Den Mitarbeitern zuhören

Bild: ©Drazen/stock.adobe.com

Gerade im produzierenden Gewerbe werden mit Industrie 4.0 neue Maßstäbe geschaffen, die Unternehmen dazu befähigen sich zu hinterfragen. Veraltete Prozesse können auf den Prüfstand gestellt werden, manche Unternehmen werden auf neue Geschäftsmöglichkeiten stoßen. Andere wiederum verstehen, dass ihr Konzept nicht zukunftsträchtig ist. Die digitale Transformation eröffnet rundum neue Chancen sowie spannende und bisher ungeahnte Perspektiven der Zusammenarbeit und Kommunikation.

Realität ist oft eine andere

Dennoch scheint die Realität in vielen Unternehmen eine andere zu sein. Beschäftigte werden oft unzureichend informiert und nicht ausreichend in den Digitalisierungsprozess einbezogen. Dokumente werden händisch, Schichtpläne hängen physisch aus – die Digitalisierung oder auch Industrie 4.0 existiert oft nur auf Planungspapieren. Insbesondere durch die kurzfristig entschiedenen Beschränkungen in der Pandemie wurde jedoch ein Innovationsschub ausgelöst und Unternehmen begannen wichtige Prozesse zu digitalisieren. So liegt die Industrie gemäß dem Telekom Digitalisierungsindex im Jahr 2020 weit über dem Durchschnitt. Besonders die digitale Zusammenarbeit und Kommunikation scheint dabei einer der Kernfaktoren zu sein. 27 Prozent der mittelständischen Industrieler investieren in mobile Endgeräte für ihre Beschäftigten und 36 Prozent fördern die interne Kollaboration durch Webkonferenzen. Doch allein eine digitalisierte Kommunikation verschafft Unternehmen noch nicht den Stempel des Digital Leaders. Neben dem nötigen Wissen und einer Bereitschaft in digitale Maßnahmen zu investieren, mangelt es aktuell hauptsächlich an qualifizierten Arbeitskräften. Wurden bisher nur rudimentäre Fähigkeiten im Umgang mit komplexen technologischen Systemen benötigt, werden nun gut ausgebildete Fachkräfte verlangt. Die Angst, dass die eigenen Fähigkeiten nicht mehr ausreichen, ist besonders bei älteren Mitarbeitenden groß. 81 Prozent der Deutschen fürchten sich vor dem beruflichen Aus aufgrund des digitalen Wandels. Gleichzeitig scheint die digitale Transformation in den Führungsebenen noch keinen Anschluss gefunden zu haben. Verlangt diese eine offene und hierarchieunabhängige Führungskultur, sieht es in vielen Unternehmen anders aus. Noch immer schwächen strenge hierarchische Strukturen das Innovationspotenzial und enormes Wissen bleibt verborgen. Die Digitalisierung ist eine Frage der Kommunikation, der Unternehmenskultur und der Zusammenarbeit. Produzierende Unternehmen mit altertümlichen Strukturen und Herangehensweisen werden dem nicht gerecht.

New Work in der Produktion

Für alle Beschäftigten im Büro hat das vergangene Jahr bereits viel bewirkt. Homeoffice und flexible Arbeitszeiten gehören nun für fast alle zur Tagesordnung. Vielen ist deutlich geworden, dass die Heimarbeit keine gravierenden Auswirkungen auf die Produktivität hat und sich sogar positiv auf das Wohlbefinden der Beschäftigten auswirkt. Blickt man jedoch in die Produktionshallen, so sieht man: Hier ist alles beim Alten. Dabei müssen auch operative Mitarbeitende die Chance bekommen, dass sich das Arbeitsleben für sie grundlegend ändert. Dass sich hieraus potenzielle Konfliktherde entwickeln können, zeigt eine von Hays durchgeführte Studie. Demnach geben 63 Prozent der Befragten an, dass Neid zwischen der operativen Belegschaft und den Beschäftigungsgruppen, welchen eine Flexibilisierung des Arbeitsortes ermöglicht wird, entsteht. Genau diesen Konfliktherd gilt es zu vermeiden. Deshalb bedarf es aus Sicht der Beschäftigten grundlegende Veränderungen. Beschäftigte wollen das Gefühl haben, dass ihre Arbeit sinnstiftend ist und auch einen wirklichen Mehrwert schafft. All das sollte in der bestmöglichen Atmosphäre stattfinden, die kreatives Denken und eigenverantwortliches Arbeiten fördert. Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, muss ein Kanal geschaffen werden, mit dem Sorgen und Wünsche mitgeteilt werden können. Auch hier gleichen sich die Bedürfnisse der Beschäftigten und der bisherige Status in den Unternehmen noch nicht. Gerade in der Produktion findet die Kommunikation oftmals noch analog über ein schwarzes Brett statt. Eigenverantwortung, Flexibilität und im Endeffekt eine neue Art des Arbeitens beginnt jedoch genau hier. Tools, mit denen der Schichtplan einfach abgerufen werden kann und Anleitungen für neue Maschinen oder unternehmensinterne Informationen von überall gelesen werden können, sind gefragt. Denn ohne einen Austausch, die Möglichkeit Wissen untereinander zu teilen und davon zu profitieren, werden Unternehmen zukünftig nicht wettbewerbsfähig bleiben.

Zweigleisige Kommunikation

Ein solcher Wandel muss von der Führungsebene durchgehend die Mitarbeitenden in den Produktionshallen erreichen. Wünsche und Ängste können von der Belegschaft zwar geäußert werden, wenn diese jedoch keinen Anklang finden, ist die Mühe umsonst. Folglich muss jede Veränderung vom Management angenommen und verwertet werden. Um der Belegschaft mehr Freiheit zu ermöglichen und um selbst die Belegschaft besser zu verstehen, zu erreichen und einzubinden, muss also ein Kommunikationskanal zur Verfügung gestellt werden, der sowohl Top-Down- als auch Bottom-Up-Kommunikation ermöglicht. Beschäftigte können so direkt mit dem Management in Verbindung treten und Feedback geben. Denn oftmals ist der Führungsebene gar nicht bewusst, welches Potenzial in dem Wissen der operativen Mitarbeitenden steckt und vor allem, welche Chancen ein direkter Austausch ermöglicht. Wird ein Arbeitsauftrag über Jahre hinweg durchgeführt, weiß keiner besser wie der Prozess zu optimieren ist, als die Person, die ihn ausführt. Dieses Wissen sollte nicht ungenutzt bleiben. Mitarbeitende können direktes Feedback aus dem Arbeitsalltag heraus an das Management weitergeben. Wurde dieser Dialog bisher nicht ermöglicht, so wird schnell deutlich werden, wie viel Mehrwert die Anregungen stiften. Prozesse können so an den Mitarbeiter angepasst werden, dass zum einen die Zufriedenheit steigt und zum anderen die Effizienz gefördert wird – all das allein durch die Bereitstellung eines multidirektionalen Kommunikationskanals. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass ein Umdenken des Managements stattfinden muss.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert