identifizierung als auch eine Verbindung zwischen dem physischen Objekt (der QR-Code oder das NFC-Tag ist physisch am Asset befestigt) und seinem digitalen Abbild. Im Hinblick auf die Speicherung und den Abruf von Informationen über die Art und den Aufbau eines Assets treiben die Plattform Industrie 4.0 (ein Netzwerk von Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen zur Förderung der Industrie 4.0 und der digitalen Transformation) und die Industrial Digital Twin Association (IDTA) die Standardisierung der AAS als generisches Konzept des digitalen Zwillings voran; eine internationale Standardisierung erfolgt als Normenreihe IEC 63278-x. Die sichere Verbindung eines physischen Objekts mit seinem digitalen Abbild – z.B. durch industrielle Feldbusse, Ethernet-basierte industrielle IoT-Technologien oder interoperable Technologien wie OPC UA – wird für den Nutzer durch Anbindung an eine AAS transparent. Interoperabilität wird durch Integration herstellerspezifischer Modelle wie dem ABB Ability Information Model in herstellerunabhängige und standardisierte AAS- oder OPC UA-Informationsmodelle erreicht. Darüber hinaus bieten digitale Konzepte wie die AAS eine einfache Möglichkeit, um z.B. digitale Zwillinge in Simulationen in einem CPS einzubinden. Und schließlich können Analysen und Optimierungen auf der Basis maschineller Lernverfahren (ML) oder künstlicher Intelligenz (KI) dabei helfen, die über digitale Zwillinge und digitale Infrastrukturen zugänglichen großen Datenmengen nutzbringend einzusetzen. Die damit verbundenen, noch nicht behandelten Anforderungen sind Gegenstand laufender Forschungs- und Standardisierungsarbeiten. Digitale Zwillinge können zudem äußerst nützlich sein, wenn es darum geht, Anforderungen im Hinblick auf Umweltgesetze und Nachhaltigkeitsvorschriften zu erfüllen – schließlich ist die Kreislaufwirtschaft nur möglich, wenn Produkte fachgerecht ohne Materialverluste oder die Freisetzung von Gefahrstoffen wiederaufbereitet werden können. Viele Gesetze und Vorschriften – wie die RoHS- und WEEE-Richtlinien oder die REACH-Verordnung – verlangen eine bestimmte Art der Dokumentation. Diese kann mithilfe von digitalen Zwillingstechnologien und Modellen bereitgestellt werden, die an Veränderungen der Produkte bzw. des Materials über deren Lebenszyklus hinweg angepasst werden können und einen langfristigen Zugang garantieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert