Öffnet die Systeme

Bild 1 I Für Schaltanlagenbauer bietet Schneider Electric einen Self-Check zur Standortbestimmung in Sachen Digitalisierung.
Bild 1 I Für Schaltanlagenbauer bietet Schneider Electric einen Self-Check zur Standortbestimmung in Sachen Digitalisierung.
Bild 1 I Für Schaltanlagenbauer bietet Schneider Electric einen Self-Check zur Standortbestimmung in Sachen Digitalisierung.
Bild 1 I Für Schaltanlagenbauer bietet Schneider Electric einen Self-Check zur Standortbestimmung in Sachen Digitalisierung.Bild: Schneider Electric GmbH

Die Digitalisierung im Schaltschrankbau ist schon seit einiger Zeit das alles beherrschende Thema. Wie ist Ihrer Einschätzung nach der Stand der Dinge: Stellt sich das Gros der Schaltschrankbauer diesem Transformationsprozess? Vielleicht in diesen Zeiten umso mehr, wo doch bei Vielen aufgrund von Materialknappheit die Auftragsbearbeitung ins Stocken geraten ist?

Markus Hettig: Zeit, sich diesem Thema zu widmen, ist gegenwärtig bei Vielen tatsächlich vorhanden, ebenso wie die Einsicht in die Notwendigkeit, dies zu tun. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass es immer mehr gut ausgebildete Fachkräfte gibt, die in den Ruhestand gehen. Wenn aber ein Schaltschrank verdrahtet wird, liegt heute mehr denn je ein großer Fokus auf der Qualität bei gleichzeitiger hoher Verarbeitungsgeschwindigkeit. Ein Schaltanlagenbauer, der 30 Jahre Berufserfahrung hat, durfte dies alles gründlich von der Pike auf lernen. Diese Zeit räumt man den heutigen Auszubildenden nicht mehr ein. Also müssen diese digital unterstützt werden. Ein weiterer Aspekt ist die konsequente Entfernung manueller Schnittstellen im Schaltanlagenbau im Hinblick auf Effizienzgewinne und Qualitätssicherung. Beispiel Netzberechnung: Wenn ich diese bereits mithilfe eines entsprechenden Software-Tools erledigt habe, ist es völlig unnötig, alle Daten im Rahmen der Elektroplanung noch einmal manuell einzupflegen und mir darüber Gedanken zu machen, wie die Schaltanlage auszusehen hat. Die Schaltanlagenstruktur – Hauptverteilung, Unterverteilung, die darin enthaltenen Hauptlastgruppen – sind bereits Teil der Netzberechnung. Wir haben deshalb in Kooperation mit unseren Schwestergesellschaften unser Software-Angebot so ausgelegt, dass sich dieser Prozess von teilweise acht Stunden auf 30 Minuten reduzieren lässt. Zusätzlich werden auf diese Weise Fehlerquellen ausgeschaltet. Die Ende-zu-Ende-Durchgängigkeit von Datensätzen erreichen wir dabei durch die Verwendung offener Datenformate wie ECLASS Advanced. Datensätze einer Schaltanlage werden also von der Planung bis zur Übergabe an den Betreiber und darüber hinaus permanent und lückenlos angereichert. Auf diese Weise konnte auch unsere Zusammenarbeit mit dem Schaltanlagen-Anbieter Sedotec effizient auf die Beine gestellt werden.

Bild 2 I Die Integration der Schneider-Electric-Schaltgeräte in die Vamocad-Planungssoftware 
des Herstellers Sedotec ist ein Beispiel für eine bilaterale Kooperation.
Bild 2 I Die Integration der Schneider-Electric-Schaltgeräte in die Vamocad-Planungssoftware des Herstellers Sedotec ist ein Beispiel für eine bilaterale Kooperation. Bild: Sedotec GmbH & Co. KG

Für viele Schaltanlagenbauer war die eigene Standortbestimmung beim Thema Digitalisierung bisher ein großer Hemmschuh. Nun bietet Schneider Electric einen sogenannten Self-Check an. Was steckt genau dahinter, und wie wurde dieser bisher angenommen?

Hettig: Der Self-Check hat sich aus den Gesprächen entwickelt, die wir mit Schaltanlagenbauern und Planern hatten. Grundgedanke war, dass wir Schaltanlagenbauern eine Gelegenheit der Selbsteinstufung geben wollten. Denn in der Regel setzt eine solche Selbsteinstufung ja eine Reflexion und intensive Beschäftigung mit dem eigenen Betrieb voraus. Eine wichtige Grundlage, um die nächsten Schritte gehen zu können. Im Anschluss daran erarbeiten wir dann zusammen mit den Schaltanlagenbauern gerne konkrete, individuell abgestimmte Lösungsvorschläge. Pauschal ist dies kaum sinnvoll. Wenn ich dem Kunden beispielsweise einen Lösungsvorschlag in Richtung digitalisierter Arbeitsplatz in der Verdrahtung machen würde, er sich aber nicht darüber bewusst ist, dass er vor der Elektroplanung eine Netzberechnung für seine Anlage anfertigen muss, hätte ich ihn am völlig falschen Punkt abgeholt. Unsere Idee ist es, den Kunden in seiner individuellen Situation abzuholen, um die nächste Stufe mit ihm gehen zu können. Die große Digitalisierungsansprache mit jeder Menge Schlagworte ist nicht zielführend, denn es geht, bildlich gesprochen, nicht darum, ohne Sauerstoffmaske den Mount Everest zu besteigen, sondern eher den kleinen Hügel nebenan. Nur so kann der Schaltschrankbauer seinen Betrieb weiter entwickeln, damit sich Investitionen für ihn auch rentieren.

Bild 3 I Gleichzeitig kann die Integration der Schaltgeräte in das Vamocon-System z.B. auch über die Software Caneco BT SE von Alpi erfolgen.
Bild 3 I Gleichzeitig kann die Integration der Schaltgeräte in das Vamocon-System z.B. auch über die Software Caneco BT SE von Alpi erfolgen.Bild: Schneider Electric GmbH

Sie erwähnten es eingangs schon kurz: Schneider Electric hat kürzlich seine Zusammenarbeit mit dem Schaltanlagenhersteller Sedotec im Hinblick auf die Integration von Schneider-Electric-Schaltgeräten in die Vamocon-Schaltanlagen intensiviert. Können Sie uns vielleicht etwas mehr über die Hintergründe sagen, und werden wir solche Kooperationen demnächst häufiger sehen?

Hettig: Sedotec hat mit der Vamocon-Schaltanlage in den letzten Jahren ein phantastisches System entwickelt. Natürlich stellen wir dem Markt z.B. mit unseren Prisma- oder Okken-Schaltanlagen eigene Systeme zur Verfügung und stehen damit auch in einem gewissen Wettbewerb zu Sedotec. Letztendlich sind wir bei Schneider Electric aber der Auffassung, dass es in der Entscheidung des Planers und des Schaltanlagenbauers liegen sollte, welches System er verarbeiten möchte. Es gibt einen Markt, den Sedotec in der Vergangenheit erfolgreich bearbeitet hat und für den das Unternehmen auch tolle Ideen für die Zukunft entwickelt. Daher haben wir uns die Frage gestellt, wie wir es unterstützen können, dass der Schaltanlagenbauer in einer reduzierten Planungszeit mit der Vamocon-Schaltanlage ein ähnliches Erlebnis hat, als würde er mit einer herstellergeschlossenen Planungsumgebung arbeiten. Daher haben wir eine Schnittstelle zwischen unseren Schaltschrank-Konfigurationsprogrammen entwickelt, die die Integration unserer Schaltgeräte in das Vamocon-System ohne Datenverlust und Mehraufwand ermöglicht. Bedeutet: Unsere Konfiguratoren, die Netzberechnungssoftware Caneco BT SE von Alpi sowie die Stromlaufplan-Software SEE Electrical von IGE+XAO – beides Schwesterunternehmen von Schneider Electric – sind kompatibel mit dem Sedotec-Konfigurator Vamocad. Planer und Schaltanlagenbauer haben so die freie Wahl, mit welchem Tool sie die Berechnung erstellen möchten. Für diese Zusammenarbeit waren offene Schnittstellen und Datenformate die essenzielle Grundlage. Wir sind eine ähnliche Kooperation mit dem Software-Anbieter WSCAD eingegangen, wo die Integration unserer thermischen Simulationslösung für unsere Gehäuse in dessen E-CAD-Lösung realisiert wurde. Wir beabsichtigen in absehbarer Zeit, die Daten, die wir bei diesen bilateralen Kooperationen erarbeitet haben, in irgendeiner Form zu vergemeinschaften, um solchen Anstrengungen einen Schub zu verleihen. Bei der zunehmenden Geschwindigkeit und Komplexität der Aufgaben im Schaltanlagenbau sollte sich kein Lösungsanbieter anmaßen, Herausforderungen im Alleingang bewältigen zu können. Modularität sowie offene Formate und Schnittstellen sind das gemeinsame Ökosystem, in dem Anbieter ihre Innovationen entwickeln können. Der Schaltanlagenbauer sollte Planungsfreiheit genießen und die Wahl haben, für welche Lösung er sich letztendlich entscheidet. Nur so können wir uns auf Dauer dem zunehmend härter werdenden internationalen Wettbewerb stellen.

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