Neue Aufgaben für den Roboter

Über 70 Teilnehmer (40% international) nutzen die Gelegenheit zum Networking und der Information über neue Lösungen und Use Cases aus der Praxis.
Über 70 Teilnehmer (40% international) nutzen die Gelegenheit zum Networking und der Information über neue Lösungen und Use Cases aus der Praxis.

Als frischgebackener CEO der schwedischen Firma Svenska Elektrod stellte sich Karl Ericsson vor zwei Jahren der Frage: „Kann man mit Cobots schleifen?“ Schließlich versteht er seine Aufgabe mitunter darin, neue Technologien in das Angebot seiner Firma aufzunehmen. Schnell folgte damals ein erstes Cobot-Projekt. Heute ist Svenska Elektrod zertifizierter UR-Partner und hat bereits eine Vielzahl an Schleifapplikationen gelöst. Die Robustheit von Cobots sei dafür vollkommen ausreichend. Auch die Wiederholgenauigkeit lasse sich mit gewissen Mechanismen sicherstellen. Das ausschlaggebende Alleinstellungsmerkmal schreibt Ercisson der einfachen Programmierung zu. Das sieht Dr. Felix Hähn von Boll Automation genauso: „Mit unserer Lösung Robomill sind Polier-Anwendungen in wenigen Minuten umsetzbar – komplett unabhängig von der vorhandenen Robotikexpertise.“ Um diese Aussage direkt vor Ort zu verifizieren, konnten die Konferenzteilnehmer die Cobot-Schleiflösung im Co-Lab selbstständig parametrieren und in Betrieb nehmen.

Software und die große Perspektive

Standen auf den Expert Days bis dahin Werkzeuge und Roboter im Vordergrund, erweiterte sich die Perspektive am zweiten Veranstaltungstag auf Technologietrends, die Endkundensicht und das große Themenfeld Software. Die Keynote startete mit der Kette an aktuellen Herausforderungen, denen sich produzierende Unternehmen heute stellen müssen. Cornelia Tepper von der TU Darmstadt zeigte Wege auf, diesen mit Hilfe von Robotern zu begegnen. Dabei gab sie auch einen Einblick in die Historie bereits gelöster Roboteranwendungen beim Bohren, Drehen, Fräsen, Schleifen und Polieren sowie bei der additiven Fertigung. Allen Lösungen gemein ist der Fokus auf die Flexibilität. Denn in Bezug auf Kraft und Steifigkeit kann der Roboter bis heute nicht mit klassischen Maschinen mithalten. Deshalb werden Roboter – so die Referentin – Werkzeugmaschinen auf absehbare Zeit nicht verdrängen. „Aber sie erweitern den Lösungshorizont für den Anwender und bieten in einigen Fällen eine smarte Alternative“, so Tepper.

Einen zukunftsgerichteten Blick auf das Thema Material Removal warf ArtiMinds. Dabei unterstrich Dr. Andreas Hermann, welch elementaren Anteil smarte Software-Tools auch bei Roboteranwendungen dieser Art künftig einnehmen. Die grafische Programmierung, Templates für eine Vielzahl an Bearbeitungsarten sowie eine kontinuierlicher Prozessverbesserung durch KI und Analytics bilden dann die Basis für mehr Effizienz, Produktivität und Qualität. Ein entsprechendes Pilotprojekt mit SHL, um beim Roboterschleifen prozessrelevante Parameter einfach zu identifizieren, läuft bereits. Wie nicht anders zu erwarten, stand moderne Software auch bei Erik Pleško von Wandelbots im Vordergrund. Er präsentierte den Zuhörern die Programmiersprache Wandelscript als Teil der hauseigenen Development Plattform. Damit sollen Anwender künftig auch selbstständig Roboterapplikationen entwickeln und umsetzen – unabhängig vom verwendeten Roboter.

Jede Minute ein neues Programm

Spannende Einblicke in die Audi-Produktion gestattete Mathias Mayer. Er stellte ein Entwicklungsprojekt aus dem Karosseriebau vor, in dem es um roboterbasierte Bearbeitungsprozesse geht. Weil sich Karosserieteile selbst in der Serienfertigung in Nuancen voneinander unterscheiden, kombiniert der Automobilbauer verschiedene Technologien, um die Nachbearbeitung zu optimieren. In der Pilotanlage in Neckarsulm erfassen acht Kameras inline etwa die Qualität von Schweißpunkten in wenigen Sekunden mit einer Vielzahl von Bildern. Ein neuronales Netz erkennt daraufhin Stellen, die nachbearbeitet werden müssen, und gibt die Daten an eine Siemens-SPS weiter. Daraus wiederum werden individuelle Parameter für jede Karosserie berechnet, die die Roboter dann für die Bearbeitung nutzen – bei einer Zykluszeit von 58 Sekunden wird also quasi jede Minute ein neues Steuerungsprogramm in den Roboter-Controller geladen.

Den thematischen Abschluss machten Vorträge von SHL und Supfina. Der Integrator SHL hat bereits über 3.000 Bearbeitungslösungen realisiert. Daraus abgeleitet erläuterte Reinhold Stehle, wie man zusammen mit dem Kunden am besten in ein Projekt startet sowie welche Vorbereitung und Überzeugungsarbeit dafür im Vorfeld zu leisten sind. Martin Geppert von Supfina ging in seinem Vortrag auf moderne Messtechnik ein, die für bestmögliche Ergebnisse beim Schleifen und Polieren sorgt.

Vielseitiges Fazit

Auch wenn Schlagwörter wie Fachkräftemangel oder Easy-to-Use auf den Expert Days immer wieder auftauchten, so kamen insgesamt doch jede Menge Aspekte rund um das Thema Material Removal auf den Tisch: moderne Möglichkeiten, passgenaue Anwendungen, künftige Technologien, einfaches Programmieren, smarte Softwarelösungen sowie visionäre Pilot-Anwendungen. Durch die großzügig bemessenen Networking-Pausen hatten die Teilnehmer ausgiebig Zeit, die für sie wichtigen Punkte untereinander oder mit den Referenten nochmals zu vertiefen. Die Demonstratoren und Partnerapplikationen im Co-Lab boten zudem die Chance, Theoretisches direkt vor Ort in der Praxis live zu erleben.

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